(CC) Foto: Martin Abegglen/Flickr.com

Vom Reisen auf Gleisen

Bahnfahren genießt einen schlechten Ruf unter Reisenden. Es dauert meist ewig, bis man sein Ziel erreicht und das fast nie pünktlich. Doch das Reisen mit dem Zug hat auch seine positiven Seiten.

(CC) Foto: Bastian/Flickr.com
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Der Plan: Von Hamburg nach Bozen, einem kleinen Städtchen im Tal der Südtiroler Dolomiten. Allerdings bewegen wir uns nicht, wie inzwischen üblich, durch die Lüfte dorthin. Sondern wir entscheiden uns für den Landweg. Als Transportmittel wählen wir den Zug. Auch wenn die Bahn nicht den besten Ruf unter den Reisemöglichkeiten hat, geben wir dieser nochmal eine Chance. Denn dem Bahnfahren sind durchaus positive Seiten zuzuschreiben. Dafür wird es sich hier einem Vergleich mit der gern genommenen Alternative „Fliegen“ unterziehen müssen. Es heißt jetzt also Flug versus Zug.

Man sagt, der Weg sei das Ziel. Beim Bahnfahren erfüllt sich dieser Leitsatz

Von idyllischen Dörfern mit kleinen alten Kirchen durch Großstädte mit weitaus moderneren und größeren Bauten. Mit der Zeit verändert sich diese Landschaft. Die flachen Maisfelder des Nordens werden nach einer Weile von sanften Hügeln abgelöst, bis diese sich gen Ende zu waschechten Gebirgen, den Dolomiten auftürmen. Auch frischt so eine Zugfahrt quer durch Deutschland geographisches Wissen auf. Als geborene Norddeutsche müssen wir die Annahme, dass alles, was in Deutschlands Mitte liegt, gleich Ruhrpott ist, wohl revidieren. Die weißen Flecken zwischen Hamburg und München werden auf der imaginären Karte mit Farben und Namen gefüllt.

Schon zu Beginn der Reise fällt uns ein vorteilhafter Charakter-Zug auf. Denn wir müssen nicht bereits zwei Stunden vor Abfahrt im Bahnhofsgebäude Zeit totschlagen, sondern könnten notfalls in letzter Sekunde in den Zug springen. Außerdem muss man beim Aussteigen nicht ewig auf seine vielleicht verschollenen Gepäckstücke warten. Das erspart einem viel Nervenkitzel und der Urlaub kann entspannt beginnen.

(CC) Foto: Martin Abegglen/Flickr.com
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Das Zugpersonal könnte etwas Stewardessen-Glamour vertragen

Sobald wir nun im Zug sitzen, fällt uns auf, wie viel Platz im Gegensatz zum Flugzeug für Beine und andere Körperteile bleibt. Den „Start“ und die „Landung“ können wir ganz entspannt „unangeschnallt“ erleben. Und auch nach langen Sitzphasen lässt sich mehr Strecke zu Fuß zurücklegen als nur die paar Meter zur Flugzeugtoilette. Die mitgebrachten Trombosestrümpfe sind daher wohl auch nicht nötig. Wenn der Zug mal ins Ruckeln kommt, wirkt das gleichmäßige Geratter eher einschläfernd und beruhigend. Bei Turbulenzen im Flugzeug krallen wir uns dagegen eher ins Sitzpolster oder malen uns bereits spektakuläre Absturzszenarien aus. Zug(!)egeben die Stewardessen im Flugzeug haben ein wenig mehr Glamour als das Zugpersonal. Auch können sie mit besseren Englischkenntnissen auftrumpfen (Beispiel: „Welcome on board the ICE“), aber dafür hat das Bahnrestaurant und der Snackwagen kulinarisch mehr zu bieten.

Fazit: Natürlich kann das Bahnfahren längere Reisewege, zum Beispiel über das Meer, nicht ersetzen. Für vergleichsweise kurze Strecken sollte man die Alternative Bahn aber durchaus einmal in Erwägung ziehen. Ein großer Aspekt, der vor allem für das Reisen auf Gleisen spricht: Bahnfahren ist der wohl umweltfreundlichste Weg zu Reisen. Auch wenn wir vielleicht schon Ökostrom beziehen und Biosprit tanken, gönnen wir uns beim Urlauben meist eine Extraportion CO2 und vergrößern so unseren ökologischen Flip-Flop-Abdruck innerhalb weniger Stunden. Vielleicht ist es Zeit, auch über den Alltag hinaus nachhaltig zu denken.

Autorin: Leona Specht