Verzicht – ein 40-tätiges Experiment (Woche 5)

EUnsere Autorin Laila über den Trend zu verzichten.

40 Tage gesundes Leben neigen sich dem Ende zu / (c) Laila Samantha Walter
40 Tage gesundes Leben neigen sich dem Ende zu / (c) Laila Samantha Walter

Ja – ich faste immer noch, und so langsam dämmert mir, dass ich mit der Verzichterei doch gar nicht so alleine dastehe wie gedacht.

Ich scheine mit meinem Verzichtsexperiment voll im Trend zu liegen. In der Barszene erzählen mir immer öfter Menschen von ihren Monaten ohne Alkohol, die sie einschieben, um die Leber zur Ruhe kommen zu lassen. Ein Freund von mir hat das ganze letzte Jahr ohne Alkohol gelebt. Wieder andere berichten von ihrem Vorhaben, ohne Gluten oder Weißmehl leben zu wollen. Davon bekommt man wohl strahlende Haut und einen knackigen Arsch. Rauchen ist ja schon lange out, Tiere essen sowieso, und wer in seiner WG-Küche noch immer keinen Haus-Kompost eingerichtet hat und nicht komplett auf Plastiktüten verzichtet, ist von vorgestern. Eine protzige Wohnungseinrichtung? Völlig unwichtig, genauso wie ein eigenes Auto. Wer hip sein will, lebt ein minimalistisches Leben, mit wenig Besitz und einem selbstgebauten Rennrad als einzigem Statussymbol.

Dieser Trend zum besseren Leben ist nicht nur im hippen Berlin, sondern schon längst auch in Lüneburg angekommen. Meine Kommilitoninnen und Kommilitonen scheinen alle Superhelden zu sein. Mit ihren Biobaumwoll-T-Shirts und ihrem Soja-Latte stehen sie in den Fluren und kommunizieren über Fair-Phones darüber, wie sie mal eben schnell die Welt verbessern könnten. Das richtige Handwerk dazu haben sie aus ihren Nachhaltigkeitsseminaren, die an der Leuphana selbst für BWL-Studenten unumgänglich sind.

Wann genau sind aus den coolen Pausenhof-Kiffern so urplötzlich Sauberfrauen und Besser-Leben-Experten geworden? Und wie soll man das finden? Für mich ein Trend der gerne länger bleiben darf als Hipster-Bärte und Smoothies. Schließlich ist wirklich nicht viel Schlechtes daran zu erkennen, dass wir besser auf unseren Planeten achten als noch unsere Eltern und wahrscheinlich dank Zigarettenabstinenz und Biofutter auch viel länger leben werden.

Jedoch bleibt die Frage, worauf wir zukünftig überhaupt noch verzichten können. Ist bei dem reduzierten Lifestyle eine Fastenzeit überhaupt noch zeitgemäß? Oder muss ich 2017 vielleicht einmal ganz auf den Verzicht verzichten?  40 Tage absolute Völlerei und Hedonismus – der totale Exzess. #FastenzeitIstPartyzeit!

Autorin: Laila Samantha Walter


Unsere Autorin Laila fastet nun seit über einem Monat. Fasten, das bedeutet für sie: kein Kaffee, kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Süßigkeiten – nichts, was Spaß macht. Eine Übersicht ihrer wöchentlichen Berichte findet ihr hier.