Die Leuphana Universität und die Aktivist:innen der „Letzten Generation“ sind nicht als beste Freunde bekannt. Grund dafür sind zwei Farbanschläge auf das Zentralgebäude im Sommer 2021. Nun stellt die Universität der Gruppe aber Räume für Veranstaltungen zur Verfügung. Ein Fundament für gegenseitige Akzeptanz und Zusammenarbeit oder der Nährboden für neue Konflikte?
Juli 2022. Das Oberlandesgericht Celle verurteilt einen Klimaaktivisten, der das Zentralgebäude der Leuphana Universität Lüneburg beschädigt hatte, zu einer Geldstrafe. Hierbei handelt es sich um den bekannten Klimaaktivisten Henning Jeschke – Mitglied der Letzten Generation. Der damalige Leuphana-Student hatte im Sommer 2021 (am 10.06.2021 und 07.07.2021) die Fassade des Zentralgebäudes der Universität in Lüneburg mit Farbe besprüht, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen und zu sofortigen Handeln aufzurufen. Hierdurch entstand ein Sachschaden in Höhe von mehr als 10.000 Euro (nach Angaben der Landeszeitung Lüneburg rund 13.000 Euro). Dass es sich dabei um „zivilen Ungehorsam“ handle, hatte das Gericht zurückgewiesen.
Zwischenzeitlich hatte Henning Jeschke an der Leuphana Hausverbot, dies endete aber am 31.03.2022. Die Aktionen sind auch bei YouTube zu finden – Zentralgebäude und Beschädigungen in Gebäude 10 beim Präsidium.
Veranstaltungen der „Letzten Generation“
Zu Beginn des neuen Semesters hatte die „Letzte Generation“ zwei Studi Kick-Off Treffen am 19.10. und 24.10. in einem Seminarraum an der Leuphana eingeladen. Passend dazu war symbolisch ein Feuerlöscher zu sehen, der zu der Sachbeschädigung des Zentralgebäudes zum Einsatz kam. Auch auf der Webseite der „Letzten Generation“ waren die Termine an der Leuphana angekündigt. Noch am 24.10.2023 gingen Aktivist:innen mit dem Megafon durch die Mensa, um auf die Veranstaltung aufmerksam zu machen und verteilten Flyer.
Mittlerweile hat das Justiziariat die studentische Initiative „Aufstand der Studierenden – Letzte Generation Lüneburg“ an der Leuphana anerkannt. Als studentische Initiative besteht ein Anrecht, entsprechende Räume für Veranstaltungen kostenfrei zu mieten. „Gemäß Richtlinie zur Anerkennung und Registrierung studentischer Initiativen haben eingetragene studentische Initiativen das Recht, auf Antrag kostenfrei Räume der Universität für Einzelveranstaltungen der studentischen Initiative zu nutzen.“
Auch können diese die rund 230 Euro/Jahr pro Initiative aus dem studentischen Haushalt (durch StuPa beschlossen) abrufen. Beim DSi stehen jeder studentischen Initiative auf Erstattungsbasis Geld zur Verfügung. Der DSi finanziert sich aus den studentischen Beiträgen, die jeder Studierende an die Studierendenschaft (ca. 21,15 Euro pro Semester) entrichtet. Also finanziert jeder Studierende die „Letzte Generation“. Eine prozentuale Aufteilung ist hier zu erkennen.
Die Pressestelle der Leuphana bestätigte, dass die Letzte Generation eine Initiative seien. Dazu merkte die Pressestelle jedoch an, dass studentische Initiativen an der Leuphana nicht mit möglicherweise gleichnamigen Dachorganisationen zu verwechseln sind. Auf diese Abgrenzung wird genau geachtet. Auch wurde die Initiative in den DSi – Dachverband aufgenommen.
Update 09.01.2024 – Auf Nachfrage der Univativ beim DSi, teilte uns dieser mit, dass „Aufstand der Studierenden – Letzte Generation Lüneburg“ nicht Mitglied im DSi sei, die Angaben auf der Webseite der Leuphana, wo die Initiative als DSi Mitglied gelistet sei, sei nicht korrekt. Am 08.01.2024 wurden die Angaben auf der Webseite aktualisiert.
Verantwortungsbereich der Hochschule
Die Univativ fragte bei dem zuständigen MWK (Ministerium für Wissenschaft und Kultur) nach, ob es Regelungen gibt, wie mit Veranstaltern wie „Letzte Generation“ an niedersächsischen Hochschulen umzugehen ist, da diese maßgeblich in Berlin mittlerweile den Verkehr regelmäßig zum Erliegen bringen oder Flughäfen blockiert haben. Dazu antwortete das MWK: „Der Umgang mit Veranstaltungen liegt im Entscheidungsbereich der Hochschule.“
An der Hochschule für angewandte Wissenschaften – HAW Hamburg ist am 13.11.2023 eine Veranstaltung der „Letzte Generation“ geplant, die Univativ fragte hierzu die Pressestelle der HAW Hamburg an, die dazu antworte dass es sich hier um keine originäre Veranstaltung der Hochschule handelt und diese ist hier nicht eingebunden gewesen ist. Die Veranstaltung verdankt sich vielmehr einer direkten Absprache zwischen einem studentischen Fachschaftsrat und der Letzten Generation – siehe dazu § 102 HmbHG.
Die „Letzte Generation“ ist somit Teil des Leuphana-Universums geworden. Als studentische Initiative, mit Anrecht auf Räumen für Veranstaltungen am Campus. Seitens der Universität scheint es keine Probleme zu geben, trotz provokativem Flyer mit Feuerlöscher-Motiv. Ob die Toleranz der Universität bestehen bleibt, wird sich an den zukünftigen Aktionen der „Letzten Generation“ auf dem Campus messen.
Flyer Letzte Generation Oktober 2023 an der Leuphana Rückseite – (c) Letzte Generation
Foto: Letzte Generation Ausschnitt aus Flyer Oktober 2023 – (c) Letzte Generation
Update 09.01.2024 – Absatz zum DSi ergänzt um neue Informationen