Sparen bis der Arzt geht – Medizinstudium in Halle in Gefahr

Warnung: der Sparwahn einer Landesregierung gefährdet die Gesundheit. Ein Kommentar.

Unter dem Motto „Halle bleibt!“ protestierten 7.000 Studenten, Lehrende und Hallenser am Dienstag, den 30. April 2013 für den Erhalt der Universitätsmedizin in Halle. Die Landesregierung will Millionen einsparen und das auch in der Wissenschaft.

Überall in Deutschland müssen Hochschulen sparen. Professuren werden gekürzt, Studiengänge abgeschafft oder gar ganze Fakultäten gestrichen. In Hamburg, Berlin, Lübeck, Marburg und nun auch in Halle. Hier findet sich das neuste Beispiel für kopflosen Sparwahn in der deutschen Landespolitik.

Sachsen-Anhalt muss sparen und die Wissenschaft soll dran glauben. Diesen Eindruck bekommt man momentan in Halle an der Saale. Die Universitätsstadt in Sachsen-Anhalt kämpft um ihre medizinische Fakultät und gegen die geplanten Einsparungen im Wissenschaftsbereich. Nachdem Lübecks Universitätsmedizin 2010 kurz vor dem Aus stand, soll es nun auch der Medizin in Halle an den Kragen gehen. Eine Petition des Aktionsbündnis „Halle bleibt!“ sammelt Stimmen „Für den Erhalt einer leistungsfähigen Universität und der Universitätsmedizin“ – bisher mit großem Erfolg, doch bis zur gesetzten Grenze von 50.000 Unterschriften fehlen noch einige.

Keine Akzeptanz für die Überlegungen der Landesregierung

Weil sie die Sparpläne der Regierung nicht mittragen wollte, wurde die Wissenschaftsministerin Brigitte Wolff aus ihrem Amt entlassen. Der neu eingesetzte Hartmut Möllring, CDU-Politiker und früherer Finanzminister in Niedersachsen, stellt sich der versammelten Menge auf dem Hallenser Marktplatz. Doch Möllring wird nicht respektiert. Als Zeichen der Ablehnung gegen den geplanten Sparkurs und die Umstände, unter denen Ministerin Wolff entlassen wurde, dreht sich die geschlossene Menge um und kehrt dem Minister den Rücken.

Trotz Ärztemangel geplante Einsparungen in der Medizin

Die Demonstranten wissen, dass die Folgen für die Stadt Halle und das Land Sachsen-Anhalt verheerend wären. Fiele die medizinische Ausbildung in Halle weg, könnte man nur noch in Magdeburg als einzigem Standort in Sachsen-Anhalt Medizin studieren. 30 Jahre nach der Wende hinken die neuen Bundesländer den alten wirtschaftlich immer noch hinterher. Im Umland von Halle befinden sich die struktur- und konjunkturschwächsten Gegenden Deutschlands. Der Wegfall eines Universitätsklinikums oder zumindest eine Schwächung der Leistungsfähigkeit hätte auch auf die Region drastische Auswirkungen. Eine solche Schwächung wäre mit dem Abzug der gesamten Forschung und dem Verkauf an einen Investor nicht zu vermeiden. Die Region leidet an Ärztemangel, junge Menschen ziehen weg, zurück bleiben vor allem Alte und Kranke. „Das sagt einem doch schon der gesunde Menschenverstand, dass man so etwas nicht machen kann.“, meint Philipp (22, Medizinstudent aus Halle) zu den geplanten Streichungen.

Gemeinsam für die Hochschulen im Land

Eine Demo in Halle gegen Kürzungen in der Wissenschaft in Sachsen-Anhalt – Warum sollte dies Lüneburger Studierende interessieren?, könnte man sich fragen. Doch wenn in Deutschland so radikal über Kürzungen im Bildungsbereich gesprochen wird, dann geht das nicht nur Halle etwas an. Die Bildung und Wissenschaft zu stärken, ist Bestandteil aller Regierungs- und Wahlprogramme. Wenn das Land Millionen einsparen möchte und sie zuerst an ihrer Wirtschaftskraft, in der Wissenschaft und im Gesundheitsbereich gleichzeitig ansetzt, dann fragen sich nicht nur Halles Studierende nach deren Sinnhaftigkeit. Lübeck hat sich bereits mit der Uni Halle solidarisiert. Die Uni Magdeburg ist ebenfalls von Kürzungen im Wissenschaftssektor Sachsen-Anhalts betroffen. Prospekte mit dem Slogan: „Halleburg – Doppelherz für Sachsen-Anhalt“ stehen stellvertretend für die Zusammengehörigkeit der Hochschulen im Land.

Wo sonst sparen?

Wenn nicht im Bildungs- und Wissenschaftsbereich, wo sollte dann gespart werden? Auch darüber muss in diesem Zusammenhang gesprochen werden. Vor einiger Zeit diskutierte die Regierung über die Schließung des Landesverwaltungsamts. Eine Verwaltung für die Verwaltung, eine Zwischenstation zwischen Kreis – und Landesebene, wirkt für viele überflüssig. Sparen in der Verwaltung statt sparen in der Wissenschaft, ob das möglich ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Ende Juni soll es einen Beschluss zum Thema geben. Bis dahin wird Halle weiter um ihre Universitätsklinik bangen müssen.

Autorin: Leonie Schlenker