Mit Kaffee und Verkauf zu nachhaltigen Start-Ups – das Team des Zum Kollektiv im Interview
Was macht das Zum Kollektiv zu einem besonderen Ladencafé?
Thiemo: Wir haben den Titel Ladencafé genommen, weil es nicht nur ein Geschäft und nicht nur ein Café ist, sondern beides, aber auch noch mehr. Darüber hinaus soll es ein Treffpunkt für junge Leute sein, die auch Start-Up-Ideen haben oder die Initiativen gründen wollen. Bei uns können sie sich mit anderen Leuten, die sowas schon mal gemacht haben austauschen.
Es ist außerdem ein Experiment, weil es zeitlich begrenzt ist, aber wir wissen nicht wie lang. Ein bisschen wie ein Pop-Up-Store. Das macht das Ganze zu unserem Stichwort: Projektlabor. Und außerdem wollen wir uns an bestimmten Werten orientieren, die uns wichtig sind und uns bei allen Handlungen am Herzen liegen. Wir wollen möglichst nachhaltig vorgehen und dem All-Win-Gedanken folgen, d.h. dass alle zu gleichen Teilen profitieren sollen. Außerdem wollen wir vertrauens- und respektvoll miteinander umgehen. Nicht nur innerhalb des Teams, sondern auch mit allen Leuten, die zu uns kommen.
Wenn jemand eine unausgereifte Idee hat, sollte die Person das Gefühl haben willkommen zu sein. Wir investieren auch in diese Werte. Das soll nicht so sein, dass jemand ausgeschlossen wird, weil er ein Produkt hat, was noch nicht ökologisch nachhaltig ist. Dann kann man mit der Person zusammenarbeiten und vielleicht auch gemeinsam auf Ideen kommen, wie man bestimmte Bereiche noch verbessern kann. Das ist das Ziel, was uns von anderen absetzen soll.
Dieses Jahr hieß die Startwoche der Leuphana ja auch Start-Up. Da ging es um junge Start-Up-Unternehmen und wir liefern sozusagen ein Praxisparadebeispiel.
„Und vielleicht sind da Leute angefixt, die in der Startwoche eine tolle Idee hatten, die nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität verwirklicht werden soll. Die finden dann bei uns die richtige Anlaufstelle.“
Rebecca: Wir werden den Laden in einer Kooperation führen. Also wir haben einen nicht ganz eigenen Laden, sondern es wird eine Bar entstehen, die ‚Rehbar‘. Unser Laden wird Ende Oktober direkt nebenan sein.
Max: Die ‚Rehbar‘ hat auch ein wenig den Grundstein für uns gelegt.
Thiemo: Dafür sind wir sehr dankbar. Also man kann erst bei uns einen Kaffee trinken gehen, und dann in die ‚Rehbar‘ auf ein Bier.
Habt ihr Vorgaben was für Unternehmen und Start-Ups zu euch kommen können?
Rebecca: Egal ist es nicht, es sollte schon zu unseren Werten passen. Unser Grundgedanke war, dass es an der Uni viele Projekte gibt, die sich gründen, die aber nie so richtig die Möglichkeit haben sich außerhalb der Uni zu zeigen. Aber wir denken auch an nachhaltige Modelabels oder kleinere Unternehmen, die direkt aus der Region kommen, was ja auch nachhaltig wäre.
Max: Erst einmal können alle zu uns kommen und sollten da diese Werte nicht passen, dann wollen wir gemeinsam schauen, wie sich das alles unter einem Hut bringen lassen kann. Es kann keine Firma zu uns kommen, die z.B. versucht über osteuropäische Arbeitskräfte eine billige Finanzierung hinzukriegen. Aber es kann vielleicht jemand zu uns kommen, der eine Idee hat, die im eigentlichen Sinn nichts mit Nachhaltigkeit zu tun hat, weil die Person vielleicht nicht weiß, wie man das verbinden kann. Wir wollen versuchen, das zu meistern.
Ihr seid also auch eine Anlaufstelle für junge Unternehmen, die nachhaltiger sein wollen?
Thiemo: Ja, wobei das nicht in dem Sinne ist, dass wir eine Expertenschaft sind. Es geht eher darum, dass wir uns dadurch, dass wir selber die Gründung eines Unternehmens mitmachen, uns schon mal mit der Materie beschäftigt haben.
„Wir kennen vielleicht nicht immer sofort die richtigen Antworten, aber wir kennen die richtigen Fragen und wo man die Antworten darauf finden kann.“
Darüber hinaus sind auch Teammitglieder im Projekt, die schon Projekterfahrung in anderen Bereichen haben. Sei es jetzt Motiv oder Usedful. Wir haben ein gewisses Netzwerk auf das man zurückgreifen kann, aber wir sind kein Beratungsunternehmen.
Rebecca: Wir wollen auch keinen großen erhobenen Zeigefinger markieren. Wir sind ja auch alles keine perfekten Menschen. Aber wir leben ein paar Werte selbstverständlich und das wollen wir vermitteln.
Wie verwirklicht ihr Nachhaltigkeit mit Zum Kollektiv?
Theo: Wir orientieren uns am Lüneburger Modell der vier Säulen. Also ökologische, ökonomische, kulturelle und soziale Nachhaltigkeit.
Max: Wir wollen in allen verschiedenen Arbeitsschritten zu dem Projekt nachhaltig ansetzen. Es geht los mit dem Kaffeebetrieb, den wir machen möchten. Eben nicht Coca-Cola, sondern eine Firma mit nachhaltigem Hintergrund. Es geht weiter über die Produkte, die wir ausstellen, wo wir uns auch gerne über Vorschläge freuen. Und es geht weiter mit dem Schritt des Projektlabors und der Realisierung von nachhaltigen, jungen Start-Ups.
Thiemo: Es ist kein Dogma.
„Nachhaltigkeit ist für uns nicht die neue Religion, sondern wir wollen das mit Selbstverständlichkeit leben. Es soll ein Lifestyle sein und nicht irgendetwas Abstraktes.“
Wir suchen zum Beispiel eine Geschäftsbank, die nachhaltige Werte vertritt oder wir vermeiden möglichst Papierkram. Es sind oft diese Details, die man berücksichtigen kann. Dinge, die die Kundschaft gar nicht unbedingt sieht, die aber trotzdem im Hintergrund stattfinden.
Was brachte den Zusammenschluss von Zum Kollektiv?
Thiemo: Zwei sind von Usedful (Max, Theo) und drei sind von Motiv (Julian, Mario, Lucas) und Rebecca und ich sind von gar nichts, sozusagen. Wir haben alle die Gemeinsamkeit, dass wir das letzte Lunatic Festival zusammen gemacht haben, was sich auch viel mit solchen Werten beschäftigt. Rebecca und ich hatten diese Pop-Up-Store-Idee, da war es allerdings noch sehr viel konventioneller und sehr viel weniger ausgereift als es jetzt ist. Als unsere Idee die Runde machte, meinte Mario von Motiv: „Witzig, so was würden wir auch gerne machen.“ Wir hatten zufällig dieselbe Idee im Kopf.
Wie kann man euch am besten unterstützen?
Max: Vorbeikommen und partizipieren. In allen Richtungen, die zur Partizipation anregen. Und sei es nur im Laden auf einen Kaffee vorbei zu kommen Man kann anderen davon erzählen. Man kann was kaufen oder selber mitwirken und Projekte vorschlagen. Am besten einfach vorbeischauen…
Rebecca: … und sich inspirieren lassen. Ich finde, es ist eine ganz großartige Sache an unserer Uni, ohne da jetzt übertrieben loben zu wollen, dass man so viele Möglichkeiten hat etwas auf die Beine zu stellen. Man muss sich nur zusammenfinden und eine gute Idee haben. Man muss es umsetzen wollen und dann klappt es auch. Und unsere wird auch klappen.
Thiemo: Wir haben unsere Kooperationen in Profit- und Non-Profit-Kooperationen eingeteilt. Unsere Vertragsvereinbarungen sind sehr barrierefrei und attraktiv gestaltet, so dass jedes noch so kleine Unternehmen sich einkaufen kann, um dann einen Stellplatz zu haben. Das ist so niedrig angesetzt, dass das für jeden fast ein Geschenk ist.
Max: Das wird auch ’ne coole Sache, ein richtig fettes Ding!
Das Ladencafé Zum Kollektiv eröffnet Anfang November in der Lünertorstraße 14 in Lüneburg. Weitere Infos zum Projekt gibt es auf der Webseite von Zum Kollektiv und auf der offiziellen Facebook-Seite.Das Interview führte: Linda Lucille Schulzki