Daniel Libeskind Architektur Modern Lüneburg - (c) Pixabay

Die 11 Leuphana Nachhaltigkeitsfails

Nachhaltigkeit wird an der Leuphana großgeschrieben, trotzdem hakt es damit noch an so mancher Stelle. Ein Überblick über elf Nachhaltigkeits-Fails der Leuphana.

1. Tropenholz an der neuen Mensa-Terrasse

Im Jahr 2019 erschien in einem  Beitrag von Greenpeace Lüneburg, dass auf der neuen Mensa-Terrasse auch Tropenhölzer verwendet wurden. „Diese Baumarten wachsen unter anderem im Amazonas-Regenwald. Rückfragen bei Sachverständigen bestätigten uns, dass es sich dabei um ‚Problemhölzer‘ handelt, deren Herkunft und Lieferkette nicht nachvollziehbar sind“, kritisiert Thilo Clavin von Greenpeace Lüneburg. Auf dem Campus kann man die Kritik nicht verstehen, denn man habe „ausschließlich FSC-zertifiziertes Holz verbaut“, wie Universitäts-Sprecher Henning Zühlsdorff betont. Zwei Jahre später veröffentlichte Greenpeace einen Bericht darüber, dass Labels wie FSC oder RSPO oft nicht die Natur schützen, sondern sogar zur Waldzerstörung beitragen. 2023 fordert Greenpeace Österreichs, nach Enthüllungen von illegaler Abholzung, das FSC Abzeichen aus dem Beschaffungsplan zu streichen. Auch die Dokumentation „Mord, Raub, Vertreibung: Was steckt hinter legalem Holz? | STRG_F“ vom NDR beschäftigt sich mit dem Thema, dass viele Zertifikate Nachhaltigkeit nur bescheinigen.

Leuphana Mensa Terrasse - (c) Jana Rauterberg
Leuphana Mensa Terrasse – (c) Jana Rauterberg

2. Verbrennungsautos im Fuhrpark der Leuphana

Bereits 2019 berichteten wir über den Fuhrpark der Universität. Auf die Leuphana sind mit Stand 2019 sechs Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen, davon sind die meisten für Kurierdienste oder für die Haustechnik vorgesehen. Nähere Angaben zu Kraftstoffart oder Schadstoffklasse dieser sechs Fahrzeuge konnte die Leuphana trotz mehrmaliger Rückfrage nicht geben. Lediglich die Aussage, dass diese Fahrzeuge zusammen rund 9,7 Tonnen CO2 pro Jahr ausstoßen, kam zurück. Nach eigenen Beobachtungen der univativ sind einige Fahrzeuge mit Dieselmotoren ausgestattet und teilweise schon alt, sodass sie nicht die aktuellsten Euro-Schadstoffklassen erfüllen.

3. Alter Euro 3 – Diesel Bus als Jugendbus beim AStA

Jugendbus beim AStA – zwischen 2015 und 2020 bestand eine Kooperation zwischen dem Stadtjugendring(SJR) und dem AStA. Der Jugendbus mit Erstzulassung 2005 wurde 2015 angeschafft, hierfür wird ein Mercedes-Sprinter mit Diesel-Motor verwendet mit der älteren Euro-Schadstoffklasse Euro 3 und der gelben Umweltplakette. Der CO2-Ausstoß liegt bei circa 250 Gramm/Kilometer. Ein Großteil der Fahrzeuge in Deutschland besitzt mittlerweile die Euro-Schadstoffklasse 5 oder 6. Hierfür wurde aus dem studentischen Haushalt 8.500 Euro bezahlt, darüber hinaus wurde bisher eine Reparatur in Höhe von rund 800 Euro bezahlt. Der Bus fuhr seit seiner Anschaffung für den SJR bisher knapp 31.000 km mit Stand 2019.

AStA und StadtJugendRing Jugendbus - Foto Christopher Bohlens
AStA und StadtJugendRing Jugendbus – Foto Christopher Bohlens

4. Zentralgebäude im Sommer teilweise nicht nutzbar

Gerade im Leuphana Zentralgebäude kommt es im Sommer in einigen Räumen zu einer sehr hohen Wärmebelastung. Der Aufenthalt für Mitarbeitende oder Studierende kann die zulässigen Grenzwerte überschreiten. Unter welchen Temperaturen gearbeitet werden darf, regelt Paragraf 3 Absatz 1 Arbeitsstättenverordnung(ArbStättVO) in Verbindung mit Ziffer 3.5 Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR). Denn in Arbeitsräumen muss eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur von maximal 26 Grad herrschen. Auf die damalig geplanten Kühldecken, die Optimierung der Lüftungsanlagen und Betonkerntemperierung wurde wegen der ohnehin hohen Kostensteigerungen verzichtet.

5. Große Abhängigkeit vom Gas für den Campus

Das Campusgelände der Leuphana Universität wird mit Fernwärme versorgt, die zum großen Teil aus Gas gewonnen wird. Das Heizkraftwerk dafür steht im Stadtteil Bockelsberg und versorgt neben der Uni auch viele Anwohner:innen des Stadtteils. In den letzten Jahren hat sich auf dem Campus jedoch einiges getan, so wurden auf immer mehr Gebäuden entsprechende Photovoltaik (PV)-Anlagen installiert, um den Strom selbst zu verbrauchen und überschüssige Energie in das Netz einzuspeisen. Dabei erzeugen die PV-Anlagen rund 20 bis 25 % des Eigenbedarfs. Auch wurden zahlreiche Gebäude energetisch saniert und andere Maßnahmen zur CO2-Reduktion ergriffen. Bereits seit 2012 bezieht die Leuphana Ökostrom, 2012 verkündete man, dass man im Jahr 2014 auf den Weg in die Klimaneutralität sei. Der Liefervertrag für Ökostrom wurde zuletzt 2021 ausgeschrieben für rund 4,2 Millionen kWh/Jahr und ging an LSW Energie GmbH & Co. KG in Wolfsburg für 938.125 Euro für zwei Jahre.

Das gesamte Campusgelände wird mit Fernwärme der Avacon Natur (Tochtergesellschaft der Avacon AG – Teil des E.ON Konzerns) versorgt, die seit den 1990er Jahren zentral im Heizwerk erzeugt wird. Im Heizwerk an der Heinrich-Böll-Straße stehen zwei mit Biomethan betriebene Blockheizkraftwerk-Module (BHKW), die die Grundlast der Wärmeversorgung decken, sowie zwei Erdgas-Kessel zur Deckung der Spitzenlast in den Wintermonaten. Der regenerative Anteil der gesamten Wärmeerzeugung des Heizwerks lag 2021 bei 52 %. Dieser Anteil wird ausschließlich in den Biomethan BHKW-Modulen erzeugt. Die BHKW-Module erzeugen sowohl Strom als auch Wärme. Der erzeugte Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist; die Wärme aus dem Heizwerk wird in Form von Heizwasser über Fernwärmerohre sowohl zu den Universitätsgebäuden als auch zu den Bewohner:innen des Stadtteils transportiert. Zusätzlich versorgt die Avacon Natur das Zentralgebäude der Universität mit Kälte. Diese wird in einer gesonderten Kältemaschine unter Einsatz von zertifiziertem Ökostrom betrieben. Für das Zentralgebäude wurde für die Lieferung von Wärme und Kälte ein Vertrag zwischen der Leuphana und der Avacon Natur auf 20 Jahre geschlossen.

Klimaneutraler Campus Scharnhorststraße / Bockelsberg - Nachhaltigkeit, exergetische Optimierung und effizienter Neubau - 04.09.2013, Oliver Opel
Klimaneutraler Campus Scharnhorststraße / Bockelsberg – Nachhaltigkeit, exergetische Optimierung und effizienter Neubau – 04.09.2013, Oliver Opel

6. Kein umweltfreundliches Papier für Druckerzeugnisse

Im Rahmenvertrag über die Herstellung und Lieferung von Druckerzeugnissen, der als Europaweite Ausschreibung unter der Vergabenummer U-22-26 veröffentlicht wurde, beabsichtigt die Leuphana, mehrere Tonnen Druckerzeugnisse produzieren zu lassen. Für Druckerzeugnisse gibt es zwei Kategorien, Standard und Design.
Für Standard Aufträge wie Reader, Handouts, Klausurbögen und Skripte sind Papiersorten wie Recycling weiß (A4+A3) zertifiziert nach blauem Engel und Recycling naturweiß (A4+A3), zertifiziert nach blauem Engel vorgesehen.

Bei Design Druckstücken wie Ausdrucke (7.100 Stück), Broschüren (700), Flyer (18.500), Heftchen (500), Klappkarten (12.000), Mappen (17.600), Postkarten (3.800), Visitenkarten (20.500), Gutscheinhefte (2.000), Etiketten (160) und Eintrittskarten (1.000) gilt die Papierart Soporset Premium Offset und Preprint in verschiedenen Grammaturen, wobei am häufigsten die folgenden zum Einsatz kommen: 80g, 135g und 300g.
Also kein umweltfreundliches Papier für Design Druckstücken wie Werbematerialien oder die geplanten 20.500 Visitenkarten.
Auch gilt: „Die Druckfarben sollten frei von Mineralölen, Palmölen und Schwermetallen sein. Die Druckerzeugnisse müssen klimaneutral produziert und versendet werden.“

7. Konto bei der Nord/LB

Die Kampagne #LeuphanaDivest weißt auch das Problem hin, dass die Leuphana wie zahlreiche andere Behörden in Niedersachsen ihre Bankkonten bei der Norddeutschen Landesbank (NordLB) hat. Die Kritik an der Nord/LB ist, dass die Bank auch in Rüstungsherstellung und fossile Energien investiert. Dabei hat der Klimaaktivist und (ehemalige?) Leuphana-Student Henning Jeschke zweimal mit Farbbomben gegen die Einrichtung an der Leuphana protestiert, in dessen Folge ein Sachschaden von mehr als 13.000 Euro entstand. Ebenso hat die Gruppierung End Fossil Occupy das Zentralgebäude besetzt und auf dieses Problem hingewiesen. Hierzu fand ein Gespräch zwischen der Leuphana und den Aktivst:innen statt.

Zentralgebäude 07.07.2022 - Sachbeschädigung durch Henning Jeschke - (c) Christopher Bohlens
Zentralgebäude 07.07.2022 – Sachbeschädigung durch Henning Jeschke – (c) Christopher Bohlens

8. Fehlende Aufenthaltsräume, die konsumfrei sind

Konsumfreie studentische Aufenthaltsräume sind an einer überschaubaren Anzahl vorhanden. So steht den Studierenden im Gebäude 14 das Obergeschoss und Dachgeschoss zur Verfügung (nicht barrierefrei), das Foyer in der Bibliothek oder das MuFuZi beim AStA im Gebäude 9.

9. Falsches Semesterticket für Studierende im Major Digital Media

Seit 2013 gibt es den Kooperationsstudiengang „Digital Media“ von der Leuphana und der Hamburg Media School (HMS). Die Studierenden werden dabei an der Leuphana Universität Lüneburg eingeschrieben und erhalten das Semesterticket der Leuphana. Dieses endet bereits am Hamburger Hauptbahnhof und es ist ein Anschlussticket für die Fahrt zur HMS (U-Bahn Mundsburg) notwendig. Würden die Studierenden wiederum an der HMS eingeschrieben und das Semesterticket der Hamburger Hochschulen erhalten, würden diese problemlos die Leuphana erreichen können, da die Hamburger Studierenden den Gesamtbereich vom HVV im Semesterticket erhalten. Somit müssen die Studierenden derzeit oftmals ein zusätzliches HVV Abo erwerben oder eine Einzelfahrkarten kaufen.

Semesterticket mit 50 Euro und Kleingeld - (c) Christopher Bohlens
Semesterticket mit 50 Euro und Kleingeld – (c) Christopher Bohlens

10. CO2-Ausgleich für Mitarbeitende, jedoch nicht für externe Lehrbeauftragte

Seit 2022 setzt die Leuphana auf einen Klimaschutzfonds für mehr Nachhaltigkeit. Dabei werden Dienstreisen (der Mitarbeitenden) per Auto oder Flugzeug  und die dadurch verursachten CO2-Emissionen künftig über einen internen Klimaschutzfonds der Leuphana kompensiert. Gespeist wird der Fonds aus der verpflichtenden Einzahlung eines entsprechenden CO2-Preises je Dienstreise. Die damit zur Verfügung stehenden Mittel sollen für Klimaschutzmaßnahmen vor allem auf dem Campus der Leuphana eingesetzt werden.

Diese Regelungen gelten jedoch nicht für die zahlreichen externen Lehrbeauftragten, die an der Leuphana tätig sind, denn deren An- und Abreise zur Leuphana ist in eigener Verantwortung zu erledigen. Dabei gibt es kaum Vorgaben für das Reisemittel. Ähnlich verhält es sich mit Gästen zu Diskussionen oder Vorträgen. So wird auch weiterhin die Taxifahrt vom Campus zum Hamburg Airport für den Flug nach Frankfurt/Main eines Gastes oder Lehrbeauftragten nicht kompensiert.

11. Die Amtssprache ist und bleibt Deutsch – wir sind eine deutsche Behörde

Die Leuphana Universität ist eine deutsche öffentliche Hochschule und gleichzeitig auch eine deutsche Behörde mit dem Anspruch an Internationalität. Internationalität hört jedoch an dem Punkt auf, wenn es um Gesetze, Verordnungen und Satzungen geht. Die Amtssprache der Leuphana ist Deutsch. Daher werden die entsprechenden Dokumente auch in keiner unverbindlichen und rechtlich nicht-bindenden Übersetzung in Englisch für englischsprachige Studiengänge bereitgestellt. So sind weiterhin die Studierenden auf DeepL oder Google Translate angewiesen, um die Regulation des eigenen Studiums zu lesen. Welcome to Leuphana!


An dieser Stelle gibt es noch einen Werbehinweis auf die Kritische Campusführung vom AStA der Universität Lüneburg, der oft zu Beginn des Semesters stattfindet und viele dieser sowie anderer Punkte erwähnt.


Neben dieser Kritik an der fehlenden Nachhaltigkeit ist auch zu erwähnen, dass die Leuphana eine der wenigen deutschen Hochschulen ist mit einer eigenen Nachhaltigkeits-Fakultät, einem Nachhaltigkeitsbericht, Studienangeboten mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, einer Nachhaltigkeitsbeauftragten und verschiedenen Auszeichnungen für Nachhaltigkeit.


Foto: Daniel Libeskind Architektur Modern Lüneburg – (c) Pixabay

Christopher Bohlens

Schreibt immer irgendwas über Hochschule, Politik oder Veranstaltungen, wo es so richtig kracht. Liebt investigativen Journalismus und beschäftigt sich viel mit Daten.

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