Habt ihr euch schon mal gefragt, was es mit der Grünfläche zwischen unserer „Bib“ und dem Studio 21 auf sich hat? Dort ist ein abgegrenzter Bereich mit einigen höheren Bäumen, kleineren Sträuchern und diversen Bodenpflanzen zu finden. Der Leuphana-Waldgarten trägt, wie andere Waldgärten auch, zur Förderung der Biodiversität, zum Schutz von natürlichen Ressourcen und zur Schaffung nachhaltiger Lebensräume bei.
Entstanden ist die Idee für diese Projektfläche 2021 in einem Seminar von Stefanie Albrecht und Dr. Agnes Friedel. Gemeinsam veranstalten beide schon seit etwa fünf Jahren Seminare rund um das künstliche Ökosystem Waldgarten. Das Reallabor Waldgarten auf dem Campus wurde ein Jahr später umgesetzt und Dr. Friedel betreut es seither zusammen mit der Initiative Essbarer Campus.
Aber was ist denn nun ein Waldgarten?
Ein Waldgarten ist eine Variante der Gartenbewirtschaftung. Im Grunde versuchen die Bewirtschaftenden, die Prinzipien des Ökoysystems Wald auf die Gestaltung eines Gartens zu übertragen. In der Umsetzung bedeutet dies auf einer Fläche, die Vielfalt und Prozesse des Waldes nachzuahmen, dabei aber gleichzeitig auch essbare Erträge zu produzieren. Dieser Ansatz heißt Ökosystemmimikry.
Das Ziel ist die Entstehung eines selbstregulierenden Systems, das weniger Pflegeaufwand benötigt, als es bei üblichen Gärten und in der Landwirtschaft der Fall ist. Im Gegensatz zu herkömmlichen Gärten oder Äckern, die oft auf Monokulturen und intensive Bewirtschaftung setzen, fokussiert sich ein Waldgarten auf eine vielschichtige und produktive Mischung aus Bäumen, Sträuchern, Kräutern, Bodendeckern und anderen Pflanzenarten.
Neben der vielfältigen Zusammensetzung von Pflanzenarten weisen Waldgärten noch weitere Besonderheiten auf. Zunächst besteht ein Waldgarten aus sieben Vegetationsschichten – vergleichbar mit einem natürlichen Wald. Das bedeutet, es gibt hohe Bäume, mittlere Schichten von Sträuchern sowie kleinere Pflanzen am Boden. Sie zeichnen sich außerdem durch eine große Artenvielfalt aus. Es werden oft verschiedene Pflanzenarten in sogenannten Gilden gepflanzt und bewusst ausgewählt, damit diese voneinander profitieren können.
Waldgärten sind darauf ausgerichtet, natürliche Prozesse zu nutzen und zu fördern, weshalb großen Wert auf einen minimalen Einsatz von Pestiziden, chemischen Düngemitteln und künstlicher Bewässerung gelegt wird. Ein gut etablierter Waldgarten kann eine selbstregulierende Natur haben, bei der das Ökosystem im Gleichgewicht bleibt und weniger menschliche Eingriffe erforderlich sind.
Zuletzt ist ein Waldgarten nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern durch eine Vielzahl von Erträgen, wie beispielsweise Obst, Nüsse, essbare Blätter, Wurzeln und Kräuter, auch produktiv.
Projekte rund um Waldgärten: Längst nicht nur an der Leuphana
Die Leuphana bietet unterschiedliche Seminare an, die kontinuierlich zum Thema Waldgarten forschen. Die dort gesammelten Informationen fließen in ein internes Wiki, damit das Wissen immer abrufbar ist. Über aktuelle Projekte und Berichte informiert die Internetseite waldgartenwelten.de. Hier gibt es Hintergrundinformationen, Tipps und Praxishilfen, sowie eine Waldgartenkarte, in der sich Waldgärten aus ganz Deutschland zur Vernetzung eintragen können.
Über 30 Waldgärten haben sich auf der Karte eingetragen, aber auch über Deutschland hinaus gibt es bereits größere und kleinere Waldgartenprojekte. Viele von ihnen sind noch nicht so alt und aktuell zu unrentabel für eine rein wirtschaftliche Nutzung. Dennoch eignen sie sich zu Teilen zur Selbstversorgung sowie als Bildungs- und Erholungsort.
Zukunft der nachhaltigen Landwirtschaft?
Waldgärten gelten als vielversprechender Ansatz für eine nachhaltigere Nahrungsmittelproduktion, den Erhalt der Biodiversität, die Anpassung an den Klimawandel und die Förderung von naturnahen Erlebnissen. Diese Form der Landwirtschaft verspricht ökologische, soziale und wirtschaftliche Vorteile.
Die Wirtschaftlichkeit von Waldgärten ist variabel und hängt von Faktoren wie dem Standort, der Größe, den Anbaumethoden und der Pflanzenauswahl ab. Langfristige Investitionen, diverse Ernteerträge, Biodiversität und Vermarktungsmöglichkeiten können positive Auswirkungen haben. Eine sorgfältige Planung, Bewertung und Anpassung an lokale Bedingungen sind entscheidend, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu maximieren.
Vision für den Leuphana Waldgarten
Niklas von der Initiative Essbarer Campus sagt: „Konkret für den Waldgarten haben wir die Vision, wirklich auf allen sieben Ebenen von Waldgartensystemen exemplarisch Nahrung zu produzieren, um so als ‚Vorzeigewaldgärtchen‘ auch Besuchende von der Anbauweise überzeugen zu können. Unser nächstes Teilziel ist das komplette Bepflanzen unserer Esskastaniengilde.“
Die Initiative möchte den Studierenden „urbanes Gärtnern auf dem Campus ermöglichen.“
Foto 1: Niklas Knabe
Foto 2: Agnes Friedel