Wenn du in Coronazeiten den ganzen Tag zu Hause sitzt, vergisst du vielleicht, welche Möglichkeiten des gesellschaftlichen Engagements dir das Studierendennetzwerk der Leuphana bietet. Um dir einen Überblick über die zahlreichen studentischen Initiativen zu geben, haben wir bereits Interviews mit JANUN und ISI geführt. Dieses Mal haben wir Stefanie und Torben über ihre Initiative „ArbeiterKind.de“ ausgefragt.
Seit wann gibt es die Initiative ArbeiterKind.de und was ist euer Anliegen?
ArbeiterKind.de Deutschland wurde vor zwölf Jahren gegründet und die Ortsgruppe in Lüneburg gibt es seit 2013. Unser Hauptanliegen ist es, Studienanfänger*innen und Schüler*innen aus nicht-akademischen Elternhäusern mit Interesse an einem Studium zu unterstützen. Da diese Personen oft mit Hürden (z.B. Finanzierungsschwierigkeiten oder Versagensängsten) konfrontiert sind, wollen wir für diese Personen einen Ausgleich schaffen und sie zum Studium ermutigen.
Welche Tätigkeiten umfasst das Engagement in eurer Initiative?
Normalerweise treffen wir uns einmal im Monat beim Stammtisch im Pons, wo Interessenten in einer offenen Runde Fragen stellen können. Meistens tauschen wir uns mit Studieninteressierten und Studierenden aus, die gerade mit ihrem Studium begonnen haben. Aber manchmal kommen auch Eltern, die sich unsicher sind, ob ein Studium das Richtige für ihr Kind ist. Daneben gibt es auch Personen, die sich über Umwege an uns wenden. Einmal kam eine Sozialarbeiterin, die von unserer Initiative gehört hatte und einen Schüler zum Studium motivieren wollte, obwohl der Schüler sich selbst noch gar nicht mit dem Thema Studium auseinandergesetzt hatte. Kurzum, die Mitglieder unserer Initiative versuchen, die studienbezogenen Fragen verschiedener Personen gemeinsam zu beantworten.
Darüber hinaus bieten wir den „Arbeiterkindern“ auch eine langfristige Zusammenarbeit für eine passende Studienwahl und ein erfolgreiches Studium an. Dieses sogenannte „Peer-To-Peer Mentoring“ beginnt oft durch Anfragen per Social Media, die dann auf verschiedenen Weise erwidert werden können. Man kann sich bei unserem Stammtisch im Pons treffen oder nach einem Telefonat feststellen, dass man sich gerne in einem Café austauschen will. Den Ablauf des Mentorenprogramms können die Mitglieder der Initiative also mit denStudierenden (in den Startlöchern) selbst bestimmen.
Ferner halten wir unter normalen Umständen noch Vorträge in Schulen, sind auf Berufsinformationsbörsen und einmal pro Monat in der Mensa präsent.
Was hat sich für euch coronabedingt geändert?
Eine Änderung in Corona-Zeiten betrifft natürlich die Interaktion mit unseren Anfrager*innen, denn wir können uns mit ihnen nicht mehr persönlich treffen. Obwohl persönliche Treffen unserer Meinung nach besser für eine Unterstützung benachteiligter Schüler*innen und Student*innen sind, können wir die Kommunikation trotzdem telefonisch und per Mail aufrechterhalten.
Zudem haben sich für Studierende aus nicht-akademischem Elternhaus zusätzliche Hürden aufgetan, für deren Berücksichtigung sich ArbeiterKind.de einsetzt. Neue coronabedingte Schwierigkeiten sind z.B. mangelnde technische Mittel für das Online-Studium. Des Weiteren müssen „Arbeiterkinder“ im Studium momentan vermehrt auf jüngere Geschwister aufpassen, wenn die Eltern aus finanziellen Gründe keinen Urlaub für die Betreuung ihrer Kinder zu Hause nehmen können. So fehlt solchen Studierenden in manchen Fällen die Zeit und die Ruhe für das Studium zu Hause. Kritisch ist nicht zuletzt, dass für die Studierenden durch das Online-Studium Unterstützung durch etwa Mitschüler*innen bzw. Kommiliton*innen und Lehrpersonal reduziert wird. So hängt Bildung wieder stärker vom Elternhaus ab. Damit benachteiligte Schüler*innen und Studierende weiterhin eine Anlaufstelle bezüglich des Studiums haben, will unsere Initiative ihre Unterstützungsangebote an Schulen schicken und sich vermehrt auf Social Media vorstellen.
Wie viele Mitglieder habt ihr?
In unserer Initiative machen ca. zehn bis 15 Personen regelmäßig mit.
Was macht eure Initiative besonders?
Uns macht besonders, dass unsere Mitglieder zum einen verschiedene soziale Hintergründe und Bildungslaufbahnen haben und zum anderen verschiedene Fächer studieren. Es hat sogar eine Lehrkraft einer Schule aus Lüneburg angeboten, uns mit ihren Erfahrungen auszuhelfen. Daher können wir sehr gezielt auf die individuellen Bedürfnisse unserer Anfrager*innen eingehen.
Allgemein herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre zwischen den Studieninteressierten bzw. Studierenden und den Initiativenmitgliedern. Wir berichten einfach von unseren eigenen Erfahrungen mit dem Studium. Da unsere Bildungslaufbahn oft nicht geradlinig verlaufen ist, wir aber trotzdem das Studium packen oder sogar schon abgeschlossen haben, vermitteln wir den noch Zögernden das Gefühl: „Ich bin nicht allein und habe Leute, die mich verstehen“.
Arbeitet ihr mit anderen Initiativen oder Institutionen zusammen?
Unsere regelmäßigen Partner sind Schulen. In diesem Rahmen gibt es unter normalen Umständen ein Programm namens „VIELFALT IM KLASSENZIMMER! = VIELFALT IM LEHRERZIMMER!“, bei dem Schüler*innen das Lehramtsstudium zwei Tage an der Uni testen können. Darüber hinaus arbeiten wir mit anderen bildungspolitischen Initiativen wie „ROCK YOUR LIFE!“ zusammen.
Wer kann bei euch mitmachen?
Allgemein können sich bei uns sowohl Personen aus nicht-akademischen als auch aus akademischen Haushalten engagieren. Gerade wenn ihr am Anfang eures Studiums seid, könnt ihr mit denjenigen, die noch nicht ganz vom Studium überzeugt sind, unmittelbar Erfahrungen teilen. Generell ist es aber unerheblich, wo ihr gerade im Studium steht oder es sogar schon abgeschlossen habt: Jede Mitgliedschaft ist wertvoll, wenn ihr gerne eigene Erfahrungen weitergeben möchtet.
Wie kann ich ArbeiterKind.de erreichen?
E-Mail: lueneburg@arbeiterkind.de – Facebook – Twitter – Webseite
Titelbild: Einge Mitglieder von ArbeiterKind.de auf dem Markt der Möglichkeiten an der Leuphana – (c) ArbeiterKind.de Lüneburg