Univativ Filmkritik: Happy Burnout

Systemverweigerer und Lebemann Fussel will nicht arbeiten. Um zu vertuschen, dass er seit Jahren Hartz 4 bezieht, ohne einen Finger zu rühren, lässt er sich in eine Burnout-Klinik einweisen. Aber auch ein leichtes Leben ist nicht ohne Sorgen.

Altpunk Fussel (Wotan Wilke Möhring) zieht zur Therapie in eine Burnout-Klinik ein. / ©Bild: Youtube

Protagonist Fussel (Wotan Wilke Möhring) erwacht in einem Zelt in seiner Wohnung. An der Wand eine Waldtapete und er selbst in Leopardenbettwäsche gehüllt, beginnt er seinen Tag zunächst mit einem kräftigen Fingertunk ins Nuss-Nougat-Creme-Glas und einem Kaffee, den er von einer älteren, unter ihm lebenden Mieterin per Körbchen und Seil auf seinen Balkon transportiert bekommt.

Der 43-jährige Hamburger ist Systemverweigerer, Schmarotzer und Frauenheld, der sein Leben genießt – ohne jemals gearbeitet zu haben.

„Sie beziehen Hartz 4, seit es Hartz 4 gibt.“

Auf dem Arbeitsamt duldet seine Sachbearbeiterin Frau Linde (Victoria Trautmannsdorf) seine Abneigung gegen Berufe und das Geldverdienen – hilft der charmante Fussel doch beispielsweise dem kleinen geflüchteten Ali, der so einsam ist und nun auch noch unter Tourette leidet. Eine interne Prüfung zwingt die Gutgläubige jedoch zum Handeln, denn die könnte sie den Job kosten und Fussel in Obdachlosigkeit oder Gefängnis bringen. Es ist alles vorbereitet: Fussel wurde Burnout attestiert und soll nun – begleitet vom Leitfaden „Burnout für Dummies“ – in einer Klinik therapiert werden.

Ein Punk mit Burnout

Der – alles andere als ausgebrannte – Systemverweigerer findet sich schließlich zwischen Menschen wieder, die an Stress, Überlastung und Überarbeitung zerbrochen sind. Das Klinikpersonal durchschaut den Wolf im Schafspelz recht schnell, bemerkt aber auch seine positive Wirkung auf die anderen Patient*innen, sodass es zu einem Deal zwischen beiden Parteien kommt: Fussel soll fortan als „Undercover-Patient“ seine neuen Freund*innen aufmuntern – aber auch Fussels Leben ist nicht gänzlich ohne Sorgen.

Authentisch und witzig, kitschig und leicht vorhersehbar

Der Film behandelt mit der Krankheit Burnout ein viel besprochenes und stets aktuelles Thema auf humorvolle Art und Weise. Wotan Wilke Möhring verkörpert einen sehr authentischen Fussel mit ständigem Wechsel zwischen Witz und Tiefe. Während „Happy Burnout“ wie der Trailer zunächst unterhaltsam beginnt, wird er im letzten Drittel dann aber doch etwas langweilig, obwohl die Geschichte hier erst beginnt ihren Lauf zu nehmen.
Leider wird ab dieser Stelle der Film auch sehr oberflächlich, gar kitschig und vorhersehbar.

Zum Ende werden die anfänglich authentisch umgesetzten gesellschaftskritischen Ansätze schließlich Rosamunde-Pilcher-like mit einem unnötigen Druck auf die Tränendrüse schon fast wieder in Vergessenheit gedrängt. Wenn man sich davon nicht groß beeindrucken lässt und einfach entspannte, zum Lachen anregende Stunden verbringen möchte, trifft man mit „Happy Burnout“ sicherlich eine gute Wahl.

Autorin: Larissa Besler


Im Scala ist der Film zunächst bis zum 3. Mai 2017 zu sehen. Hier geht’s zu den Spielzeiten.

Bundesweiter Filmstart war am 27. April 2017.