Sascha Spoun - (c) Jan Vetter, Universität Göttingen

Uni-Präsident Spoun bleibt in Leuphanien

In den letzten Tagen ging es heiß her um die Personalia Sascha Spoun. Der designierte Präsident der Universität Göttingen machte nun einen Rückzieher und bleibt weiter Präsident an der Leuphana Universität Lüneburg. Was sich bisher abgespielt hat, könnte der Stoff für ein neues Theaterstück sein.

Zahlreiche Medien haben in den letzten Tagen und Wochen über die Personalia Sascha Spoun berichtet. Am 20. Juni 2019 wählte der Senat der Georg-August-Universität Göttingen Sascha Spoun zum neuen Präsidenten. Die neue Amtszeit sollte zum 01. Januar 2020 beginnen, jedoch teilte Spoun mit, dass eher ein Wechsel im Laufe des Jahres 2020 wahrscheinlicher sei, da noch eine Übergabe in Lüneburg gemacht werden sollte. Gerade noch im Januar 2019 verlängerte der Senat der Leuphana Universität seine dortige Amtszeit für weitere acht Jahre.

Aber nun kam alles anders wie gedacht. Präsident Spoun erteilte der Universität Göttingen am 21. August 2019 eine Absage. Ein unterlegender Mitbewerber hatte bereits vor dem Verwaltungsgericht in Göttingen ein Verfahren angestrebt. Begründung: Mangelnde Transparenz des Verfahrens und eine Absage an die Kandidierenden gab es trotz Pressemeldungen nicht, daher fordere man Akteneinsicht. Die weitere Kritik war, dass am Anfang des Auswahlverfahrens für einen neuen Präsidenten der Universität Göttingen Sacha Spoun hier als externer Berater fungierte um bei der strategischen Entwicklung der Göttinger Uni zu beraten. Doch dann, so Spoun, stellten er und andere Beteiligte während des Verfahrens fest, dass er selber ein guter Kandidat sei und er selber seinen Hut in den Ring warf. Am Ende wählte ihn der Göttinger Hochschulsenat selber zum neuen Universitätspräsidenten.

Die Kritik an diesem Auswahlverfahren wurde von rund 100 Göttinger Wissenschaftler*innen mitgetragen, so wurde darum gebeten, die damalige Wahl im Juni zu verschieben. Einige Personen aus Göttingen berichten, dass die Wahl schnell durchgedrückt werden sollte, eben um den Kandidaten Spoun durchzusetzen. Formale Kritik gab es an den fehlenden Qualifikationen von Spoun, da dieser nicht habilitiert, also kein richtiger Professor sei und auch nur als Gast-Professor an der Hochschule St. Gallen lehrte. An der Leuphana Universität Lüneburg übernimmt Sascha Spoun keinerlei Lehre, sondern ist Vollzeit-Präsident. Daher wird sich Sascha Spoun nun in Zukunft wieder der Leuphana widmen und die Universität Göttingen kann ein neues Verfahren einleiten zur Findung eines Präsidenten oder andere bisher unterlegende Bewerber*innen kontaktieren und diese anfragen.

Weitere Medienmeldungen zum Thema:

Deutschlandfunk, Forschung und Lehre, Tagesspiegel, Göttinger Tageblatt, HAZ, Tagesspiegel, NDR

Update 22.08.2019 9:30 Uhr – Der AStA hat seine Stellungnahme zu dem Verbleib von Spoun veröffentlicht. Der AStA schreibt u.A.: „Auch nach seinem überraschenden Verbleib an der Universität Lüneburg bleibt unsere bisherige Kritik bestehen. Sei es beim Thema Neubau, Transparenz, demokratische Hochschule, dem Verständnis von Studium und Lehre oder der Priorisierung von Management- und Marketingprozessen. Stattdessen wünschen wir uns, wie bereits in der Pressemitteilung vom 19.06. gefordert, die Zuwendung der Forschung und Lehre zu gesellschaftlich brisanten Themen wie der Klimakrise, dem politischen Rechtsruck oder der zunehmenden Wissenschaftsfeindlichkeit.“ und weiter: „Für uns stellt sich nach dieser kurzfristigen Umentscheidung nun die Frage, in wie weit perspektivisch mit einer konstanten Zusammenarbeit für die restliche Amtszeit bis 2028 gerechnet werden kann. Muss davon ausgegangen werden, dass das Spiel bei der nächstbesten Option, eine andere Hochschule zu leiten, erneut beginnt?“

 

Begründung Sascha Spoun vom 21. August 2019:

„Die Göttinger Findungskommission hatte mich im März angesprochen, um mich als einen möglichen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Universität Göttingen zu gewinnen. In diesem Zusammenhang hatte ich mich jedoch nur bereit erklärt, als Experte für Wissenschafts- und Hochschulmanagement zu Gesprächen im April und Mai über Lage, Perspektiven, strategische Herausforderungen und Chancen der Universität Göttingen zur Verfügung zu stehen. Weder hatte ich mich um die Position des Präsidenten der Universität Göttingen beworben, noch kannte ich die Bewerberinnen und Bewerber oder gar deren Unterlagen. Zu keinem Zeitpunkt habe ich die Findungskommission bei der Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten beraten. Für die Gespräche habe ich keine Vergütung erhalten.

Nach diesen Gesprächen wurde ich von der Findungskommission im Mai nochmals nachdrücklich gebeten, für eine Kandidatur als Präsident zur Verfügung zu stehen. Ich habe dies dann unter der Voraussetzung in Aussicht gestellt, dass im Vorfeld zu führende Gespräche sowohl mit den Senatsmitgliedern als auch mit Funktionsträgern, insbesondere den Dekaninnen und Dekanen, Forscherinnen und Forschern sowie Vertretungen der Studierenden, der Mitarbeitenden und des Personalrats positiv verlaufen und so ein aussichtsreiches Interesse an gemeinsamer Arbeit für die Entwicklung der Universität erkennbar werden würde. Erst nach diesen Gesprächen und weiteren ausführlichen Erörterungen mit dem Göttinger Senat, die im Juni stattfanden, habe ich mich dann für eine Wahl zur Verfügung gestellt.

Dass mich Senat und Stiftungsausschuss daraufhin mit großer Mehrheit zum Präsidenten der Universität Göttingen gewählt haben, ehrt mich sehr. Seitdem habe ich weitere Gespräche in der Universität führen können. Diese haben einerseits nachdrücklich deutlich gemacht, welch großes Potential die Universität Göttingen für ihre weitere Entwicklung hat. Sie ließen andererseits aber auch erkennen, dass sich die Universität mit Blick auf ihr Selbstverständnis in einer schwierigen Lage befindet.

Mit großem Erstaunen habe ich jetzt zur Kenntnis nehmen müssen, dass es offenbar formale Fehler bei der Dokumentation einzelner Auswahlschritte gegeben haben soll und daher erhebliche Zweifel an der Rechtskonformität des Wahlverfahrens bestehen. Dies ist mir von der Universität Göttingen im Vorfeld einer Reaktion der Universität auf einen beim Verwaltungsgericht Göttingen anhängigen Antrag eines Bewerbers um das Präsidentenamt mitgeteilt worden.

Wenn derart schwerwiegende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Besetzungsverfahrens vorliegen, kann und will ich für dieses Amt nicht zur Verfügung stehen. Darüber hinaus bin ich überzeugt, dass sich die Herausforderungen, denen sich die Universität gegenübersieht, nur bei großer Einigkeit über Ziele für die künftige Entwicklung und die Wege dorthin bewältigen lassen. Dies erscheint mir in der aktuellen Situation nicht gegeben. Deshalb habe ich mich entschlossen, das Amt des Präsidenten der Universität Göttingen nicht anzutreten. Mit diesem Schritt verbinde ich auch die Hoffnung, dass es der Universität gelingt, zügig einen Ausweg aus der für die Universität schwierigen Situation zu finden. Der Universität Göttingen wünsche ich viel Erfolg für ihre weitere Entwicklung.

Ich werde mich weiter wie bisher mit aller Kraft und Kreativität für die Leuphana Universität Lüneburg einsetzen. Ihre dynamische Entwicklung in den vergangenen Jahren darf als erfolgreich angesehen werden. Auch mit Blick auf die kommenden Jahre verfügt die Leuphana über ein enormes Potential, an dessen Entwicklung ich gemeinsam mit der Universitätsgemeinschaft weiterarbeiten werde.“


Foto: Prof. Dr. Sascha Spoun. Foto: Universität Göttingen / Jan Vetter

Christopher Bohlens

Schreibt immer irgendwas über Hochschule, Politik oder Veranstaltungen, wo es so richtig kracht. Liebt investigativen Journalismus und beschäftigt sich viel mit Daten.

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