TV-Stud – Für einen Tarifvertrag gegen die Prekarität studentischer Jobs an Hochschulen

Befristete Kettenverträge, niedrige Bezahlung, Aufforderungen unbezahlte Überstunden zu leisten und fehlende Mitbestimmung. Klingt nach einem Horrorjob, ist aber die bittere Realität der meisten studentischen Beschäftigten an deutschen Hochschulen. Daher fordert die bundesweite Initiative TVStud einen Tarifvertrag für die ca. 400.000 studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte sowie Tutor:innen an Universitäten und Hochschulen. Seit 1991 setzen sich unter anderem die Gewerkschaften für eine tarifliche Vereinbarung studentischer Arbeitsverhältnisse ein. Nach Protesten in den letzten Semestern scheint die Bewegung nun mehr Aussicht auf Erfolg zu haben.

Nachdem 2021 Forderungen der Gewerkschaften ver.di und GEW nach einem studentischen Tarifvertrag in Gesprächen mit dem Arbeitgeberverband Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) scheiterten, wurde jedoch eine Studie über den Zustand der Arbeitsbedingungen studentischer Beschäftigter in Auftrag gegeben. Die Studie „Jung, Akademisch, Prekär“ des Instituts für Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen befragte 11.000 studentische Beschäftigte zu ihren Arbeitsbedingungen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass durch ein starkes Machtgefälle zwischen Vorgesetzten und Studierenden an den meisten studentischen Stellen an Hochschulen gesetzliche Mindeststandards nicht eingehalten werden. Die meisten genannten Defizite sind, dass Urlaub häufig nicht in Anspruch genommen wird, unbezahlte Überstunden gefordert werden und viele SHKs zeitweise ohne Bezahlung oder ohne Vertrag arbeiten. Außerdem haben sie (anders als andere Angestellte an Hochschulen) kein Mitbestimmungsrecht durch einen Personalrat.

Die Prekarität studentischer Jobs an Hochschulen

Andere Student:innenjobs werden oft besser bezahlt als studentische Jobs an der Universität, bei denen der Stundenlohn nur knapp über dem Mindestlohn liegt. Nicht verwunderlich ist es daher, dass unter studentischen Beschäftigten die Armutsgefährdung mit 77 % über die des studentischen Durchschnitts liegt. Die Jobs an der Uni sind dabei nicht nur schlecht bezahlt, sondern bieten auch keine langfristige Einkommenssicherheit. Die durchschnittliche Vertragslaufzeit liegt nur bei etwa einem halben Jahr, obwohl Studierende durchschnittlich 20 Monate auf derselben Stelle arbeiten – aber eben mit Kettenverträgen, die die Verwaltung fluten und dazu führen, dass mitunter ohne Vertrag gearbeitet wird.

Die Prekarität der studentischen Jobs fördert laut der Studie soziale Ungleichheit: Sehr oft dienen Jobs an der Universität als Einstiegschance in den wissenschaftlichen Betrieb. Als studentische Hilfskräfte an Hochschulen arbeiten überdurchschnittlich viele Akademiker:innen-Kinder. Dass Stellen an Hochschulen oft als Einstieg in die Wissenschaft funktionieren, verhindert die Dominanz von Akademiker:innen Kindern in diesen Jobs soziale Mobilität und andererseits verstärkt die Funktion von studentischen Hilfsstellen als Karriereleiter eine Abhängigkeit der Studierenden von ihren Vorgesetzten, sodass Mindeststandards an Arbeitsbedingungen nicht eingefordert werden.

Was ein Tarifvertrag ändern würde

Ein Tarifvertrag könnte studentische Jobs an Hochschulen sozial gerechter machen. Er wird in Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften GEW und ver.di als Vertretung der Arbeitnehmer:innen und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder verhandelt (TdL). Die TdL vertritt im öffentlichen Dienst, zu dem öffentliche Universitäten gehören, die Länder als Arbeitgeber:innen in Form der Finanzminister:innen der Bundesländer. Er legt Regelungen fest, die über den gesetzlichen Mindeststandards liegen und ist für alle Arbeitgeber bindend, aber zeitlich begrenzt. Das heißt, nach einiger Zeit kann er neu verhandelt werden. Durch Tarifverträge wird der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen von einem individuellen zu einem kollektiven und nicht innerhalb des Machtgefälles zwischen Arbeitgeber, also der Universität oder den Vorgesetzten z. B. den Professor:innen und Student:innen verhandelt.

Die Forderungen für einen studentischen Tarifvertrag, der dann TV-Stud hieße, sind existenzsichernde Löhne, die jährlich erhöht werden, eine Mindestvertragslaufzeit, um mehr Planungssicherheit zu ermöglichen, die Verpflichtung zur Einhaltung von Mindeststandards und die Ermöglichung von Mitbestimmung in einem Personalrat. Mit dem Referat für Studentische Beschäftigte (StuBe) gibt, wurde an der Leuphana durch studentisches Engagement etwas wie einen Personalrat geschaffen. Auch viele andere regionale TV-Stud-Gruppen übernehmen Personalratsaufgaben. Trotzdem hat StuBe das Ziel, einen studentischen Personalrat an der Universität zu erreichen, der mit umfassenderen Rechten (vgl. BPersVG) ausgestattet ist als die studentischen Initiativen.

Erfolg nach 30 Jahren?

Gekämpft wird für einen Tarifvertrag schon seit den 90ern. Nach diesem ersten Versuch der Gewerkschaften einen studentischen Tarifvertrag zu erreichen, kam es jedoch zu einer Blockade der Finanzminister:innen, also der Arbeitgebervertretung in der TdL. Seit 2018 organisierte sich die Initiative TVStud in vielen Städten und ihre Forderungen wurden von den Gewerkschaften in die Tarifrunde aufgenommen, scheiterten jedoch wieder in Gesprächen mit der TdL. Nach der Studie des DAW startet die Initiative weitere Aktionen und Vernetzung lokaler Gruppen und versucht auch hier in Lüneburg, mit mehr Druck einen studentischen Tarifvertrag zu erreichen. Mehr Infos findet ihr auch auf dem Instagram von Stube.


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