Aus dem Alltag zweier Ruderer. Montagmorgen, 6.30 Uhr. Morten Noskes Wecker klingelt, müde quält er sich aus dem Bett. Bereits eine Stunde später steht der 21-jährige BWL-Student im Vereinshaus seines Ruderclubs „Favorite Hammonia“ in Hamburg, zusammen mit seinen Teamkollegen und seinem Trainer. Noch sieht er ein wenig verschlafen aus, doch sobald das morgendliche Training beginnt, ist er hochkonzentriert. Zur selben Zeit sitzt Paul Nodinot, 23, am Frühstückstisch und stärkt sich für den bevorstehenden Tag. Dieser beginnt erstmal mit Uni – Paul studiert Biologie und Chemie auf Lehramt. Während er in der ersten Vorlesung sitzt, ist auch Morten unterwegs nach Lüneburg, um den Unialltag hinter sich zu bringen. Nach den Veranstaltungen machen sich beide auf den Weg zum Rudern – Morten, um das zweite tägliche Training nicht zu verpassen, Paul, um seine Jugendmannschaft beim Lüneburger Ruderverein „Wiking“ zu trainieren.
Im Gegensatz zu Morten, dem Leistungssportler, dessen Ziel die Nationalmannschaft ist, hat sich Paul der Jugendförderung verschrieben. Obwohl er durchaus Erfolge feiern konnte, wie zum Beispiel als niedersächsischer A-Männer Landesmeister, fehlen dem 23-Jährigen 10 cm Körpergröße, um richtig in den Leistungssport einzusteigen. Für Paul war der Wechsel auf die Trainerbank dennoch eine Chance, das weiterzugeben, was ihm seine Trainer einmal beigebracht haben. Die Arbeit mit Kindern mache ihm Spaß, sagt der Lehramt-Student, und es sei toll, die Fortschritte seiner Schützlinge zu sehen. So entschied sich Paul gegen den ständigen Wettkampfdruck und für die Jugendarbeit in seinem Verein.
Morten dagegen will genau diesen Druck spüren. Für ihn ist das Rudern schon lange viel mehr als ein Hobby. Als er mit etwa elf Jahren mit dem Sport begann – übrigens, weil seine Mutter sich weigerte, ihn ständig zum Fußballtraining zu fahren – hätte er vermutlich nicht erwartet, dass dieser so einen hohen Stellenwert in seinem Leben einnehmen würde. Im Jahr 2010 konnte er zweimal Silber bei den deutschen Jugendmeisterschaften holen. Das nächste Ziel: die WM. Dafür würde Morten sogar sein Studium erst einmal auf Eis legen. Auf die Frage, was die wichtigste Eigenschaft eines Ruderers sei, hat er eine klare Antwort: Kampfgeist. Natürlich gebe es immer mal wieder Phasen, in denen man am liebsten alles hinschmeißen würde. Aber wenn man sich aus diesem Loch hochkämpfe und die Erfolge sehe, wisse man, dass sich all die Strapazen gelohnt haben. Seine Prioritäten sind klar gesetzt, dennoch nimmt sich der BWLer bewusst Zeit für Freunde und andere Hobbys. So gewann er vor kurzem den Hochschullauf der Leuphana Universität, trinkt am Wochenende aber auch mal ein Bier mit Freunden auf der Dachterrasse des Vereinsheims, um anschließend eine lange Nacht auf dem Kiez zu verbringen. Am nächsten Morgen braucht er dann eben wieder die Disziplin, trotz Müdigkeit und Kater zum Training zu erscheinen.
Paul Nodinot und Morten Noske: zwei junge Männer, die den gleichen Sport lieben und ihn doch aus ganz unterschiedlichen Perspektiven sehen. Paul möchte zeigen, dass das Rudern für jeden etwas ist und dass nicht immer nur der Leistungscharakter im Vordergrund stehen muss. Er hat sich in seine Trainerrolle eingefunden und sich sogar deshalb dazu entschlossen, Lehrer zu werden. Morten dagegen will in die Nationalmannschaft kommen, international erfolgreich sein. Er arbeitet hart dafür, ist aber keineswegs verbissen. So verschieden Paul und Morten auch sein mögen, in einem sind sie sich sicher einig: Freude und Leidenschaft sind die Tore zum Erfolg. Denn nur, wer liebt, was er tut, kann auch wirklich gut darin sein.
Von Laura König