Der Mittwoch stand ganz im Zeichen des Zentralgebäudes an der Leuphana
Um 11 Uhr vormittags hatte das Präsidium alle Mitglieder der Hochschule zu einer Informationsveranstaltung in HS 1 geladen. Eine Reaktion auf die negative Berichterstattung in der Presse und einer Aufforderung des AStA nachzukommen. Vom Präsidium waren Präsident Sascha Spoun und Vizepräsident Holm Keller anwesend; unterstützt wurden Sie durch das Team Campusentwicklung. Rund 80 Personen sind diesem Aufruf gefolgt und waren anwesend. Da auch Nicht-Hochschulöffentlichkeit (insbesondere durch Pressevertreter und Mitglieder des Stadtrats) anwesend war, wurde die Veranstaltung als öffentlich markiert.
In der Eingangsrede erklärte Präsident Spoun, dass es nicht um das aktuell laufende Ermittlungsverfahren geht und auch nicht um den OLAF-Bericht, sondern viel mehr um die Campusentwicklung mit dem neuen Zentralgebäude. Spoun führte weiter die bisherige Entwicklung der Leuphana aus: von der Fusion, über das Studienkonzept hin zum gemeinsamen Campuskonzept. Einer der Kernpunkte des Konzeptes des Zentralgebäudes ist die gemeinsame Nutzung durch Leuphana, Stadt und Landkreis. Die Studierenden wurden über mehrere Seminare in die Konzeption und Gestaltung des Zentralgebäudes eingebunden.
Präsentation Zentralgebäude
Mit einer Präsentation startete der eigentliche inhaltliche Beitrag durch Holm Keller und Dipl.-Ing. Architekt Matthias Reese, Geschäftsführer RW+ Gesellschaft für Architektur (Verantwortlich beim Zentralgebäude für: Ausführungsplanung und Objektüberwachung). Beide stellten das Gebäude mit seinen Funktionen und Nutzen vor. Hierfür visualisierten beide es mit zahlreichen Illustrationen und erklärten jedes Stockwerk einzeln mit der Raumaufteilung und zukünftigen Funktionen.
Das neue Zentralgebäude zeichnet sich durch die 13.500 qm Nutzfläche, sowie den funktionellen Zusammenhang der vier Gebäudeteile (Studierendenzentrum, Forschungszentrum, Seminarzentrum, Veranstaltungszentrum) aus. Verschiedene Maßnahmen für die Freiflächenplanung, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Umweltaspekte wurden im Sinne der Nachhaltigkeit vorgenommen. Hierunter handelt es sich um die Begrünung von Dächern, Pflanzen von Bäumen, Regenwassermanagement und weitere Maßnahmen.
Der Bezug zu der Stadt ergibt sich durch die Nutzung des Zentralgebäudes. Die Stadthalle in Lüneburg wurde bereits vor einiger Zeit geschlossen und kürzlich abgerissen. Aus Sicht von Stadt und Landkreis ergibt sich jedoch einen Bedarf nach einem größeren Veranstaltungsort. Daher ist eine Nutzung des Zentralgebäudes als Veranstaltungszentrum für Stadt und Landkreis außerhalb der Kernnutzung der Leuphana möglich. Hierzu steht im zukünftigen Audimax entsprechende Technik und eine Bühnen- und Tribünentechnik bereit.
Räume zur Nutzung für Studierende, insbesondere durch studentische Initiativen, stehen in dem Gebäude bereit.
Eine Besonderheit stellt der Raum der Stille – auch bezeichnet als Interkonfessioneller Raum – dar. Diese 80 qm werden zur späteren Nutzung Vertretern der Religionen (Christlich, Katholisch, Jüdisch und Islamisch) zur Verfügung gestellt. Die Finanzierung des Raumes erfolgt durch eine gemeinschaftliche Finanzierung, bisher konnte leider keine Jüdische Gemeinde gefunden werden, mit einer Islamischen Gemeinde laufen derzeit Verhandlungen. Die Ausgestaltung des Raums ist in einem Seminar mit Studierenden und Daniel Libeskind entstanden. Keller erklärt, dass dieser Raum ungewöhnlich ist, weil auch nach intensiver Recherche kein ähnlicher Ort gefunden werden konnte, der gemeinsam von so vielen Religionen genutzt wird.
Sollten sich Änderungen gerade im Bereich der Forschungsflächen ergeben, so sind die Flächen im 4.OG sehr flexibel anpassbar, was die Aufteilung angeht. Im 5.OG und 6.OG befinden sich Einzelarbeitsräume, die durch Studierende kostenfrei belegt werden können, um beispielsweise in Ruhe ihre Abschlussarbeit schreiben zu können. Am höchsten Punkt im 7.OG befinden sich wiederum Seminarräume mit einem schönen Blick über Lüneburg.
Im Rahmen des gesamten Planungsprozesses haben sich verschiedene Änderungen ergeben, so wird die Maschinenhalle in Volgershall geschlossen werden und die Gerätschaften im Keller des Zentralgebäudes untergebracht. Hierzu ermöglicht der Gebäudekeller Raumhöhen von bis zu 5 Metern. Holm Keller betont, dass es sich um keine Verschlechterung für die Personen aus Volgershall handelt, da alle Geräte unterkommen.
Der aktuelle Baufortschritt wurde vom Architekten so beschreiben, dass das Kellergeschoss fertig ist und derzeit die Wände im Erdgeschoss errichtet werden. Geplante Fertigstellung laut Reese: August 2015.
Finanzierung
Der Kernpunkt der aktuellen Debatte ging um die Finanzierung des Zentralgebäudes. Hierzu bezog Holm Keller Stellung und präsentierte die Zahlen, die auch dem Stiftungsrat vorlagen, in seiner Sitzung Anfang Juni.
Gegenüber den ursprünglich geplanten Baukosten 2009 hat sich bisher eine Kostensteigerung in Höhe von 16,82 Mio. Euro ergeben. Dieses beruht auf den Umzug der Maschinenhalle aus Volgershall, Ersatz einer Vakuum-Verglasung, Indexsteigerungen, Verzögerungen beim Statiker, Wechsel eines Fachplaners, Energieoptimierung.
Die gesamten Baukosten betragen Brutto 77,12 Mio. Euro, hiervon subtrahiert sich ein Vorsteuerabzug in Höhe von 12,31 Mio. Euro welches nun die Gesamtkosten von Netto 64,80 Mio. Euro ergibt. Als verfügbare Mittel stehen 57,26 Mio. Euro bereit, die sich aus 46,31 Mio. Euro Fördermitteln und 10,96 Mio. Euro zweckgebundene Mittel der Stiftung Leuphana zusammensetzen.
Somit ergibt sich ein Nachfinanzierungsbedarf von 7,54 Mio. Euro Netto (Gesamtkosten Netto – verfügbare Mittel) – Dieser Nachfinanzierungsbedarf ist auch in der aktuellen Presseberichterstattung nachzulesen.
Für diesen Nachfinanzierungsbedarf gibt es Reserven in Höhe von 10,28 Mio. Euro, diese setzen sich wie folgt zusammen:
Nicht berücksichtige Einnahmen nach Fertigstellung des Zentralgebäude | 4,62 Mio. Euro | Verwertungserlöse Liegenschaften Rotenbleicher Weg, Volgershall Altbau |
Nicht berücksichtige Einnahmen nach Fertigstellung des Zentralgebäude | 5,66 Mio. Euro | Verwertungserlöse Liegenschaft Volgershall Neubau |
Summe – Nicht berücksichtige Einnahmen zur Deckung von Finanzierungsbedarfen | 10,28 Mio. Euro | |
Nicht berücksichtige Einnahmen nach Fertigstellung des Zentralgebäude | 11,04 Mio. Euro | Verwertungserlöse Veranstaltungsflächen Campus Scharnhorststr. inkl. Zentralgebäude – Auf insg. 30 Jahre gerechnet |
Summe – Reserve für die Zurückführung der Vorsteuer | 11,04 Mio. Euro |
Wieso es zu dem Nachfinanzierungsbedarf kommt, erklärt Keller anschaulich. In Niedersachsen dürfen Baukostensteigerungen (die entstanden sind) nicht budgetiert werden. Sie müssen mit Indexsteigerungen nachfinanziert werden. Daher gibt es für jedes öffentliche Gebäude einen Puffer in der Kalkulation. In der Vergangenheit lagen diese Baukostenindexierungen bei 2,8 % im Jahr nach statistischen Grundlagen. Da derzeit nicht abzusehen ist, wie sich dieser Indexwert ändert, kann noch keine genaue Prognose getroffen werden.
Nach Angaben von Keller hat die Leuphana eine Vorsorge getroffen in Höhe von 10,28 Mio. Euro, wie oben angegeben. Daher musste der Stiftungsrat kein Herangehen an Reserven oder Kreditmaßnahmen beschließen. Diese Reserven von 10,28 Mio. Euro würden ggf. weitere Kostensteigerungen decken. Es werden auch keine Mittel aus der Lehre verwendet. Aufgrund dieser Zahlen musste daher auch noch kein Notruf aus Lüneburg an das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) abgesetzt werden, da die Finanzierung gesichert ist. Ein Problem stellt jedoch die bisherige Transparenz in dem Verfahren da, da nun die zu erwartenden Verkaufspreise für die alten Liegenschaften öffentlich vorliegen. Das gestaltet die Verhandlungsposition gegenüber Interessenten als schwierig.
Zum Thema der Umsatzsteuerrückführung ist zu sagen, dass wahrscheinlich ca. 8,xx Mio. Euro über einen sehr langen Zeitraum zurückzuführen sind. Dieses Zurückführen beruht auf die Nutzung für Veranstaltungen und deren Mieteinnahmen. Die genauen Mieteinnahmen wurden noch nicht kalkuliert, jedoch sieht ein Gutachter, dass diese Einnahmen mehr als ausreichen, die Umsatzsteuer wieder zurückzubezahlen.
Da es Probleme mit einem Fachplaner am Gebäude gab, kam es zu Verzögerungen bei den Plänen. Die Leuphana ist hier aber zuversichtlich in Rahmen eines Regressverfahrens die zusätzlichen Kosten durch die Verzögerungen wieder hereinzuholen.
Bei den ersten Überlegungen zur Errichtung eines neuen Zentralgebäudes stand auch die Durchführung eines ÖPP-Verfahrens (Öffentlich-Private Partnerschaft, eine vertragliche Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privatrechtlich organisierten Unternehmen) im Raum. Dieses wurde jedoch später abgebrochen. Hierzu stehen nach Absprache mit dem MWK noch verschiedene Restmittel zur Verfügung.
Fragerunde
Nach rund einer Stunde Vortrag und Aufklärung erfolgte eine offene Frage- und Antwortrunde.
Ein Studierender fragte, ob Raum von Studium und Lehre durch Verkauf von Rotes Feld und Volgershall verloren geht und wie hoch der Raumverlust sei. Die Antwort von Keller erfolgte Prompt: Beschluss des Landeskabinetts zur Konzentration auf einen Standort. Raumprogramm wurde von MWK erlassen. Reese legt hier nach und nannte das Nachhaltigkeitskonzept, die Strecken zu verkürzen. Die Idee eines Campus sei, alles an einen Ort zu haben.
Wie hoch der Raumverlust ist, kann Keller jetzt nicht beantworten, würde es aber am Ende des Sommers eine Berechnung zur Verfügung stellen. Er stellte jedoch gleichzeitig heraus, dass die Universität ihren Gebäudebestand optimiert: in Form eines Austausches von schlechten und alten Gebäuden hin zu einem neuen Gebäude. Die Universität tut dies, ohne sich zu verschulden und keine Verpflichtungen gegenüber Dritten einzugehen.
Auf die Frage, ob die EU die Förderung aufgrund des OLAF-Berichts entziehen könnte, fiel die Antwort von Keller sehr kurz aus. Er würde gerne etwas dazu sagen, darf es jedoch nicht – jedoch hätte er viel zu sagen. Aber zu einem anderen Zeitpunkt und Ort kann dieses noch nachgeholt werden.
Ob es noch weitere Baukostensteigerungen gibt, kann man nie ausschließen, so Keller. Das haben viele größere öffentliche Projekte gezeigt. Die Wahrscheinlichkeit für Baukostensteigerungen ist jedoch deutlich geringer als vor 2-3 Jahren. Auch dass es zu solchen Verzögerungen aufgrund einer Fachfirma und einer Klage eines Nachbarn gekommen ist, konnte man nicht absehen und kalkulieren. Sollte es im schlimmsten Fall zu weiteren unerwarteten Kostensteigerungen kommen, so wird sich die Universität mit den Geldgebern zusammensetzten.
Nachhaltigkeitskonzept
Das Nachhaltigkeitskonzept vom Zentralgebäude stellte in einen rund 20-Minuten-Vortrag Oliver Opel von der Leuphana vor, der in das Forschungsprojekt „Klimaneutraler Campus und Energiesystem Leuphana Universität Lüneburg mit Wärmespeicher und Einbindung des Zentralgebäude-Neubaus als flexibler Niedrigexergie-Wärmeabnehmer“ involviert ist. Zuerst bekräftigte er jedoch erst mal die Aussagen von Keller und Reese, da er auch intensiv in das Projekt eingebunden ist und an den Meetings teilnimmt. Der Vortrag war sehr wissenschaftlich fundiert aufgebaut und ging auf technische Gegebenheiten ein.
Nachgelegt
Die Folien der Veranstaltung sollen demnächst auf der Leuphana-Webseite unter dem Punkt „Campusentwicklung“ verfügbar sein. Nach Ende des Sommers sollen auch die Berechnungen zu den Flächen vor und nach Wegfall der beiden anderen Standorte verfügbar gemacht werden. Die Universitätsgemeinschaft wird weiterhin über die aktuelle Entwicklung rund um das Zentralgebäude von der Leuphana informiert, dies war auch Wunsch aus der Versammlung heraus.
Autor: Christopher Bohlens