DISK-Teilnehmende 2022 - (c) DISK

Deutsch-Israelische Studierendenkonferenz 2022 in Frankfurt

Vom 29.-30. Oktober 2022 fand zum zweiten Mal die Deutsch-Israelische Studierendenkonferenz (DISK) in Frankfurt (Main) statt. Im Vordergrund der Konferenz standen Weiterbildung und der Austausch zwischen deutschen und israelischen Studierenden, vertreten durch eine 50-köpfige Delegation aus Israel. Wir, Klara und Ole, waren vor Ort und möchten gerne unsere Erfahrungen mit euch teilen.

Auftaktveranstaltungen am ersten Tag

Die Konferenz begann am Samstag mit einem optionalen Vorprogramm, um Studierenden, die Shabbat feiern, eine ebenso vollständige Teilnahme zu ermöglichen. Sie wurde durch die Zusammenarbeit mehrerer Organisationen wie dem Freien Zusammenschluss von Student:innenschaften (fzs), des Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft oder der National Union of Israeli Students (NUIS) ermöglicht und auch das StuPa der Leuphana wirkte mit.

Wir nahmen an zwei Programmpunkten des Vorprogramms teil. Besonders spannend fanden wir die kritische Campusführung (mehr Informationen zur Campusführung siehe hier). Die Konferenz fand auf dem Gelände des Campus Westend statt, wie er offiziell genannt wird. Dabei könnte er in Gedenken an seine Vergangenheit auch Campus IG Farben genannt werden. Denn er befindet sich auf dem ehemaligen Gelände der Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG/IG Farben. IG Farben war eine Zusammenschluss mehrerer Unternehmen und profitierte in der NS-Zeit sowohl von den Enteignungen westeuropäischer Chemie- und Pharmaunternehmen als auch von der Arbeit der Zwangsarbeiter:innen aus dem KZ Auschwitz III Monowitz. Einer von ihnen ist Norbert Wollheim, dem mittlerweile ein Denkmal gewidmet wurde und in dessen Gedenken der Grüneburgplatz in Norbert-Wollheim-Platz umbenannt wurde – jedoch eher gegen den Willen der Universitätsleitung. Sie verlegte nämlich daraufhin ihre Hauptanschrift von Grüneburgplatz 1 an den Theodor-W.-Adorno-Platz. Anstatt die Geschichte des Campus aufzuarbeiten und öffentlich zu zeigen, ist das Wollheim Memorial am Rande des Campus und Gedenktafeln liegen auf dem Boden, anstatt hochkant zu stehen. So viel zum kritischen Umgang mit der deutschen Vergangenheit…

Kritische Campusführung - (c) DISK
Kritische Campusführung – (c) DISK

Der andere Programmpunkt war ein Vortrag, in dem es um das politische System Israels ging. Dieses ist durch eine hohe Fragmentierung, ständige Neuwahlen und Neugründungen von Parteien gekennzeichnet. So fanden auch kurz nach der Konferenz, am Dienstag, 01. November 2022 erneute Parlamentswahlen in Israel statt. Dies ist die fünfte Wahl in dreieinhalb Jahren, was mit den instabilen Koalitionen zu tun hat. So bestand die  letzte Koalition aus acht Parteien vom linken bis zum rechten Spektrum.

Abends wurde die Konferenz offiziell eröffnet mit einem Key Note Speech von Hillel Neuer, dem Geschäftsführer von UN Watch, und einer Podiumsdiskussion zur Hochschulpolitik in Deutschland und Israel. Außerdem gab es virtuelle Gastbeiträge von Cem Özdemir und Ron Prosor, dem Botschafter Israels.

Eröffnung - (c) DISK
Eröffnung – (c) DISK

Die Workshops am zweiten Tag

Am Sonntag wurden in fünf verschiedenen Strängen Workshops und Vorlesungen zu verschiedenen Themen angeboten. Wir nahmen an Workshops zu Israels Position in den internationalen Beziehungen und einer Einführung in den Antisemitismus teil.

Im erstgenannten Strang hielt Hillel Neuer einen Vortrag zu den wiederholten und unverhältnismäßigen Verurteilungen/Condemnations in der UN gegen Israel. Diese Entwicklung ist vor allem deshalb kritisch zu betrachten, weil Antisemitismus heutzutage häufig mit einer Anti-Israel-Haltung verschleiert wird. Laut Neuer ziehe sich genau diese Problematik durch die UN und viele NGOs, und prägt die Rhetorik von rechts sowie links. Gerade die Perspektive auf Antisemitismus, verpackt als Pro-Palestina Haltung, in der Linkenszene war interessant und uns noch nicht in diesem Maße bewusst.

In der Einführung in den Antisemitismus begann mit einem Abriss der historischen Entwicklung von Antisemitismus mit dem Aufkommen des Christentums. Darauf aufbauend wurde die Unterscheidung von Antisemitismus in klassischen Antisemitismus durch rassistische Stereotypen, Post-Holocaust Antisemitismus durch Holocaust Leugnung oder Relativierung und Israel-bezogener Antisemitismus dargestellt. Spannend war auch ein weiterer Vortrag zu antisemitischen Inhalten und Hassrede auf TikTok, die durch den undurchsichtigen Algorithmus gepusht werden. Zu diesen Inhalten zählen unter anderem Desinformation, Verschwörungstheorien, Gewaltaufrufe, Holocaustleugnung oder Challenges, wie die Attack-a-jew-Challenge 2015/16. Obwohl über 900% mehr antisemitische Inhalte gemeldet wurden, wird von TikTok in den meisten Fällen nichts dagegen unternommen. Um Antisemitismus und Stigmatisierung zu bekämpfen, ergreifen jüdische TikTok-Creater unter jew tok und serious_tiktok selbst Initiative und informieren sachlich über das Judentum.

Die Konferenz endete am Sonntagnachmittag mit einer Keynote von Olga Deutsch, Vize-Präsidentin von NGO Monitor.

Wir kehrten mit vielen neuen Eindrücken nach Lüneburg zurück. Insgesamt haben wir eine tolle Organisation der Veranstaltung erlebt mit vielen spannenden Gästen und Vorträgen. Schnell haben wir gemerkt, dass die eineinhalb Tage zu kurz waren, um sich umfassend mit den Themen und Problemen beschäftigen zu können. Wir würden uns deshalb freuen, wenn die Konferenz das nächste Mal über mehrere Tage gehen wird und es mehr interaktive Workshops gibt, damit es mehr Austausch zwischen den Studierenden gibt.

Zuletzt noch ein Take away für euch: Wenn ihr auf Social Media unterwegs seid, bleibt stets kritisch und aufmerksam, wenn es um Antisemitismus und Rhetorik gegen Israel geht.


Foto: DISK-Teilnehmende 2022 – (c) DISK

Autor:innen: Klara Bruhn, Ole Kreuzsaler