„Recht auf Stadt“, „Viva con Agua“, „Vegan für alle“, „VoKü“ oder auch „guerilla gardening“. Jetzt kommt noch ein neues Wort dazu, mit dem sich praktischerweise alle diese kleinen Initiativen und Bewegungen zusammenfassen lassen: „Transition Town“! Was kann man sich darunter vorstellen?
Zahlreiche Anregungen für Antworten auf diese Frage bekamen die Zuschauer des Films „In Transition“, der vor kurzer Zeit im Roten Feld gezeigt wurde. Der Film lieferte auch den Beweis, dass man mit der wörtlichen Übersetzung (Übergangs-Stadt) gar nicht so falsch liegt: „Transition Town“ ist eine weltweite Bewegung, bestehend aus vielen verschiedenen, miteinander vernetzten kleinen Gruppierungen und Initiativen, die alle das gemeinsame Ziel teilen, alternative, ressourcenschonende und damit zukunftsfähige Lebensformen zu entwickeln und so Stadtkultur(en) zu verändern. Konkret geht es dabei neben Formen alternativer Energienutzung, Schonung / Rehabilitation von Böden, gesunder, bewusster Ernährung und Selbstversorgung vor allem auch um das soziale Miteinander.
An dieser Stelle kommt der in Insider-Kreisen zum normalen Sprachgebrauch übergegangene Begriff der „Resilienz“ ins Spiel. Resilienz bedeutet Widerstandskraft und gemeint ist damit die Fähigkeit, angesichts globaler Erwärmung, Ressourcen- verknappung, Umweltzerstörung, wachsender Kluft zwischen Arm und Reich, Umwelt- und Hungerkatastrophen und un- durchschaubarer globaler Wirkungszusammenhänge nicht in eine depressiv-ohnmächtige Stimmung zu verfallen, sondern stattdessen lokal aktiv zu werden und ein funktionierendes soziales Gefüge ohne Konkurrenz zu schaffen, aber dafür mit viel Freude, Kreativität und großer individueller Gestaltungsfreiheit. Es geht darum, selbst- statt fremdbestimmt zu leben und sich seines eigenen Anteils am Weltgeschehen bewusst zu werden.
Was in der Theorie sehr abstrakt klingen mag, lässt sich in der Praxis ganz leicht realisieren! Das zeigen die zahlreichen bereits existierenden weltweiten Initiativen:
Die größte Vielfalt von Aktionen findet sich in England, wo die „Transition Town“-Bewegung 2005 ihren Ursprung hatte. Dort gibt es zum Beispiel generationsübergreifende Nähkurse, in denen alte Kleidungsstücke zu Taschen umgenäht werden und ganz nebenbei ältere Menschen Kindern das Nähen beibringen, einen „Müll-Karneval“, bei dem Instrumente wie auch Verkleidung aus recyclebaren Materialien selbst hergestellt werden oder ein Projekt, in dem Menschen, die im Besitz eines Gartens sind, ihr Grün mit Stadtbewohnern teilen. Hierzulande hat sich in Berlin eine Gruppe von Menschen unterschiedlichsten Alters und ver- schiedener Herkunft dem mobilen Gärtnern verschrieben: Auf 6000 m2 betonierter Fläche stehen massenweise bepflanzte Kisten, Säcke und Komposthaufen. Das Praktische daran: Sollte der Eigentümer der Fläche andere Ideen bekommen, kann der komplette Garten einfach umziehen.
Um derartige Aktionen zu starten, muss man sich gar nicht weit weg bewegen, denn seit der Filmvorführung beginnt sich „Transition Town“ auch in Lüneburg zu formieren! Zwar ist die Gruppe noch relativ klein, aber Ideen gibt es schon viele: Die Vorschläge reichen von Bodenrenaturierung und dem privaten Anbau von gentechnisch unverändertem Saatgut zur Selbstver- sorgung über eine Fotoausstellung von Garteninitiativen bis hin zu Kleidertauschbörsen und einer Modenschau mit Kleidungs- stücken aus recyclebaren Materialien.
Wer dazu stoßen und seine Ideen mit einbringen will: Jeden ersten Mittwoch im Monat können alle Interessierten in Vierorten im FreiRaum (Salzstraße 1) ihrer Kreativität freien Lauf lassen.
Annika Glunz