Der Frage nach einer seit zwei Jahren unbesetzten Stelle gehen zwei Abgeordneten der Grünen nach und haben die Landesregierung um Auskunft zu dem Sachverhalt gebeten. Rückendeckung erhalten sie durch die Studierenden, welche in einem offenen Brief schon länger die Missstände angezeigt haben.
Auch die Landeszeitung Lüneburg (LZ) berichtete darüber in einem Artikel: Ministerium verteidigt Leuphana.
Die Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Eva Viehoff (GRÜNE) haben am 6. Dezember 2021 um Auskunft gebeten in Rahmen einer kleinen Anfrage im Landtag. Hierzu in der Anfrage:
Die Professur für Berufs- und Wirtschaftspädagogik (W2/ W3) sowie die zugehörige W-1-Professur für Wirtschaftsdidaktik an der Leuphana Universität Lüneburg sind seit nunmehr 24 Monaten vakant. Die Professur für Politikdidaktik ist bereits seit Oktober 2018 nicht neu besetzt worden. In der Sitzung des Fakultäsrats vom 14. Juli 2021 wurden die Profilpapiere, die die Grundlage für die einschlägigen Stellenausschreibungen darstellen, verabschiedet. Zugesichert wurde eine zeitnahe Ausschreibung der Stellen, damit die neuen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter ihre Arbeit zum Wintersemester 2022/2023 aufnehmen können. Doch geschehen ist bislang nichts.
Hintergrund ist die fehlende Nachfolge der Professur von Andreas Fischer, der 2019 verstarb. Fischer prägte 21 Jahre lang maßgeblich die Wirtschaftspädagogik sowie Didaktik der Wirtschaftslehre an der Leuphana Universität. Sein Lehrstuhl war der Fakultät Wirtschaftswissenschaften zugeordnet.
Antwort der Landesregierung
Am 6. Januar 2022 wurde die Antwort der Landesregierung veröffentlicht, beantwortet durch das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK). So heißt es in der Antwort dazu:
Die o. g. Stellen sind unbesetzt, da der Inhaber der „Kopfprofessur“, Prof. Dr. Andreas Fischer, Professor für Wirtschaftspädagogik, im Dezember 2019 unerwartet verstorben ist. Da das Fach Wirtschaftspädagogik seit dem Tod von Prof. Fischer an der Leuphana Universität Lüneburg nicht mehr regulär vertreten ist und der Bereich der sozialwissenschaftlichen Bildung sich zeitgleich in einer inhaltlichen Neuausrichtung durch Zusammenführung der genannten Professuren für Wirtschaftspädagogik und Politikdidaktik in einem Arbeitsbereich befindet, bedurfte es besonderer Anstrengungen bei der Profilierung und Ausschreibung der beteiligten Professuren unter Inanspruchnahme externen Sachverstands. Das Verfahren zur Profilierung und Ausschreibung der Professuren benötigte entsprechend mehr Zeit. In diesem Kontext betont die Universität, dass die vakanten Professuren durch Verwaltungsprofessuren verwaltet bzw. durch Lehraufträge vertreten werden und die Lehre in den beteiligten Fächern jederzeit ordnungsgemäß sichergestellt war und ist.
Wie es konkret weitergeht wird ebenfalls beantwortet:
Eine Ausschreibung der Professuren steht nun unmittelbar bevor und soll im Januar 2022 erfolgen. Die Ausschreibungsfrist wird bis Ende Februar 2022 laufen, die Berufungskommissionen sollen bis Ende Mai 2022 arbeiten, die Gremienentscheidungen und Berufungsverhandlungen bis Ende September 2022 abgeschlossen werden.
Offener Brief der Studierenden
In einem offenen Brief im März 2021 wanden sich die Studierenden (aus den Studiengängen „Wirtschaftspädagogik“ und „Lehramt an berufsbildenden Schulen – Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften“) an den Universitätspräsidenten Sascha Spoun und Dekan Fakultät Bildung Prof. Dominik Leiss. Hierbei schrieben die Studierenden:
Mit großer Verwunderung haben wir allerdings wahrgenommen, dass die ehemalige Professur von Prof. Dr. Fischer zukünftig als „Professur für sozialwissenschaftliche Bildung“ ausgeschrieben werden soll. Um eine hohe Qualität der Berufs- und Wirtschaftspädagogik an unserer Universität auch für zukünftige Jahrgänge sichern zu können, sollte nach unserer Auffassung die Ausschreibung der W2/3- Professur einschlägig ausgewiesene, führende Wirtschaftspädagog*innen ansprechen. Eine zu offene Ausschreibung dieser Professur können wir nicht nachvollziehen und befürchten, dass damit ein erheblicher Qualitätsverlust der wirtschaftspädagogischen Lehre und Forschung an der Leuphana einhergeht. Dieser Denomination und der damit verbundenen (Nicht-) Schwerpunktsetzung stehen wir kritisch gegenüber.
und weiter befürchten die Studierenden:
Bei der Studierendenschaft besteht die Sorge, dass dieser unabdingbare Fokus ohne eine entsprechende wirtschaftspädagogische Professur in den Hintergrund rückt, so dass sich die Wirtschaftspädagogik in Lüneburg zu einem profillosen und beliebigen Studiengang entwickelt.
Aktuelle Stellungnahme von Studierenden
Auf die aktuellen Entwicklungen hierzu im Januar 2022 Victor Braden, langjähriger Fachgruppenvertreter (FGV) des Bachelorstudiengangs Wirtschaftspädagogik und Studierender im Master-Studiengang Lehramt an Berufsbildenden Schulen – Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften:
Das Lehrangebot hat in den letzten Jahren eine Entwicklung erfahren, welche wir (als Studierenden) nicht begrüßen. Zunehmend werden Veranstaltungen ausschließlich in englischer Sprache (aus Resourcengründen) angeboten. Wir sollen im späteren Berufsleben z.B. Inhalte aus dem Gebiet des Rechnungswesen auf Deutsch unterrichten, erhalten aber seit letztem Jahr die Lehre in diesem Bereich selbst nur noch in englischer Sprache. Dies stößt vor allem bei Studienanfänger*innen auf wenig Verständnis und verringert nach unser Ansicht die Attraktivität des Studiengangs. Es herrscht eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Entwicklung des gesamten Studienprogramms auf Seiten der Studierenden. Dies wurde durch eine Vielzahl von Äußerungen und der vergleichsweisen hohen Teilnehmerzahl beim letzten Qualitätszirkel im Sommer 2021 sichtbar. Im Rahmen der Verabschiedung der für die Ausschreibung relevanten Profilpapiere in der Fakultätsratssitzung Bildung am 14.07.2021 wurde uns eine zeitnahe Ausschreibung zugesichert. Sechs Monate später ist die Ausschreibung immer noch nicht erfolgt. Ist dies wirklich zeitnah?
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