Die Räumungen im hessischen Dannenröder Wald haben begonnen. Die Waldbesetzer_innen rufen zur Unterstützung auf – auch in Lüneburg wird protestiert. Unser Autor war bei den Protesten vor Ort.
„Danni bleibt!“ – die kämpferische Parole aus dem Dannenröder Wald (Danni) bei Marburg ist mittlerweile deutschlandweit auf den Straßen zu hören. Der Danni ist der letzte von drei Wäldern, die für die geplante A49 gerodet werden sollen. Der Konflikt hat eine lange Geschichte. Jahrzehntelange Kämpfe von Anwohner_innen und Klimaaktivist_innen, für eine nachhaltige Verkehrswende und gegen die Zerstörung von Ökosystemen, finden nun ihren Höhepunkt. In vielen Städten solidarisieren sich Menschen mit den Waldbesetzer_innen – so auch in Lüneburg.
Am Dienstagmorgen begann die Polizei mit der Räumung und marschierte in das ‚Danni-Camp‘ ein. Hundertschaften, Wasserwerfer, Räumpanzer – Der Tag X, auf den sich seit Monaten vorbereitet wurde, ist nun gekommen und doch wirkt es surreal. An dem Ort, wo seit einem Jahr die herrschaftslose Utopie gelebt wird, steht nun die geballte Staatsgewalt vor der Tür. Barrikaden werden geräumt, Aktivist_innen von den Bäumen geholt, die ersten Bäume fallen. Nach und nach sollen alle 13 Baumhaussiedlungen (Barrios) aus dem Wald verschwinden.
Die Aktivist_innen wollen den Danni nicht kampflos aufgeben. Mehr und mehr Bäume werden besetzt, geräumte Barrikaden werden an anderen Stellen wieder aufgebaut. Das Aktionsbündnis ‚Wald statt Asphalt‘ ruft alle Sympathisant_innen dazu auf, den Kampf gegen die Räumung vor Ort zu unterstützen. Eine der Waldbesetzer_innen wird in der Pressemitteilung zitiert: „Wir rufen alle auf, sich uns anzuschließen und gemeinsam diesen Wald zu verteidigen. Eines können wir versprechen: Ihr werdet euch an dieser Räumung die Zähne ausbeißen!“ Ein breites Bündnis, darunter Fridays for Future, Ende Gelände und Extinction Rebellion, mobilisiert über Social Media.
Die Räumung des Dannenröder Waldes ist nicht die erste, gegen welche die Aktivist_innen ankämpfen. Der nahegelegene Herrenwald (Herri) und der Maulbacher Forst (Mauli) wurden bereits im Oktober geräumt und entlang der Autobahntrasse beinahe vollständig gerodet. Viele Aktivist_innen und Anwohner_innen haben in den vergangenen Wochen persönliche Gewalterfahrungen mit den Einsatzkräften gemacht. „Diese ganzen Gewaltformen, die wir in Herri und Mauli mitansehen mussten, sind jetzt auch im Danni geplant“, heißt es in der Pressemitteilung. Die Anspannung ist dementsprechend hoch. Nicht selten kommt es bei Blockaden und Protestaktionen zu erschreckenden Gewaltszenarios seitens der Einsatzkräfte, wie die Ende Gelände-Aktion im September eindrücklich gezeigt hat.
Straßenblockaden in Lüneburg
In vielen Städten wird derweil Solidarität auf die Straße getragen. Bereits am Samstag protestierte Ende Gelände in Hamburg mit einer Fahrraddemo gegen die erwartete Räumung. Gestern fanden auch in Lüneburg Straßenblockaden statt, die sich mit der Besetzung solidarisierten. Ab 16:30 Uhr unterbrachen Klimaaktivist_innen an der Kreuzung Uelzener Straße/Soltauer Straße den Straßenverkehr und forderten mit Bannern und Flyern die Verkehrswende ein. Dabei blockierten sie nach dem Swarming-Prinzip von Extinction Rebellion in regelmäßigen Abständen die Straße. Die Kritik ist weitreichend: „Der Klimakollaps steht unmittelbar bevor und nun wird ein Wald für eine Autobahn gerodet? Das Überleben der Gesellschaft ist vom Regierungskurs massiv gefährdet. Auch hier in Lüneburg müssen wir darauf aufmerksam machen!“ (Henning, Extinction Rebellion Lüneburg)
Foto: Hanno Hinrichs