Univativ Filmkritik: Madame Aurora und der Duft von Frühling

Frankreich im Frühling. Eine Frau über 50 sucht ihr Glück im Leben und in der Liebe und versucht alle aufkommenden Hindernisse zu meistern. Ähnlich aufgebaut wie ein Coming-of-Age Film, entdeckt sich die Hauptfigur in diesem Lebensabschnitt neu.

Aurore (Agnès Jaoui), eine Frau über 50, lebt getrennt von ihrem Mann, mit dem sie zwei erwachsene Töchter hat. Sie ist zufrieden mit ihrem Leben. Glücklich sogar. Doch dann kündigt sie ihren Job im Restaurant: Ihr Vorgesetzter, ein Hipster, Mitte 30, besteht darauf sie „Samanthe“ zu nennen, da dieser Name seiner Ansicht nach „sexier“ klingt als Aurore. Nun beobachtet sie, wie ihre zwei Töchter in die nächsten Phasen ihrer Leben eintreten. Ihre jüngste, sich noch im Teenageralter befindende Tochter Lucie zieht mit ihrem exzentrischen Musikerfreund nach Barcelona und ihre Älteste, Sarah, ist (nach Aurores Geschmack, zu früh) schwanger.

Wenn eine Frau über 30 ist, geht’s bergab

So versucht ihr Arzt ihr den Grund ihrer Menopause zu erläutern, an der sie zusätzlich zu allem auch noch leidet. Neben Hitzewallungen und Arbeitslosigkeit sieht sie unerwartet ihre erste große Liebe, Totoche (gespielt von Thibault de Montalembert), wieder. Das Wiedersehen sieht Totoche nicht unbedingt als etwas Positives an, da er ihr die Trennung 25 Jahre zuvor noch nicht verzeihen konnte.

Es wird eine Gesellschaft gezeigt, in der es hauptsächlich ums Jung- und Erfolgreichsein geht. Da kann es schwierig sein das Älterwerden zu akzeptieren. Genau dieses Problem hat Aurore. Wieder sowohl in der Datingwelt, als auch bei der Arbeitssuche erfolgreich zu sein, erscheint ihr problematisch. Sympathisch und mit viel Humor teilt die Regisseurin Blandine Lenoir (Gewinnerin eines Césars in der Kategorie „Bester Kurzfilm“) die Probleme, die mit dem Alter auftreten und sonst eigentlich von der Filmindustrie ignoriert werden. Aurore ist von vielen weiteren interessanten weiblichen Charakteren umgeben. Auch deren Welten und Erfahrungen werden auf charmante Art und Weise mit leicht feministischem Unterton dargestellt.
Das Setting, die Charaktere und die Handlung sind angenehm. Es ist ein (Liebes-) Film, den man durchaus als solide beschreiben kann, mit einem erfrischenden Drehbuch und amüsantem Dialog.

Frauen über 60 sind ganz klar die Zielgruppe dieses Filmes, was keineswegs etwas Schlechtes sein muss, jedoch sollte man sich dessen bewusst sein, bevor man Tickets kauft.

Ein Meisterwerk ist es nicht, aber es muss ja nicht immer Ben Hur sein, oder?

 

 

(c) Karé Productions


Der deutsche Filmstart war am 26. April 2018. In Lüneburg läuft dieser Film im Scala Programmkino – wahlweise auch im französischen Originalton. Die Spielzeiten findet ihr hier.