Senatssitzung im Zentralgebäude - 25.01.2023 - (c) Christopher Bohlens - künstliche Unschärfe hinzugefügt.

Senatssitzung mit mehr als 1.000 Studierenden vertagt die Entscheidung in Sachen RPO

Eine Senatssitzung mit rund 1.000 Studierenden am 25. Januar ist ein Novum an der Leuphana Universität Lüneburg, sie fand im Auditorium im Zentralgebäude statt. Über die Rahmenprüfungsordnung (RPO) wurde über fünf Stunden diskutiert.


Dass es keine schnelle und einfache Sitzung werden wird, war allen Beteiligten klar. Während im Dezember die Planung war, das Thema RPO im Hörsaal 3 zu besprechen, wurde das Thema auf Januar 2023 vertagt. Während der Sitzung waren rund 1.000 Studierende dem Aufruf der vorherigen Demo #notmyRPO auf dem Campus gefolgt, die Sitzung hochschulöffentlich zu verfolgen. Dabei wurde auch das Rederecht für die Studierenden der Hochschule geöffnet.

Ausgangslage

Während an Hochschulen die Sitzungen des akademischen Senats zwar hochschulöffentlich, aber in der Regel mit deutlich weniger Besucher:innen stattfinden, so war dies an der Leuphana dieses Mal das genaue Gegenteil. Anlass für die große Beteiligung der Studierenden ist die Rahmenprüfungsordnung (RPO). In den vorherigen Sitzungen der ZSKen (Zentralen-Studienkommissionen) konnten keine Beschlüsse gefasst werden. Die Studierenden lehnten viele Vorschläge der Lehrenden zur Änderung der Rahmenprüfungsordnung ab und brachten neue Argumente in die Debatte ein. Darunter die Vorschläge der Lehrenden: Anwesenheitspflicht, konsekutive Module, die Abschaffung der zweiten Prüfungsphase und viele weitere Konfliktpunkte. Da die ZSKen paritätisch mit 50/50 Lehrende/Studierende besetzt sind, gab es zwischen Lehrenden und Studierenden keine Einigkeit.

Im Senat wurden die Diskussionen und Standpunkte der Lehrenden und Studierenden nochmal aufgegriffen und den anwesenden Senatsmitgliedern und der Hochschulöffentlichkeit präsentiert. Viele dieser Diskussionen erfolgten schon in den ZSKen, es zeigte sich aber, dass die Positionen der beiden Statusgruppen der Lehrenden und der Studierenden auseinandergehen. In einigen Fällen wurden bereits Vorschläge seitens der Studierenden angenommen oder Kompromisse gefunden, aber wesentliche Punkte wie die Anwesenheitspflicht, konsekutive Module, Abschaffung der zweiten Prüfungsphase, Plagiatssoftware, verpflichtende Anmeldung vor Semesterbeginn für die Module oder die Verkürzung der Prüfungsanmeldung blieben weiterhin festgefahrene Streitpunkte.

Streitpunkt Anwesenheit und Diskussionskultur

Insbesondere die Thematik rund um die Anwesenheitspflicht, die Lehrende einfordern könnten in Seminaren und Übungen, bleibt Streitthema Nummer 1. Bisher können Lehrende über das Lehrveranstaltungsangebot eine verpflichtende Teilnahme vorsehen, dies wird in den StuKos (Studienkommissionen) der einzelnen Fakultäten diskutiert und entschieden. Diese StuKos sind wiederum paritätisch mit Lehrende/Studierende zu 50/50 besetzt. Entsprechende Anträge auf Anwesenheitspflicht werden ausführlich geprüft und entschieden, wenn diese didaktisch sinnvoll erscheinen. Die Änderung der neuen RPO sieht jedoch vor, Anwesenheitspflichten sollten nach Vorschlag der Lehrenden in Fachspezifischen Anlagen geregelt werden, die wiederum im Fakultätsrat beschlossen werden. In Fakultätsraten herrscht eine professorale, absolute Mehrheit. Die Studierenden sollen künftig bei dem Entscheidungsprozess über die Anwesenheitspflicht ausgebootet werden.

Bei der Ausgestaltung der Anwesenheitspflicht gibt es gerade seitens der Studierenden Kritik daran, weil das bisherige System über die StuKos doch gut funktioniere. Die Anwesenheitspflicht werde derart ausgestaltet, dass es nur wenige Ausnahmen geben wird. Die Leuphana hat dazu sich rechtlich beraten lassen durch das Justiziariat, welche Ausnahmegründe möglich sind, diese Ausarbeitung wurde den Mitgliedern der ZSK jedoch nicht zugänglich gemacht, was die Studierenden kritisierten. Bei längeren Erkrankungen können Studierende einen Nachteilsausgleich stellen, wie betont wurde. In der Diskussion wurde klar, dass die Nachteilsausgleiche durch die Prüfungsausschüsse in den Fakultäten entschieden werden und hierzu in der Vergangenheit unterschiedliche Entscheidungen gab. Generell soll aber durch die Anwesenheitspflicht ermöglicht werden, die Qualifikationsziele zu erreichen, die RPO soll dazu den rechtlichen Rahmen schaffen.

In der Debatte ging es um den Unterschied der Lebensrealität und der Professionalisierung. Die Standpunkte wurden in der Diskussion herausgearbeitet. Die unterschiedlichen Rollen die, die Statusgruppen im Senat vertreten wurden deutlich. Die Konflikte zwischen den Statusgruppen lagen offen auf dem Tisch. Insgesamt wurden die Unterschiede zwischen den Statusgruppen deutlich. Die Studierenden, die sich eine Flexibilität im Studium wünschen und ihren Lebensunterhalt finanzieren müssen gegen Lehrende, die nur dann die Qualifikationsziele erfüllt sehen, wenn die Studierenden in den Seminaren und Übungen auch anwesend sind.

Senatssitzung im Zentralgebäude - 25.01.2023 - (c) Christopher Bohlens - künstliche Unschärfe hinzugefügt.
Senatssitzung im Zentralgebäude – 25.01.2023 – (c) Christopher Bohlens – künstliche Unschärfe hinzugefügt.

Konsekutive Module: Gefahr für Studierende des Studium Individuale?

Nächste größere Diskussionen kamen zur Einführung konsekutiver (aufeinander aufbauender) Seminare und Übungen auf. Die Studierenden sprachen sich für einen Beibehalt der jetzigen Regeln aus, da konsekutive Module vor allem dem Studiengang Major Studium Individuale große Einschränkungen in der Modulwahl und unnötige Regelstudienzeitverlängerungen daraus resultieren würden. Gegenargumente aus dem Senat waren unter anderem, dass durch konsekutive Module garantiert werden könne, dass Studierende ihre Kompetenzen so gesichert seien. Rückfragen zu schon behandelten Themen würden damit in höheren Kursen weniger werden. Ein Mitglied des Leuphana Präsidiums argumentierte zudem, dass bei einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Stundenplan keine Regelstudienzeitverlängerung stattfinden würde. Direkt auf die Argumente der Studierenden wurde jedoch nicht weiter eingegangen.

Große Divergenzen zur Abschaffung der zweiten Prüfungsphase

Für die andere große Meinungsverschiedenheit des Abends sorgte die potenzielle Abschaffung der zweiten Prüfungsphase. Die Studierendenseite beklagte, dass durch einen Wegfall eine größere Belastung sowie organisatorische Probleme entstehen könnten. Von Senatsseite gab es verschiedene Meinungen zu hören, einige sprachen sich für, andere gegen eine zweite Prüfungsphase aus. Ein Mitglied des Leuphana Präsidiums betonte wiederholt, dass eine Abschaffung noch nicht feststehe und dass die RPO nur den Rahmen für andere Gremien schaffe. Mitglieder des Präsidiums betonten, dass eine einzelne Prüfungsphase mit entzerrten Terminen, den Student:innen zu Gute kommen würde.

Aufgrund mangelnder Zeit beschloss der Senat, die Sitzung zu vertagen. Die Sitzung wird am 15.02.2023 fortgeführt.


Foto: Senatssitzung im Zentralgebäude – 25.01.2023 – (c) Christopher Bohlens – künstliche Unschärfe hinzugefügt.
Autor:innen: Fynn Latendorf und Christopher Bohlens

Christopher Bohlens

Schreibt immer irgendwas über Hochschule, Politik oder Veranstaltungen, wo es so richtig kracht. Liebt investigativen Journalismus und beschäftigt sich viel mit Daten.

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