Univativ Filmkritik: The Batman

Der dunkle Ritter auf der Jagd nach dem Riddler. So geht modernes Blockbusterkino!

Inhalt

In seinem zweiten Jahr als maskierter Rächer bekommt es Bruce Wayne mit einem mysteriösen Serienmörder zu tun. Auf der Jagd nach diesem Mörder gerät Batman mit den unterschiedlichsten Gestalten der Unterwelt von Gotham City aneinander und begibt sich in einen Sumpf aus Korruption und dunklen Geheimnissen. Daraufhin wird er mit seiner Vergangenheit konfrontiert und muss das Vermächtnis seiner Familie und seine Rolle als Verbrechensbekämpfer hinterfragen. 

Produktionsgeschichte und Hintergrund

Die neuste Interpretation des dunklen Ritters THE BATMAN blickt auf eine bewegte Produktionsgeschichte zurück. Ursprünglich als Film über die von Ben Affleck in BATMAN V SUPERMAN und JUSTICE LEAGUE verkörperte Figur geplant, übernahm vor einigen Jahren Matt Reeves das Ruder bei dem Projekt. Der Film sollte nun eine von den bisherigen Filmen des sogenannten DC Extended Universe, zu dem auch Filme wie MAN OF STEEL oder WONDER WOMAN zählen, losgelöste Geschichte erzählen.

Mit seinen letzten beiden Filmen DAWN OF THE PLANET OF THE APES und WAR FOR THE PLANET OF THE APES hat Regisseur und Co-Drehbuchautor Matt Reeves vor kurzem erst bewiesen, dass er große Geschichten mit bewegenden Momenten auf die Leinwand bringen kann. Die Stärke dieser Filme zeigte sich in der emotionalen und charakterlichen Entwicklung der Hauptfigur, an dem ausbalancierten Einsatz von spannenden Nebenfiguren mit eigenen Geschichten und in der subtilen Verhandlung von Fragen nach Menschlichkeit, Loyalität und Identität.

Schließlich wurde verkündet, dass Robert Pattinson diese neue Version von Batman spielen werde. Da dieser vor allem für seine Rolle in der THE TWILIGHT SAGA bekannt geworden war, sorgte seine Besetzung bei einigen Fans für Unmut. In den vergangenen Jahren hat Robert Pattinson jedoch mit Filmen wie THE LOST CITY OF Z oder THE LIGHTHOUSE bewiesen, dass er in den verschiedensten Rollen glänzen kann.

Vermächtnis

Die Filme mit Ben Affleck einmal außer Acht gelassen, treten Regisseur Matt Reeves und sein Hauptdarsteller Robert Pattinson in die Fußstapfen von Christopher Nolan und Christian Bale. Deren THE DARK KNIGHT Trilogie stellt in den Augen vieler Fans eine der besten Adaptionen von Batman überhaupt dar. Die Geschichte erzählte zunächst von Bruce Wayne und seiner Erschaffung von Batman. Den Höhepunkt erreichten sie mit der legendären Konfrontation mit dem Joker, ehe auch der Fall und schließlich die fulminante Rückkehr Batmans erzählt wurden. Dabei wurden gekonnt Inspirationen aus den Comics mit einer an Realismus grenzenden Umsetzung verbunden. Wie stellt sich THE BATMAN nun diesem Vermächtnis?

Neue Blickwinkel

Zunächst einmal bietet THE BATMAN eine sehr neue Herangehensweise an den titelgebenden maskierten Rächer. Während der Produktion gab Regisseur Matt Reeves bereits bekannt, dass es sich bei seinem Film um eine Detektivgeschichte handeln würde. Und er hat offensichtlich nicht zu viel versprochen, denn der Film ist tatsächlich eine Art Detective-Neo-Noir-Thriller im dunklen Gewand eines Superheldenblockbusters. Batman wird hier auf der Leinwand erstmals als der meisterhafte Detektiv in Szene gesetzt, den er in vielen Comics bereits darstellte. Immer noch mit den Dämonen seiner Vergangenheit und Gedanken kämpfend, führt er eine Art Tagebuch, welches als Hintergrunderzählung zu hören ist. Der Film verbeugt sich damit vor seinen filmischen Vorbildern des Genres des Film Noirs und kann so ein passendes neues Merkmal hinzufügen, das zur düsteren Stimmung beiträgt. Hinzu kommt das verregnete Gotham City, welches selbst in der durchaus geerdeten THE DARK KNIGHT Trilogie noch nie so wunderschön düster, dreckig und realistisch ausgesehen hat. Ein Großteil des Films spielt bei Nacht und bietet durch den Einsatz der Drehorte in Liverpool und Glasgow die passend finstere Kulisse einer Stadt, die geprägt ist von Verbrechen und Korruption.

Doch auch abseits der Ausgangslage findet sich die neue Herangehensweise in Robert Pattinsons Interpretation von Bruce Wayne beziehungsweise Batman wieder. Denn obwohl hier eine neue Version des bekannten Superhelden zu sehen ist, spielt der Film im bereits zweiten Jahr seiner Karriere als Kämpfer gegen das Verbrechen. Auf eine klassische Origin Story, in der die Entwicklung von Bruce Wayne zu Batman erzählt wird, wird hier glücklicherweise verzichtet. Schließlich wissen vermutlich die meisten Zuschauenden, wie Bruce Waynes Eltern ermordet werden und wie es danach ungefähr weitergeht. THE BATMAN findet dennoch hervorragend subtile Momente, in denen Bruce Wayne mit dem Tod seiner Eltern konfrontiert wird, so dass dieser Teil seiner Geschichte auch weiterhin essentiell bleibt.

Charakternähe bei großer Geschichte

Bei der Zeichnung der Hauptfigur, aber auch bei den Nebenfiguren lässt sich Matt Reeves Stärke aus seinen vorherigen Filmen erkennen. THE BATMAN erzählt zwar auch eine große Geschichte über einen Superhelden und die Bekämpfung von Verbrechen in Gotham, bleibt aber dennoch sehr nahe bei seinen Charakteren. Es geht nicht nur um die Jagd nach einem Serienmörder, der mit seinen Rätseln und Verbrechen ein altes Geheimnis ans Licht befördern möchte, sondern auch um die Auswirkungen dieser Geschichte auf die einzelnen Figuren. Welche Rolle spielen sie in der großen Geschichte und was für Konsequenzen ergeben sich daraus für sie? Deshalb ist die Auflösung, um wen es sich bei dem mysteriösen Mörder namens Riddler handelt, nicht einmal unbedingt die spannendste Frage im Film. Was möchte der Riddler mit seinen Taten eigentlich bezwecken?

Robert Pattinson spielt Batman hervorragend mit einer gewissen physischen Präsenz. Obwohl er von einigen Gangstern noch nicht ganz ernst genommen wird, prügelt er sich bald mit unfassbarer Willenskraft in ihr Gedächtnis. Auch wenn sein Gesicht unter der Maske nur ansatzweise zu erkennen ist, kann Robert Pattinson viel über seine Augen transportieren. Da der Film größtenteils bei Nacht spielt, ist Bruce Wayne nicht besonders häufig zu sehen. In den wenigen Szenen ohne Maske verleiht Robert Pattinson ihm trotzdem eine gewisse Tiefe, die die Zuschauenden die innere Zerrissenheit seiner Figur spüren lässt. Auf der Suche nach Rache für den Mord seiner Eltern verliert sich Bruce Wayne sichtlich in seinem Alter Ego.

Doch auch die Nebenfiguren und ihre Darsteller:innen können überzeugen. Allen voran Zoe Kravitz als Catwoman, die eine elegante, zwielichtige und doch ehrliche Performance abliefert. Auch wenn sie zunächst von der Seitenlinie langsam in die Geschichte gerät, so ist sie dennoch von Bedeutung, besonders für den jungen dunklen Ritter, der in ihr eine Freundin und Verbündete sehen möchte. Doch lassen sich die Motivationen und Ziele der beiden wirklich miteinander vereinen? Kaum zu erkennen ist hingegen Colin Farrell als Oswald Cobblepot alias Pinguin, dessen Gesicht unter unzähligen Schichten Make-Up und Prothesen verschwindet. Nichtsdestotrotz oder vielleicht deswegen bleibt seine Darbietung im Gedächtnis. Jeffrey Wright macht mit Schnauzbart eine überaus gute Figur als James Gordon. Und Andy Serkis als Alfred Pennyworth bekommt zwar nicht sonderlich viel zu tun, kann aber in seinen wenigen Szenen als eine Art Vater- und Mentorfigur für Bruce Wayne überzeugen.

Zu guter letzt ist Paul Dano als Riddler eine eher stille, aber nichtsdestotrotz bedrohliche Wucht. Da er sein Gesicht wie Batman hinter einer Maske verbirgt, muss Paul Dano vor allem mit seiner Stimme und seiner Körpersprache arbeiten, was ihm mehr gut als gelingt. Die perfide Art und Weise, auf die seine Figur seine Opfer umbringt, zur Schau stellt oder foltert, zehrt dabei gleichzeitig an den Figuren und an den Zuschauenden. Der Film zeigt die Aufmerksamkeit der Medien für diesen Mörder und dessen Videos im Internet. Damit thematisiert er die möglichen Konsequenzen einer unbeobachteten und unkritischen Radikalisierung krimineller Energien im Internet und in den Medien. Interessant sind an dieser Stelle auch die unterschwelligen Ähnlichkeiten zwischen Batman und dem Riddler, die sich durch die meisterhafte Inszenierung ergeben. Der Film hinterfragt so auch in gewisser Weise den Mythos vom Helden, den er selbst heraufbeschwört. Lässt sich Batman nicht auch als Schurke betrachten? Immerhin kostümiert er sich und verprügelt bei seiner Selbstjustiz unzählige Menschen. Aber ist es wirklich diese Seite von Batman, die ihn zum Helden werden lässt, oder kann er mehr sein als ein kostümierter Schläger?

Atmosphäre in düsteren Bildern

Die bereits angesprochene Inszenierung der wunderbar düsteren, nassen und dreckigen Stadt unterstreicht in fast schon expressionistisch anmutenden Bildern die Ambivalenz des Films und seiner Figuren. In die verregnete Dunkelheit mischen sich rote und blaue Lichter, während die Stadt in einem rostigen, orangenen Schimmer erwacht. Auch in diesem Film spielt Batman weiterhin mit der Angst seiner Gegner, die das fürchten, was sie nicht sehen können und was sich im Schatten verbergen könnte. Eindrucksvoll setzen Kameramann Greig Fraser, der sich letztes Jahr erst für die epischen Bilder in DUNE verantwortlich zeigte, und sein Team den maskierten Rächer in Szene. Visuell beeindruckend wird dort mit Licht und Schatten und der markanten Silhouette des Protagonisten gespielt. An vielen anderen Stellen bleibt die Kamera an den Charakteren, vor allem mit Nahaufnahmen der Gesichter. Einerseits kann so das Innenleben der Figuren ohne Dialog transportiert werden, andererseits wirkt das teilweise auch rasante Geschehen auf diese Weise umso intensiver. Bei einer fulminanten Verfolgungsjagd rücken dadurch erstaunlicherweise die eigentlich so spannenden Explosionen in den Hintergrund und die Reaktionen der Figuren treten in den Vordergrund. Darüber hinaus kamen Kameralinsen zum Einsatz, die vor allem in den filmischen Vorbildern der 1970er Jahre, wie THE FRENCH CONNECTION oder CHINATOWN, verwendet wurden. Sie sorgen für gewissermaßen dreckigere Bilder. Der Fokus der Kamera liegt dabei meist in der Mitte des Bildes, während die Ränder unscharf gehalten sind. Der visuelle Stil setzt sich damit noch einmal deutlich von der im Vergleich dazu sauberen Optik der THE DARK KNIGHT Trilogie ab. Die Kameraführung erlaubt es den Zuschauenden außerdem in gewisser Weise, gemeinsam mit Batman die Rätsel des Riddlers zu lösen. Die Atmosphäre wird dabei ungemein mit der zurückhaltenden, aber dennoch epischen Musik von Michael Giacchino untermalt, so dass nicht nur einmal Momente mit Gänsehaut entstehen. 

Modernes Blockbusterkino

Mit einer Länge von 177 Minuten hat THE BATMAN darüber hinaus eine stolze Laufzeit zu bieten. Über diesen Zeitraum fällt es dem Film nicht leicht, ein konstantes Pacing, also Rhythmus und Geschwindigkeit der Erzählung, aufrechtzuerhalten. Doch die Zeit, die hier genommen wird, macht den Aufbau der Atmosphäre dieses Films überhaupt erst möglich. Außerdem wird so das ganze Ausmaß der Morde und ihrer Bedeutung für Gotham City deutlich. Auch die Nähe zu den Figuren braucht ihre Zeit, die aber gut investiert ist. Mit seinem visuellen Stil, der Kameraarbeit und dem langsamen Aufbau der Handlung, Spannung, Konflikte und Figuren hebt sich der Film aus den momentan vorherrschenden (Superhelden-)Blockbustern im Kino ab. Während in vielen dieser Filme schlecht ausgeleuchtete Szenen vor einem Greenscreen gedreht werden, die viele Bilder wie aus einem Werbefilm wirken lassen, ständig etwas Witziges passiert oder Dinge in die Luft fliegen, um dann von einem großen Moment begleitet zu werden, zeigt THE BATMAN, was mit künstlerischen Visionen und Fähigkeiten im Blockbusterkino möglich ist. 

Fazit

THE BATMAN ist seine bewegte Produktionsgeschichte nicht anzumerken. Der Film profitiert von der erzählerisch und visuell eindrucksvollen Vision der Filmschaffenden, die mit einem zwar zurückhaltend, aber trotzdem stark spielenden Hauptdarsteller eine in vielerlei Hinsicht spannende und düstere Version des dunklen Ritters auf die Leinwand bringen.


Am 3. März 2022 erschien der Film in Deutschland. Aktuell läuft der Film im Filmpalast Lüneburg in der deutschen Synchronisation. Weitere Informationen zum Film und Tickets hier.

Foto: ©Elijah O’Donnell auf Pexels