Univativ Filmrezension: A Ghost Story

„A Ghost Story“ ist ein zutiefst berührender und tiefgründiger Film. Regisseur David Lowery bringt große Themen wie Trauerbewältigung, den Sinn des Lebens und die Ungeheuerlichkeit von Zeit auf die Leinwand.

(c) Copyright Universal Pictures International France


Ein Geist, der ein Bettlaken auf dem Kopf trägt und durch zwei Augenlöcher guckt: Tatsächlich ist das ein Anblick, den das Publikum im Film „A Ghost Story“ relativ oft vor sich hat. Und nein, es handelt sich weder um einen Horrorfilm, noch um eine Komödie.

Die Geschichte der zwei Hauptpersonen, deren vollständigen Namen das Publikum nicht einmal erfährt, ist dabei so einfach wie unwichtig. Ein junges Liebespaar lebt in einem kleinen Haus, als der Mann, C, plötzlich bei einem Autounfall ums Leben kommt. M, gespielt von Rooney Mara, identifiziert die Leiche ihres Mannes im Krankenhaus und verlässt danach den Raum. Die Kamera aber bleibt minutenlang bei der Bahre mit dem toten Körper. Irgendwann steht C (Casey Affleck) wieder auf – und zwar als Geist mit seinem Laken über dem Kopf. Er folgt seiner Frau zurück in ihr nun traurig leeres Haus und muss als stiller Beobachter mit ansehen, wie der Verlust sie schmerzt.
Doch auch das Schicksal des Geistes wird nicht fröhlicher. Besonders beeindruckt dabei, dass trotz seines ausdruckslosen „Gesichts“ sehr starke Emotionen auf den Zuschauer übergehen. Zum Großteil liegt das an der eindringlichen Filmmusik, die zwar simpel, aber tief berührend ist.

Speziell einen Typ Szene gibt es besonders häufig in „A Ghost Story“: Lange Bilder, die einen bestimmten Kamerawinkel einfangen und diesen eine ganze Zeit beibehalten. David Lowery gibt seinen Charakteren Zeit, ihre Emotionen auf einzigartig realistische Art und Weise auszudrücken. Besonders beeindruckend wirkt das in den Zärtlichkeiten und der Intimität der Liebenden, C und M. Allerdings hat das langsame Tempo des Films, speziell in den Momenten der Trauer, auch einen etwas erdrückenden Effekt. Zeitweise wirkt der Film dadurch sogar etwas gewollt wie ein Arthaus-Film.

Das selten verwendete, aber interessante 1:1 Format zentriert die Personen und betont Fluchtpunkte. Durch geschickt gewählte Kamerawinkel schafft David Lowery somit perspektivisch interessante Aufnahmen. Nicht nur das Format ist besonders, auch die abgerundeten Ecken geben den Film einen gewissen „Vintage-Look“. Das kann man nervig und hipstermäßig finden. Andererseits erinnert das an alte Diabilder, die man sich mit seinen Großeltern angucken musste. Es unterstreicht den zeitlosen Touch, den der Film ausstrahlt.

Zeit spielt generell eine sehr entscheidende Rolle in „A Ghost Story“. Immer wieder bringt Lowery das Publikum durch Rückblenden, Zukunftsvisionen, teils sehr langsamen Szenen und wiederrum teils großen Zeitsprüngen durcheinander. Die Unendlichkeit der Zeit stellt sich dem kleinen Wert eines Menschenlebens gegenüber, das dagegen so unwichtig wirkt. Es ist spürbar, dass der Regisseur sich viele tiefgründige, aber eindeutig melancholische Gedanken über das Leben gemacht hat.

Ein Happy-Feel-Film ist „A Ghost Story“ also auf jeden Fall nicht. Aber er regt auch noch lange zum Grübeln an, wenn die Leinwand bereits schwarz ist. Sehenswert also für alle, die auch schon andere Arthouse beziehungsweise Indieproduktionen mochten, nichts gegen das langsame Tempo haben und sich auf tiefgründige Gedanken einlassen wollen.

Autorin: Charlotte Hochegger


Der deutsche Filmstart war am 7. Dezember 2017. In Lüneburg läuft dieser Film im Scala Programmkino – wahlweise auch im englischen Originalton. Die Spielzeiten findet ihr hier.