Die Änderung der Rahmenprüfungsordnung (RPO) wurde vor einem Monat beschlossen. Protest und Änderungsanträge der Studierenden hatten keinen Erfolg. Der Weg für eine strengere Anwesenheitspflicht, striktere Prüfungsplanungen und Fristen wurden auf den Weg gebracht. Auch eine Studierendeninitiative nach §20a NHG (Unterschriftenaktion) mit rund 3.300 Unterschriften hat keine Änderung bewirkt.
Die Univativ bat einige Akteure rund um die Leuphana um Stellungnahme zu den Änderungen der Rahmenprüfungsordnung an der Leuphana. Von einigen Unterstützern, Begleitern und den lokalen Wirtschaftsverbänden gab es keine Rückmeldung. Andere äußerten, dass man die Vorgänge an der Leuphana nicht kommentieren möchte.
Rückmeldung vom MWK
Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur in Hannover (MWK) zeigte sich auskunftsfreudiger, weshalb wir die Stellungnahme ungekürzt wiedergeben. Die Links zu den Verweisen haben wir ergänzt.
A) Wie bewertet das MWK, die Änderung der RPO in Lüneburg generell?
Für die Prüfungsordnungen ist grundsätzlich der Fakultätsrat der Hochschule zuständig (§ 44 Abs. 1 S. 2 NHG) und bei fakultätsübergreifenden Studiengängen der Senat (§ 41 Abs. 1 S. 2 NHG). Es handelt sich dabei um Selbstverwaltungsangelegenheiten im Rahmen der Hochschulautonomie. Insgesamt sind die von der Hochschule vorgenommenen Änderungen aus prüfungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Hochschule hat nach einem längeren Diskussionsprozess die Regelungen auf einzelne Anwendungsbereiche beschränkt, die letztlich der Sicherung des Studienerfolgs dienen sollen.
B) Wie bewertet das MWK, dass künftig Studierende nur 20 % Fehlzeiten haben dürfen und kein Ärztliches Attest / Krankschreibung dies entschuldigt.
Die Hochschule muss bei Prüfungen insbesondere sicherstellen, dass vor dem Hintergrund von Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz die Prüfungen so strukturiert und durchgeführt werden, dass die Chancengerechtigkeit gewahrt und der Studienerfolg nicht gefährdet wird. Dazu gehört auch die Begrenzung von Fehlzeiten. Das Verlangen eines formellen Nachweises der Teilnahme an einer Lehrveranstaltung ist bei interaktiven oder praktischen Lehrveranstaltungen wie Übungen, Seminaren und Praktika als Voraussetzung der Zulassung zu Prüfungen möglich.
Die zurückliegende Pandemie-Jahren haben einerseits die Innovationskraft digitaler Lehr-/Lernformate verdeutlicht, andererseits aber auch die Herausforderungen des Distanzlernens. Die Leuphana ist eine Präsenzuniversität, die auf überschaubare Veranstaltungsgrößen und insbesondere auf interaktive, lebendige Lehr- und Lernformate von hoher Qualität setzt und im Sinne einer zeitgemäßen Lehr- und Lernsituation die Einbindung digitaler Elemente in die Lehre und bei Prüfungen ermöglicht.
C) Wie bewertet das MWK, dass die Studierendeninitative trotz 3.000 Unterschriften zu keiner Veränderung geführt hat.
Nach § 20a Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) können die Studierenden der Hochschule verlangen, dass ein Organ der Hochschule über eine bestimmte Angelegenheit, für die es nach diesem Gesetz zuständig ist, berät und entscheidet. Diese Studierendeninitiative muss von mindestens drei Prozent der Studierenden der Hochschule unterzeichnet sein. Das Nähere regelt die Grundordnung. Hat ein Antrag einen Gegenstand zum Inhalt, für den der Senat oder der Fakultätsrat zuständig ist, so soll die Beratung und Beschlussfassung dieses Organs hochschulöffentlich erfolgen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass sich die Studierenden Gehör verschaffen und ihr Anliegen hochschulöffentlich diskutieren können. Die Anliegen der Studierenden sind ernst zu nehmen. Eine Studierendeninitiative kann aber – schon aus rechtlichen Gründen – nicht dazu führen, dass bestimmte Forderungen umgesetzt werden müssen.
D) Wie sieht das MWK die aktuellen Mehrheiten im Senat verteilt. Die Professorale Mehrheit ist durch das Urteil des BVerfG gesichert, ist das noch zeitgemäß oder wäre eine 1/4 Parität wünschenswert?
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Urteil aus dem Jahr 1973 klar zum Ausdruck gebracht, dass Professoren und Professorinnen bei Entscheidungen, die „unmittelbar die Lehre“ betreffen, mindestens die Hälfte der Stimmen haben müssen. Außerdem muss bei Entscheidungen, die unmittelbar Fragen der Forschung oder die Berufung von Professorinnen und Professoren betreffen, diesen ein „weitergehender, ausschlaggebender Einfluss vorbehalten bleiben“. Außerdem gab es Vorgaben zum Ausschluss eines Stimmrechts der MTV-Gruppe in Berufungsverfahren. Eine Viertelparität entspräche nicht diesen Vorgaben.
Die Vorgaben des BVerfG für grundlegend wissenschaftsrelevante Angelegenheiten sind durch § 16 Abs. 3 und § 26 Abs. 2 NHG umgesetzt. Zu den grundlegend wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten zählen u.a. neben Berufungsangelegenheiten, der Forschungsplanung und der Planung des Lehrangebotes auch die Festlegung und Durchführung von Studien- und Prüfungsordnungen.
Im aktuellen Koalitionsvertrag haben sich die diese Regierung tragenden Parteien zum Ziel gesetzt, das Hochschulgesetz zu novellieren und die Beteiligung der Studierenden bei den Fragen zu Studium und Lehre abzusichern. Die Beteiligungsrechte werden im Rahmen einer Novellierung des Hochschulgesetzes geprüft werden. Dabei sind allerdings verfassungsrechtliche Vorgaben ebenso zu beachten wie Erfahrungen aus der Praxis, die eine funktionierende Hochschule gewährleisten.
Rückmeldung vom Studierendenwerk OstNiedersachsen ehemals Studentenwerk OstNiedersachsen
In einem Statement vom Studierendenwerk, welches u.A. die Wohnungen, Mensen, psychologische Beratungsstelle, Finanzierungsberatung und BAföG Beratung betreibt, erhielten wir zurück:
Inwieweit die jetzt verabschiedete Lösung beiden Aspekten ausreichend Rechnung trägt, können wir nicht beurteilen. Wir begrüßen das klare Bekenntnis zur Präsenzuniversität, sehen aber auch, dass gerade Studierende, die in finanziellen Nöten stecken, gesundheitlich angeschlagen sind oder Betreuungsaufgaben wahrnehmen, ein besonderes Bedürfnis nach Flexibilität haben.
Weitere Presseartikel zum Thema:
- 16.02.2023 – Landeszeitung Lüneburg – Leuphana Universität Lüneburg verschärft die Regeln zur Anwesenheitspflicht für Studenten
- Landeszeitung Lüneburg – Senatssitzung: Warum der Frust bei den Studenten tief sitzt.
- 25.01.2023 – Streit um neue Prüfungsordnung der Universität Lüneburg
- Landeszeitung Lüneburg – Studierende der Leuphana Universität Lüneburg protestieren gegen geplante Änderungen an der RPO.
- 19.12.2022 – Hamburger Abendblatt – AStA der Leuphana Uni wehr sich gegen Änderungswünsche
Foto: Liebeskind-Bau Zentralgebäude Leuphana Universität – (c) Pixabay