All Cops – Not Climate Change: Das Demo-Memo

Mensch ärgere dich nicht ist dir nicht hardcore genug, aber dein Rechner fängt bei Cyberpunk 2077 an zu brutzeln? Außerdem interessierst du dich für linke Gegenkulturen und würdest gerne den geschichtlichen Hintergrund mancher Demo-Sprüche ergründen? Dann könnte das Demo-Memo das Richtige für dich sein. Wir haben das Politik-Memory des iz3W für euch getestet.

Das Informationszentrum 3. Welt (iz3W) in Freiburg gibt normalerweise die gleichnamige Zeitschrift heraus und engagiert sich in der politischen Bildung, unter anderem in der Aufklärung der deutschen Kolonialgeschichte. Neben Büchern und Zeitschriften wagt das iz3W sich aber an eine neue Form der Publikation, um politische Bildungsarbeit zu betreiben: Das Demo-Memo. Dieses Memory-Spiel liefert euch 40 Demosprüche auf 80 Karten. Dazu gibt es ein Begleitheftchen, wo das iz3w jeden Spruch erklärt und etwas historischen Kontext liefert. Das Spielprinzip ist simpel: Ihr deckt zwei Karten auf. Ergeben beide Karten zusammen einen richtigen Spruch, dürft ihr erneut zwei Karten aufdecken. Liegt ihr falsch, sind die Mitspieler:innen dran. Deckt ihr etwa die Karte „Wer hat uns verraten…“ auf, müsst ihr die dazugehörige Karte „Sozialdemokraten!“ finden. Gewonnen hat, wer die meisten Paare sammeln konnte. Gut, so funktioniert Memory. Aber hebt sich das Demo-Memo von der Masse ab?

SPDler hassen diesen Trick

Zuerst einmal sind die Karten sehr schick und funktional illustriert. Ein Paar erkennt man an der gleichen Farbe, der gleichen Gestaltung und der Schriftart. Dadurch kam es bei unseren Runden selten zum Rätselraten, ob die Sprüche passen. Außerdem sind neben den bekannten Sprüchen wie „Alerta Alerta – Antifascista“ auch weniger bekannte Sprüche wie „Unter den Talaren…Muff von 1000 Jahren“ oder „Oma, Opa und Hans-Peter – keine Opfer sondern Täter“ dabei. Gerade bei den fremdsprachigen Sprüchen kann das Booklet die eine oder andere Wissenslücke füllen.
Dennoch hat das Spiel – wie Memory eben – einen geringen Wiederspielwert. Da man häufig daneben liegt und somit dieselben Karten immer wieder neu aufdecken muss, sitzen die Sprüche spätestens nach dem zweiten Spieleabend. Oder hängen einem zum Hals heraus, etwa wenn ein Spieler zum dritten Mal „All Cops…not Climate Change“ aufdeckt. Auch wenn einige ungewollte Satzpaare für Lacher sorgen können.

Die Spielkärtchen sind recht stabil und kommen in einem kompakten Schuber. Allerdings passt dort nicht das Booklet rein, das zum Liefern von Kontext bei jeder Spielrunde dabei sein sollte. Das Begleitheft sollte also separat und sorgfältig aufbewahrt werden.

Das Spiel hat leider eine Gelegenheit verpasst. Das Demo-Memo enthält nur Sprüche aus linken Bewegungen. Hätte es auch Sprüche aus der rechten Szene gegeben, hätte das Begleitheft ebenfalls Hintergrundwissen über die Neue Rechte, ihre Codes und Metapolitik quasi als Aufklärung vermitteln können. Aber vielleicht könnte dies die Inspiration für ein neues Demo-Memo sein.

Für wen lohnt sich das?

Auf jeden Fall für Menschen, die sich mit (linken) sozialen Bewegungen beschäftigen möchten, ohne dabei verstaubte Bücher lesen zu müssen. Für Politikwissenschaftsstudent:innen sowieso praktisch zu haben. Manche zynische Menschen könnten dazu neigen, aus dem Demo-Memo eine Art „Cards against humanity“-Trinkspiel zu basteln, bei dem man die Spruchkarten bewusst falsch legt. Soll es ja geben. Aber auch die können beim Demo-Memo lernen, was Pershing mit Petting zu tun hat.

Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt

Aus Transparenzgründen: Die Univativ hat ein kostenloses Rezensionsexemplar des Demo-Memos erhalten.

Titelbild @ Jan Gooß

Jan Gooß

Hat an der Leuphana Politikwissenschaft studiert und will nicht die Welt retten. Sowas soll's ja auch geben.

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