Einer Gegen Alle Alle Gegen Einen Auseinandersetzung - (c) Pixabay

Streit um Lehre und Prüfungen mit Omikron – Studierende gegen Präsidium

Aktuell gibt es rund um das Vorgehen in der Pandemie Meinungsverschiedenheiten zwischen Präsidium und Studierendenvertreter:innen. Die Studierenden wollen digitale Prüfungen und einen weitestgehend digitalen Lehrbetrieb aufgrund der aktuellen Pandemie. Das Präsidium der Leuphana hält dagegen. Studierende verweigerten Zustimmung für ein Umlaufverfahren in der Zentralen Studienkommission (ZSK).

Zwischen den Studierendenvertreter:innen und dem Präsidium der Leuphana läuft es nicht gerade einvernehmlich. Auslöser ist der Umgang mit der aktuellen Corona-Lage. Der letzte Austausch im großen Krisenstab war am 11. Januar, zuvor Mitte Dezember 2021, wo im Dezember die Omikron-Variante noch kein Thema war. Nun gab es einen Anlass, dass es so nicht weitergehen kann. Schließlich brachte ein Umlaufverfahren, das in unter 24 Stunden durchgeführt werden sollte, bei den Studierenden das Fass zum Überlaufen.

Die ZSK (paritätisch mit Studierenden und Lehrenden besetzt sowie weiteren Personen mit beratender Funktion) sollte im Umlaufverfahren ein klares Bekenntnis zur Präsenzlehre und Präsenzprüfungen beschließen. Die Studierendenvertreter:innen bestehend aus AStA, StuPa-Vorsitz und studentische Senator:innen haben dazu ein Statement verfasst und über verschiedene Verteiler an die Studierenden verschickt:

Da wir das im Moment für unverantwortlich halten und mit dem vom Präsidium eingeschlagenen Weg nach der vorlesungsfreien Zeit für widersprüchlich empfinden, haben wir uns dazu positioniert. Unserer Meinung nach ist es unverantwortlich, den Präsenzbetrieb für den Regelfall auszurufen, da aufgrund der neuen Virusvariante das Infektionsgeschehen neu bewertet werden muss. Insbesondere hinsichtlich der Klausurphasen, da wir uns als solidarische Hochschulgemeinschaft verstehen und Quarantäne- und Isolationssituationen bei den aktuellen Zahlen und steigendem Infektionsgeschehen berücksichtigen müssen.

Weiterhin werden Verfahrensmängel gerügt. Zwar gibt es keine Geschäftsordnung für die ZSK, aber es wurde nach der Geschäftsordnung des Senats gehandelt, heißt es von einem Teilnehmer. Sollte man sich jedoch nach der Geschäftsführung des Senats richten, dann sind nach §5 Abs. 7 Beschlüsse im Umlaufverfahren nur zulässig, wenn der Beschlussgegenstand eine Beratung nicht erfordert und eine Frist von 5 Werktagen eingeräumt ist.

Beschlüsse des Präsidiums der Leuphana

Aus den der Univativ vorliegenden Dokumenten geht hervor, dass nach dem Präsidium Lehrveranstaltungen und Prüfungsleistungen grundsätzlich in vollständiger Präsenz durchgeführt werden sollen. Lehrende und Prüfende können jedoch im Einvernehmen mit dem / der zuständigen Studiendekan:in ihre Lehrveranstaltung bzw. Prüfungsleistung in der im Hochschulinformationssystem (myStudy) hinterlegten und bekanntgegebenen alternativen Durchführungsweise gem. der Corona-Anlagen zu den Rahmenprüfungsordnungen durchführen.

Den Studierendenvertreter:innen fehlte jedoch, dass das Präsidium einen klaren Appell an an die Lehrenden richtet und das insbesondere Klausuren digital durchgeführt werden sollen. So heißt es wörtlich:

Grund dafür ist die Priorisierung der Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und des Infektions- und Gesundheitsschutzes. Wir halten es für unverantwortlich in der aktuellen Situation, vollständige Präsenz zu kommunizieren.

Verweigerung des Umlaufverfahrens

Aus den genannten Gründen haben die studentischen ZSK Mitglieder entschieden, dem Umlaufverfahren nicht zuzustimmen und sich der Stellungnahme der studentischen Vertreter:innen des AStA, Senat und dem StuPa Vorsitz angeschlossen.

Im Zuge dessen gab es eine kurzfristige Beratung am Freitag, den 14. Januar und fasste ein Einvernehmen, dass die Corona-Anlage der RPO aktiviert wird, die sich in der E-Mail vom Leuphana Präsidium zur Corona-Lage wiederfinden. Die nächste reguläre Sitzung findet am Mittwoch, 19. Januar um 16:30 Uhr hochschulöffentlich per Zoom statt.

E-Mail vom Präsidium 14. Januar

Die E-Mail an alle Mitglieder der Hochschule enthielt Informationen dazu, wie es in den nächsten Wochen mit der Präsenzuni und den Prüfungen weitergeht. Mit aktuellem Stand können Lehrende und Prüfende Veranstaltungen in vollständiger Präsenz durchführen, insbesondere wenn dies aus didaktischen Gründen erforderlich ist. Jedoch bittet das Präsidium der Leuphana die Lehrenden zu prüfen, ob es nicht in einem alternativen Format ginge.

Hinsichtlich der Durchführung der Prüfungen bittet das Präsidium alle Lehrenden, ebenfalls abzuwägen, ob die Prüfungen, soweit inhaltlich vertretbar, in alternativen Formaten durchgeführt werden sollen. Soweit es didaktisch bzw. inhaltlich notwendig ist, bleibt allerdings auch bei Prüfungen eine Durchführung in Präsenz möglich – auch wenn die zugehörige Lehrveranstaltung online durchgeführt worden sein sollte. Auch in diesem Fall ist die durchgehende Verwendung von FFP2-Masken, auch sofern die Teilnehmenden einen Sitzplatz eingenommen haben, sowie die Einhaltung aller weiteren Regelungen der Hygienerichtlinien der Leuphana Voraussetzung. Wir bitten Sie darum, allen zur Prüfung angemeldeten Studierenden und den zuständigen Studiendekanaten Ihre Entscheidung zur Form der Prüfungsdurchführung spätestens bis zum 21. Januar 2022 schriftlich mitzuteilen.

Verringerung des Konfliktpotenzials zwischen Präsidium und Lehrenden

Die Univativ berichtete mehrmals über das Thema Prüfungen und die Probleme rund um Online-Prüfungen oder das geplante Proctoring. Die LfD (Landesdatenschutzbeauftragte für das Land Niedersachsen) veröffentlichte dazu kürzlich eine Handreichung / Eckpunkte, wie rechtssicher Online-Prüfungen unter Wahrung der Privatsphäre durchgeführt werden können. Zusammenfassend zum Thema Prüfungen fiel auf, dass in der Fakultät Wirtschaftswissenschaften vermehrt auf Präsenzprüfungen gesetzt wurde.

Der größte Veto-Spieler hinsichtlich digitaler Prüfungen sind einige Professor:innen. Als Prüfer:innen obliegt Ihnen alleine die Entscheidung, zu welchem Datum, welchem Format und welchen Inhalten die Prüfung durchgeführt wird. Einige Professor:innen und Dozent:innen berufen sich auf die Freiheit von Forschung und Lehre, wie sie im Grundgesetz im Art. 5 geschrieben steht. Darauf basierend fordern sie ihr Recht ein, selber darüber zu entscheiden, wie sie die Prüfung durchführen. In der Beschreibung einer Lehrveranstaltung auf myStudy steht beispielsweise seit Oktober 2021, dass es keine digitale Klausur geben wird.

Aus Kreisen der Studierendenvertreter:innen war zu hören, dass es an der Leuphana mehrere Professor:innen gibt, die selbst der Präsident im persönlichen Gespräch nicht dazu umstimmen konnte, auf digitale Prüfungen umzustellen.

Am Ende bleibt festzustellen, wer Präsenz in der Lehre und Prüfung will, kann Sie bekommen. Alles andere sind nur Appelle des Präsidiums an die Lehrenden, beides wenn möglich digital durchzuführen. Die Verwaltung wünscht sich einheitliche Lösungen zu Lehrveranstaltungs- und Prüfungsformaten. Ein Standardvorgehen bei diesen Themen ist jedoch erstmal nicht in Sicht.


Mit Material der Leuphana.
Foto: Einer Gegen Alle Alle Gegen Einen Auseinandersetzung – (c) Pixabay
Update: 17.01.2022 – In einer früheren Version war die Rede davon das der große Krisenstab zuletzt im Dezember getagt hatte, das ist nicht korrekt, am 11. Januar fand ebenfalls eine Sitzung statt.

Christopher Bohlens

Schreibt immer irgendwas über Hochschule, Politik oder Veranstaltungen, wo es so richtig kracht. Liebt investigativen Journalismus und beschäftigt sich viel mit Daten.

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