Univativ Filmkritik: Lady Bird

Von den Kritikern heiß gelobt und für fünf Oscars nominiert: „Lady Bird“ ist ein Film, der vieles auf den Punkt bringt. Als Coming-Of-Age Drama/Komödie zeigt er, wie schwierig es sein kann, erwachsen zu werden. Dabei wird besonders Christine’s Beziehung zu ihrer Mutter auf die Probe gestellt. 

Christine „Lady Bird“ McPherson lebt in Sacramento, Kalifornien – einer 500.000 Seelen Stadt. Die Geschichte erzählt ihr letztes Jahr auf einer streng christlichen High School. Lady Bird, wie sich sich selbst getauft hat, hat vom Kleinstadtflair, der Kirche und überhaupt dem Jahr 2002, gewaltig die Nase voll. Am liebsten würde sie an die Ostküste ziehen und ein künstlerisches Freigeistleben führen. Deshalb bewirbt sich Christine an den dortigen Colleges. Die Chancen stehen allerdings schlecht, denn ihre Noten sind nicht gut genug und Geld hat die Familie auch nicht viel. Trotzdem lässt sich Lady Bird nicht von ihrem Plan abbringen. Sie lebt nach der Einstellung: Wenn man nur hartnäckig genug ist, kann man alles erreichen. Neben den Sorgen um das zukünftige College, beschäftigen Lady Bird auch andere typische Teenager-Themen: Während des letzten High School Jahres lernt sie gleich zwei sehr verschiedene junge Männer kennen, hat Streit mit ihrer besten Freundin und findet sich ständig in Auseinandersetzungen mit ihrer Mutter wieder.

Nur ein Teenie-Highschool Film?

Nun könnte man annehmen, „Lady Bird“ wäre ein typischer Teenie-High-School-Film (Oder aber nach dem Filmplakat zu urteilen, ein etwas hipsterig gewordener Indie-Arthouse Streifen). Während des Filmes hegt man als Zuschauer auch einige Male die Angst, er könne in diese Richtung abdriften. Die Bedenken stellen sich jedoch als unbegründet heraus, denn als stereotyp kann man „Lady Bird“ gerade nicht abstempeln. Auf sehr pointierte Art und Weise geschriebene Dialoge lassen die Szenen real wirken und den schon tausendmal gesehenen Stoff doch so einzigartig und frisch daherkommen. Greta Gerwig, die Regisseurin und Drehbuchautorin, kennt man eigentlich  als Schauspielerin (z.B. aus „Jahrhundertfrauen“ und „Francis Ha“). „Lady Bird“ als ihr Regie-Debüt beinhaltet einige autobiographische Elemente, denn auch Gerwig ist in Sacramento großgeworden. Vielleicht ist die provinzielle Stadt deshalb in so romantischem Licht dargestellt. Bei so warmen Farben kann man Lady Bird in ihrer Abscheu gegenüber Sacramento fast nicht verstehen.

Eine komplizierte Mutter-Tochter Beziehung

Was den Film neben dem Drehbuch noch trägt, ist die besondere Schauspielleistung von Saoirse Ronan (Christine „Lady Bird“ McPherson) und Laurie Metcalf (als Mutter von Lady Bird). Das dynamische Zusammenspiel der beiden zeigt eine ambivalente Beziehung von Mutter und Tochter, die sich eigentlich lieben, es einander aber weder sagen, noch zeigen können. So wird der Film generationenübergreifend. Auf der einen Seite ist da die Tochter, die bemerkt, dass sie langsam zu alt für ihr Elternhaus ist. Auf der anderen Seite die Mutter, die nicht verstehen kann, dass ihr Kind seinen eigenen Weg gehen will. Diese „Hassliebe“ wird meist in kurzen Szenen dargestellt, die mit klaren Worten oder Gesten auch einfach mal abbrechen.

Die unperfekte Indie-Heldin

Alles in allem ist „Lady Bird“ eine wirklich gut gelungene Tragikkomödie. Die romantische Stimmung der Aufnahmen in Sacramento, die ruhige Kameraarbeit mit Arthouse-Touch, das pointierte Drehbuch und das dynamische Schauspielduo von Mutter und Tochter machen den Film sehr sehenswert! Am sympathischsten ist allerdings immer noch die Figur Lady Bird selbst. So sehr sie eine freigeistige Indie-Heldin sein möchte: eigentlich weiß sie selbst gar nicht, was das bedeutet. Und deshalb schafft es der Film, selbst das Hipster-Klischee abzustreifen und sich frei von Schubladen-Denken zu machen.

 

Titelbild: © Universal Pictures / Merie Wallace, courtesy of A24

 


Der deutsche Filmstart war am 19. April 2018. In Lüneburg läuft dieser Film im Scala Programmkino – wahlweise auch im englischen Originalton. Die Spielzeiten findet ihr hier.