Partner sollten zusammenarbeiten und gemeinsam Probleme lösen. Allzu oft sind Beziehungen jedoch der Ort, an dem starke Frauen langsam und konsequent von ihren Männern gebrochen werden, ohne dass beide etwas davon bemerken würden.
Ich sitze mit einer Freundin zusammen in einem Café. Wir klammern uns beide an unsere Getränke und sind irgendwo zwischen Wut, Trauer und Frust. Wir haben über unsere Partnerschaften gesprochen und wie sehr uns diese belasten. Auch wenn wir unterschiedliche Sorgen und Nöte in Bezug auf unsere Partner haben, ziehen wir doch das gleiche Fazit: Wir fühlen uns nicht gesehen. Als Partnerinnen, Freundinnen, Gefährtinnen aber auch als Frauen, als sexuelle Wesen, als Akademikerinnen mit vielfältigen Interessen und Bedürfnissen. Unser Gefühl ist vielmehr, dass wir in den vergangenen Monaten auf unsere Rolle im Leben der Männer reduziert wurden. Und wir fragen uns: Wie konnte es soweit kommen?
Ich höre das oft aus meinem Freundeskreis. Frauen, die das Gefühl haben, vieles zu opfern und immer bemüht zu sein den Kompromiss zu finden, mit dem auch ihre Partner zufrieden sind und denen man im Gegenzug das Gefühl vermittelt, Heulsusen zu sein, oder schlimmer noch, Dramaqueens. Wenn unsere Gefühle verletzt wurden, dann, weil wir sie nicht gut genug geschützt haben. Wenn wir enttäuscht sind, dann, weil unsere Erwartungen zu hoch sind. Und wenn wir Probleme sehen, die für uns die gesamte Beziehung in Frage stellen, dann machen wir aus einer Mücke einen Elefanten.
Jedes unserer Argumente wird so gedreht, dass es am Ende auf uns selbst zurückfällt. Wir sollen Beweise vorlegen, als würden wir unseren Gegenüber des Mordes bezichtigen. „Was meinst du? Wann soll das gewesen sein?“ und schaffen wir es exemplarische Momente aufzurufen, die unsere Thesen unterstützen, werden wir für unser kleinliches Verhalten gescholten.
Eine Partnerschaft auf Augenhöhe heißt vor allem, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und Probleme zusammen zu lösen. Doch wie soll das gehen, wenn die Meinung des einen nicht zählt – wenn jemand sozusagen chronisch im Unrecht ist, falsch fühlt, denkt, interpretiert, lebt und liebt?
Und welchen Schluss soll man aus solchen Gesprächen ziehen? Den naheliegenden: Meine Meinung zählt nichts, also zähle auch ich nichts. Ich bin ein Nichts. Ein zickiges, unbequemes Nichts, das dankbar sein sollte dafür, dass der andere sich überhaupt die Mühe macht, sich mit mir und meinen Dummheiten zu beschäftigen. Und so verstummen unsere Stimmen. Unsere Blicke schweifen ab. Wir versuchen alles, um nicht mehr hören zu müssen, dass, was immer wir fühlen und zu sagen haben, bedeutungslos ist.
Sie wissen es nicht besser – und wir wissen es. Darum verzeihen wir unseren Partnern ihre Ignoranz und ihr fehlendes Einfühlungsvermögen. Und wenn wir vor Verzweiflung am liebsten schreien und weinen und alles um uns herum in kleine Stücke schlagen würden, nehmen wir sie in den Arm und sagen, es ist schon okay. Wir hören ihnen zu, wenn sie uns die Schuld geben und wenn sie sagen, sie würden ja etwas ändern, wüssten sie was. Wir ertragen es sogar, wenn sie behaupten, sie würden vermissen, wie wir früher waren: so selbstbewusst, so stark, so eigensinnig. „Wo ist diese Frau hin?“ Sie ist verloren gegangen bei dem Versuch, alles richtig zu machen. Und wir wissen selbst nicht, wie wir sie finden sollen, wenn wir gleichzeitig in die Unterwürfigkeit gedrückt werden.
Die Frage ist, ob solche kommunikativen Fehlkonstruktionen und ungesunden Beziehungen ein Symptom einer Zeit sind, in der jeder autark sein und gleichzeitig gehalten werden will, oder ob es nicht eher etwas mit männlichen Allmachtsansprüchen zu tun hat. Männer, die von klein auf darauf vorbereitet werden, alles fordern zu dürfen wonach ihnen der Sinn steht und die früh die Erfahrung machen, dass jeder sich verbiegt, um ihnen das Leben zu erleichtern. Es verwundert nicht wirklich, dass sie eigene Kompromisse für große Geschenke an ihre Mitmenschen halten, während jedes Nachgeben der anderen eine Selbstverständlichkeit zu sein hat.
Sollte tatsächlich eine geschlechterbasierte Erziehung Ursache dieses Problems sein, dann bleibt uns starken Frauen eigentlich keine Wahl. Um uns selbst wiederzufinden, müssen wir die Männer gehen lassen, die kein Interesse an Partnerinnen, sondern an Dienerinnen ihres Egos haben. Wir müssen uns zusammenschließen mit all den anderen starken Frauen und in unserer Gemeinschaft finden, was Männer uns zu geben vielleicht noch nicht bereit sind. Nicht, um sie zu strafen, oder aus Sturheit, sondern aus purem Selbstschutz. Keine von uns darf mehr verloren gehen, nur damit ein großer Junge das Gefühl behält, das Zentrum der Welt zu sein.
Autorin: Charlotte Reinbold