Am 15. Juli verklagte die EU-Kommission Ungarn gleich zweimal vor dem Europäischen Gerichtshof. Die beiden Klagen beziehen sich auf die Verletzung von Minderheitenrechten sowie die Verletzung der Medienfreiheit in dem EU-Staat.
Klage bezüglich der Verletzung von Minderheitenrechten
In der ersten Klage wird Ungarn die Missachtung von LGBTIQ-Rechten vorgeworfen: In dem EU-Land trat im Juli 2021 ein Gesetz in Kraft, das die Informationsverbreitung über Homosexualität und Transsexualität einschränkt. Dieses Gesetz verbietet Publikationen, die nicht-heterosexuelle Beziehungen darstellen und Kindern zugänglich sind. Zudem untersagt das Gesetz Werbung, in der Homo- und Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen.
Nicht nur die ungarische Opposition und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International haben das Gesetz verurteilt. Auch die EU-Kommission hat jetzt schärfer eingegriffen und Ungarn aufgrund der durch das Gesetz entstehenden Diskriminierung von LGBTIQ-Personen verklagt. Genau ein Jahr vor der Klage hatte die EU-Kommission bereits wegen dieser Angelegenheit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Laut EU-Kommission sei Ungarn jedoch unzureichend auf die im Vertragsverletzungsverfahren geäußerten Bedenken bezüglich der Gleichstellung und des Schutzes der Grundrechte eingegangen.
Klage bezüglich der Verletzung der Medienfreiheit
Bei der zweiten Klage gegen die Verletzung der Medienfreiheit bezieht sich die EU-Kommission auf das Vorgehen der ungarischen Regierung gegen den Radiosender Klubradio: Ungarns Medienbehörde hat den Antrag des Radiosenders abgelehnt, die im Februar 2021 auslaufende Lizenz für den UKW-Sendebetrieb zu verlängern. Seitdem darf Klubradio seine Sendungen noch über das Internet verbreiten, was die Reichweite des Radiosenders eingeschränkt hat. Bei Klubradio handelt es sich, nach Angaben der tagesschau, um den „wohl letzten professionellen unabhängigen Radiosender des Landes“.
Auch in dieser Angelegenheit hatte die EU-Kommission bereits im Juni 2021 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eröffnet. Da Ungarn nicht auf die Bedenken der EU-Kommission bezüglich der Bedingungen für Frequenznutzungsrechte eingegangen sei, leitete die EU-Kommission mit der Klage jetzt den nächsten Schritt ein.
EU-Mechanismen zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit
Die EU-Kommission ist die Kontrollinstanz der Europäischen Union. So wacht sie unter anderem die über die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Mitgliedsstaaten. Sieht die Kommission die Rechtsstaatlichkeit in einem EU-Staat gefährdet, kann sie ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Wenn Kommission und EU-Land zu keiner Einigung kommen, ist es der Kommission möglich, das EU-Land vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Auf Basis einer solchen Klage trifft der Europäische Gerichtshof dann ein Urteil. Kommt es aufgrund der Klage der EU-Kommission zu einer Verurteilung Ungarns, drohen dem Land hohe Geldstrafen.
Bild: Eu Eu-Kommission Brüssel Berlaymont Belgien – (c) pixabay