LCOY – Eine junge Klimakonferenz an der Leuphana

Über 1.200 Teilnehmende, mehr als 230 Speaker*innen, 80 Teamer*innen, 250 Programmpunkte und ein Jahr Vorbereitung. An der Leuphana fand vom 28.-30.10. eine Local Conference of Youth, kurz LCOY, statt. Auf einer LCOY können junge Menschen mehr über die Klimakrise erfahren und sich konkret in Diskussionen und Gesprächsrunden mit Expert*innen einbringen. Darüber hinaus dient sie zur Vernetzung von Menschen und Initiativen.

Hintergrund

Organisiert wird die LCOY von einer Gruppe junger Menschen, die in ganz Deutschland verteilt leben und online zusammenkommen, um die Pläne zu realisieren. LCOYs finden mittlerweile weltweit zusammen und damit nicht weit gereist werden muss, finden in mehreren Ländern lokale Veranstaltungen statt. Diese tragen gesammelte Ergebnisse an die Conference of Youth (COY) weiter. Die COY, bietet Jugendlichen der ganzen Welt eine Plattform selbst Lösungen zur Klimakrise beizutragen, weil Jugendliche oft unterrepräsentiert sind. Sie findet meist vor der Conference of Parties (COP) statt. Auf dieser offiziellen Klimakonferenz der Weltgemeinschaft soll mit mittlerweile 197 Vertragsparteien, darunter EU und Deutschland gegen Klimakrise und deren Auswirkungen vorgegangen werden.

Diesmal in Lüneburg

Nach der letzten LCOY in Kassel 2021 wurde dieses Jahr das Zentralgebäude der Leuphana zur Hauptanlaufstelle für Workshops und Diskussionen. So wurde das Auditorium für die größten Veranstaltungen genutzt, auch die Eröffnung am Freitagabend:

Nach einigen einweisenden Worten der Moderator*innen, gab es Videobotschaften von Politikern, die es nicht live zur Konferenz geschafft haben. Zum einen von Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, der besonders viel Wert auf eine Energiewende legt. Volker Wissing, dem Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, appelliert an Flexibilität und Bedürfnisberücksichtigung von allen. Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler, fordert auf aktiv zu sein und dankt uns für unseren Einsatz. Auch von Cem Özdemir sollte eine Botschaft gespielt werden, das konnte erst bei der Abschlussveranstaltung nachgeholt werden. Zuletzt stellte sich auch das Awareness Team vor. Zu einem Awarenesskonzept selbst wurde nichts gesagt.

Nach einigen letzten Worten der Veranstalter*innen, gab es das erste gemeinsame Essen. Um das Catering kümmerte sich das Klippo und das vegane Essen war, wie die Teilnahme auch, für alle kostenlos.

Eindrücke der Veranstaltungen

Eine der ersten Veranstaltungen, war ein Workshop mit dem Titel „Vergesst die Fakten!“. Carel Carlowitz Mohn thematisierte, dass Fakten nicht reichen, um etwas zu verändern, wir Techniken finden müssen, um die Kluft zwischen Wissen und Handeln zu schließen und wie wir über die Klimakrise reden sollten.

Darauf folgte ein Vortrag von Franziska Altenrath, die Verantwortliche für die Leitung, Strategie und Veränderung beim FC St. Pauli. Unter dem Ausruf „Ein anderer Fußball ist möglich“ ging es darum, dass Fußball ein hohen ökologischen Fußabdruck hat. Die Veranstaltung setzte sich hauptsächlich mit der Strategie von St. Pauli auseinander. Für diesen Beitrag wäre eine kritischere Auseinandersetzung mit dem Problem wünschenswert und spannend gewesen.

In einer Podiumsdiskussion zu Biodiversität redeten Carola Rackete, eine Aktivistin und Christoph Heinrich, Vorstandsvorsitzender von WWF Deutschland über den Verlust der biologischen Vielfalt. Es gab interessante Einblicke wie die Klimakrise mit der Biodiversitätskrise verknüpft ist. Ebenso wurden koloniale und kapitalistische Strukturen im Naturschutz problematisiert.

Lässt sich Klimaschutz per Gesetz erzwingen? Einer Antwort versuchte sich Leuphana Professor Thomas Schomerus anzunähern. Ein witziger und anspruchsvoller Vortrag, der sich des Weiteren mit einem Überblick von Maßnahmen, die Unternehmen schon umsetzen müssen und mit der Ökodesignrichtlinie der EU beschäftigte.

In der Podiumsdiskussion „Wirtschaft ohne Wachstum“ diskutierten Daniela Gottschlich, Professorin für Nachhaltigkeit und Gesellschaftsgestaltung und Olaf Brandt, Vorsitzender des BUND über vergangene und zukünftige Herangehensweisen an wirtschaftliches Wachstum. Nico Paech, Wachstumskritiker, mit möglicherweise zusätzlicher spannender Perspektive war leider nicht anwesend.

Dani Parthum und Magdalena Senn redeten mit Moderatorin Jule Zentek unter dem Wunsch „Die Macht des Geldes fürs Klima nutzen“ über Wirtschaft und nachhaltige Banken, sowie Anregungen was wir mit unserem Geld machen können und ob dieses Investment auch einen Unterschied bewirken kann.

In einem Workshop mit dem Titel „Klimakrise = Medienkrise?“ hat Lukas Bayer, ein freier Klimajournalist, einen spannenden Einblick in Klimakommunikation gegeben. Er erklärte, einige klimajournalistische Grundlagen, was schon gut läuft und warum Klimajournalismus kein Aktivismus ist.

Schließlich gab es am Sonntagmittag einen Markt der Möglichkeiten, wo sich diverse lokale und deutschlandweite Initiativen vorgestellt haben. Teilnehmende hatten die Möglichkeit Inspiration für zukünftiges Engagement zu holen. Abschließend am Sonntag um 14 Uhr gab es ein letztes großes zusammenkommen im Auditorium.

Abendprogramm

Während Freitagabend der Fokus auf dem Kennenlernen von anderen Menschen lag, gab es Samstagabend etwas mehr Kulturprogramm. Beginnend mit einem Science Slam brachten uns Sascha Vogel, Martin Buchholz, Thora Schubert und Ronja Lau in vier humorvollen Beiträgen die Themen Physik in Hollywood, ob man Energie verschwenden kann, die Atommüll Endlagersuche und Fashion von früher näher.

Im Anschluss gab es auch noch einen Poetry Slam: Erfahrende Slammer*innen Felicitas Friedrich, Marvin Suckut, Paulina Behrendt und Anna Teufel tragen vielfältige Texte vor, die sich mit Themen, wie der Unentschiedenheit von GenZ, Bollerwagen und Intimität beschäftigten. Die deutschsprachige Indie-Pop Band Finn und Jonas lud zum Tanzen ein und rundete den Abend mit einem gelungenen Konzert ab.

Nicht nur Input

Verstecken im Biotopgarten, ein Tanzworkshop, Speeddating und eine Gutenachtgeschichte. Es geht nicht ausschließlich um wissenschaftliche und akademische Beiträge. Nachdem Teilnehmende über den Tag viel Input bekommen konnten, regte das Abendprogramm eher dazu an miteinander in Kontakt zu kommen und gibt Zeit alles zu verarbeiten.

Reaktionen

Mal mehr, mal weniger interaktiv bot die Konferenz Einblicke in diverse Blickwinkel und Probleme, die mit der Klimakrise zusammenhängen. Einige bemängelten, dass die Podiumsdiskussionen, selten wirkliche Diskussionen waren. Häufig waren sich die Beteiligten grundsätzlich über das Thema einig und hatten nur leicht unterschiedliche Perspektiven. Hier wurden sich mehr gegensätzliche Meinung zu bzw. Herangehensweisen und Strategien gewünscht.
Ein weiterer Punkt, der angemerkt wurde, ist, dass viele der als Workshop gekennzeichneten Veranstaltungen eher einem Vortrag ähnelten und mit wenig Interaktion auskamen. Dazu kommt, dass einige Veranstaltungen haben viele Themen der Klimakrise nochmal von null an aufgegriffen und erklärt. Für viele Beteiligte war das vermutlich nicht notwendig. Dadurch sind Beiträge mit mehr Tiefe für manche etwas zu kurz gekommen.

Organisation

Zum Überblick über das umfangreiche Programm gab es eine App, die alle wichtigen Informationen zusammengefasst hat. Viele Veranstaltungen fanden gleichzeitig statt, sodass einerseits eine große Auswahl bestand, es aber auch teilweise überfordernd war aus den ganzen Veranstaltungen eine auszuwählen.
Die meisten Events fanden im Zentralgebäude statt, einiges auch in Gebäude 14. Menschen, die nicht in Lüneburg wohnen, hatten hier die Möglichkeit ihr Gepäck zu lagern, bevor sie abends in einer der zur Verfügung gestellten Schulen übernachten konnten.

Fazit

Insgesamt war auf der LCOY eine gute Stimmung zu verzeichnen. Es wurde ebenso draußen in der Sonne entspannt und sich sportlich betätigt, sowie konzentriert zugehört und mitgeredet. In den 48 Stunden gab es sehr viel Input, Anregungen und auch die Möglichkeit konkrete Vorschläge an die COP weiter zu reichen. Auch, wenn nicht alles wie geplant lief und einige Veranstaltungen nicht vollständig den Erwartungen entsprachen, war es eine gelungene Veranstaltung, mit vielen kompetenten Speaker*innen und engagierten Gleichgesinnten.


Foto: LCOY Deutschland.

Mick Neumann

Studiert im 5. Semester Zimtschnecken, backt gerne Zauberwürfel und löst acht verschiedene Umweltwissenschaften.

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