Am Vorabend der großen Eröffnungsfeier für Studierende lud der AStA ein, um die Kritik der Studierendenschaft am Zentralgebäude darzustellen. Statt 30 Minuten Vortrag wurde es über eine Stunde.
Wenig Besucher, wenig Neues – Dafür umso mehr scharfe Kritik
Das Interesse an der Veranstaltung war mäßig, gerade einmal ungefähr 25 Studierende besuchten die Veranstaltung. Im Kern ging es um es den zeitlichen Ablauf rund um die Entwicklung des Zentralgebäudes und die Sichtweise der Studierendenschaft, vertreten durch AStA und StuPa. Hinzu kamen die Themen Raumerhebung, Finanzierung, die Beteiligung von Studierenden am Entwurf und die Verbindungen mit der Privatwirtschaft. Durch die Veranstaltung leiteten Kevin als studentisches Mitglied im Stiftungsrat und Susanna als AStA-Sprecher*in. Begleitendes Material, wie die AStA 2.0 Magazine und Unterlagen, die dem AStA über die Jahre zugespielt worden waren, lag bereit. Weiteres ist auf der AStA-Webseite Themenspezial Zentralgebäude zu finden.
Gleich zu Anfang wurde klar gemacht, warum die Studierendenschaft sich überhaupt um das Gebäude kümmern soll: Es bestehe einerseits ein gesetzlicher Auftrag, andererseits verfüge der AStA über die nötige demokratische Legitimation seitens der Studierendenschaft.
Wie in einer Tragödie wurden die Protagonisten, bestehend aus Hochschulleitung, Architekt und Wissenschaftsministern, vorgestellt. Der Auftakt machte das Große Schweigen von Politik und Hochschulleitung über die geplante Entstehung eines neuen Zentralgebäudes und die Hinterzimmergespräche. Das Wissenschaftsministerium sicherte die Fertigstellung zu, obwohl die Chance, dass es funktioniere, damals nur bei 50/50 stand, so der AStA. Die Belege hierfür wurden unter anderem aus der Eröffnungsrede von Oberbürgermeister Mägde entnommen.
Weiter ging es mit der konkreten Kritik aus den Jahren 2011/2012, die auch der Landesrechnungshof veröffentlicht hatte. Die Leuphana als Stiftung unterliegt eigenen Regelungen und es gelte eben nicht die Anti-Korruptionsrichtlinie des Landes Niedersachsen, sondern die der Stiftung, war die Kritik vom AStA an der Korruptionsprävention. Zusammen mit Transparency International Deutschland hatte der AStA Pressemitteilungen und Beiträge herausgegeben; beide erhielten Abmahnungen von der Leuphana, man dürfe keine Korruptionsvorwürfe veröffentlichen. Am Ende wurde niemand verklagt, aber der Schlagabtausch passierte in der Öffentlichkeit. Zwischenzeitlich nahm die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF ihre Ermittlungen auf. Die Staatsanwaltschaft ermittelte, stellte das Verfahren wegen Untreue und Subventionsbetrug jedoch aufgrund fehlendem Anfangsverdacht ein. AStA und StuPa veröffentlichten eine neunseitige Stellungnahme mit der Rücktrittsforderung an Spoun und Keller.
Grundstimmung: Kritik
Die Veranstaltung war schon dem Titel nach klar auf die Kritik gerichtet. Es wurde gleich zu Anfang in Frage gestellt, ob man dieses Gebäude überhaupt brauche. Untermauert wurde dies mit den Auszügen aus den verschiedenen Berichten von Landesrechnungshof, der Oberfinanzdirektion und der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF.
Der AStA berichtete, dass das Problem bezüglich des Kellers – also der Keller für die technischen Geräte aus Volgershall – immer noch ungeklärt sei. Man frage zwar regelmäßig beim Präsidium nach, erhalte jedoch keine Antwort.
Zukunft der Nutzung durch Studierende
Der AStA hat dem Zentralgebäude eine Absage erteilt, er wird dort keinen Raum beziehen. Der AStA bleibt dem Beschluss aus 2007 treu, den AStA, StuPa und DSi getroffen haben: Verbleiben in Gebäude 9 mit einem noch auszubauenden neuen Dachgeschoss. Derzeit wird an einem Raumkonzept der Studierendenschaft und der studentischen Initiativen für die gesamte Hochschule gearbeitet. Studentische Initiativen im Roten Feld werden auch weiterhin erhalten bleiben, offen ist derzeit nur die Zukunft der Foto-Dunkelkammer. Man berichtete von Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Gebäudemanagement der Hochschule. Auch sei das Gebäudemanagement sehr verärgert über den Beschluss, nicht ins Zentralgebäude zu ziehen.
Zahlen, bitte – Vorsteuerabzug?
Aktuell wird von ca. 100 Millionen Euro Baukosten geredet, die Endrechnung ist jedoch noch nicht da. Stolz war man darauf, dass die Leuphana gerade so die Kurve gekriegt hat, und das Gebäude so abgenommen wurde – auch wenn noch Gebäudeteile fehlten -, dass die ca. 14 Millionen EU- Förderung gesichert waren. Die Zahlen, die auf der Veranstaltung präsentiert wurden, sind jedoch nicht absolut fix, so der AStA. Auf eine aktuelle Anfrage nach aktuellen Zahlen der Finanzierung lag noch keine Antwort der Leuphana vor, man habe aber auch erst kurzfristig gefragt. Die finanzielle Expertise des Vortragenden bekam durch die Unsicherheit bei der Erklärung des Vorsteuerabzuges einige Kratzer.
Mitstreiter verloren
Über die Jahre hinweg habe man viele Mitstreiter mit der Kritik am Zentralgebäude verloren, so der AStA. Gleichzeitig wurde aber auch auf die möglichen Repressionen hingewiesen, die Kritik am eigenen Arbeitgeber mit sich bringen kann. Zwischen Mitarbeitern kann es eine große Abhängigkeit geben und man wollte vermeiden, sich unbeliebt zu machen, Büroräume oder eine Verlängerung des Arbeitsvertrages zu verlieren. Viele der damals beteiligten Personen haben die Uni zudem verlassen, so der AStA. Weitere haben sich lieber in anderen Projekten verwirklicht.
Welche studentische Beteiligung?
In 10 Jahren, in denen Daniel Libeskind als berufener Professor an der Leuphana war, haben gerade mal acht Seminare mit Studierenden stattgefunden. Meist war auch Holm Keller oder der ausführende Architekt des Zentralgebäudes dabei. Im letzten Seminar mit dem Titel „Landmark Architektur“ ging es um Marketing für den Leuchtturm in Lüneburg.
Verflechtungen zwischen Privatwirtschaft und der Welt
Daniel Libeskind wurde als Professor an die Leuphana berufen; die Ausschreibung, die sich an einen Professor von Weltrang richtete, wurde im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht. Nach Lesart des AStA zeigte sich hier, dass zwar das Verfahren zwar rechtlich sauber gelaufen sei, fragwürdig sei hingegen gewesen, welcher Architekt von Welt wird sich an einer Ausschreibung eines Mitteilungsblattes beteiligen würde.
Es folgten die Verbindungen, die auch im AStA 2.0-Magazin erwähnt sind. Schlagworte waren: Proportion GmbH, Rheinzink, Fassade, Ermittlungen, Untreue, Wirtschaftliche Interessen usw.
Fragen aus dem Publikum
Eine Strategie bzw. Plan, wie man zukünftige Generationen von Studierenden auf die Kritik zum Zentralgebäude hinweisen kann, gibt es nicht, so der AStA. Auch der konkrete Umfang mit dem Zentralgebäude zum heutigen Zeitpunkt ist nicht klar. Für dieses Semester sind eben diese Veranstaltung, Informationen auf der Konferenzwoche und die aktuellen Flyer angedacht.
Hinsichtlich der Raumakustik äußerte sich ein Student, der nach eigenen Angaben Expertise in dem Bereich besitzt, so, dass sich das Audimaxx zwar sehr gut für Sprache eignet, jedoch nicht für Konzerte oder ähnliches.
Zusammenfassend die Kritik vom AStA: Falschmeldungen über nicht stattfindende Kostensteigerungen, Intransparenz aller Art, ein allgemein zu kostspieliges Gebäude, fraglicher Mehrwert eines solchen Gebäudes, fehlender Bilbao-Effekt, zu wenig Fläche, Geld lieber in Lehre und Forschung stecken statt in Prestige, Raum für die Erst-Semesterbegrüßung zu klein (1.100 Plätze für 1.300 Erstis), fragliches Konzept für die Einnahmen aus Veranstaltungen.
Weitere Argumente können in den zahlreichenden Veröffentlichungen oder im Video der AStA-Sprecher*innen bei der Eröffnungsrede nachgeschaut werden.
Autor: Christopher Bohlens