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Soziale Isolation: Die negativen Folgen für unsere Gesundheit

Mit dem Social-Distancing während der Coronapandemie schützen wir die Gesundheit der Gesellschaft und schaden ihr gleichzeitig. „Wir müssen Mittel und Wege finden, um unsere Grundbedürfnisse nach Kontakt und nach Nähe wiederherzustellen“, meint Psychologe Dr. Hannes Zacher. Unsere Autorin Jana Rauterberg nimmt Stellung, welche Art des sozialen Austausches sich angemessen mit der körperlichen und psychischen Gesundheit verträgt.

Studierende haben schon seit zwei Semestern auf vieles verzichten müssen, was ein Studium ausmacht: WG-Partys, feiern gehen oder einfach gemeinsam in Vorlesungen sitzen und sich die Langeweile gemeinsam mit Handyspielen oder Ähnlichem zu vertreiben. Zoom-Konferenzen können die erhoffte Kompensation der sozialen Isolation nicht erfüllen, wenn ungefähr die Hälfte der Konferenzteilnehmer*innen ihr Gesicht hinter schwarzen Kacheln versteckt.

Es gibt wenige Studierende, welche die Corona Pandemie nicht ernst nehmen und naiv zu sogenannten Corona-Partys gehen. Doch es gibt auch die Studierenden, die sich streng an die Corona-Maßnahmen halten und jeden Kontakt zu Personen außerhalb der WG-Mitbewohner*innen, Partner*in und Kernfamilie vermeiden. Auch wenn solche Studierenden einerseits Vorbilder sind, was die Bekämpfung der Coronapandemie anbelangt, sollten sie dabei ihre sozialen Bedürfnisse nicht vernachlässigen.

Wie wir alle erfahren haben, sind digitale Möglichkeiten des sozialen Austausches eine gute Ergänzung zu unserem derzeit beschränkten persönlichen Kontakt. Aber den persönlichen Kontakt ersetzen Videochats & Co. nicht. So findet Karen aus dem 3. Semester: „Wenn man am Ende des Tages den Laptop zuklappt, dann ist man trotzdem allein. Dass man die, die man semesterlang nur über die Videokamera sehen konnte, wieder in Person sehen kann – darauf freue ich mich am meisten“. Die Studierenden, die psychisch wohl am meisten unter den Corona-Maßnahmen leiden, sind die Alleinwohnenden. Besonders diese sollten sich Personen suchen, mit denen sie sich regelmäßig in Präsenz treffen. Dabei sollten sie den Kreis der Personen für die persönlichen Treffen natürlich möglichst übersichtlich halten, damit eventuelle Infektionen sich nur auf wenige übertragen können und man somit die Infektionsketten nachvollziehen kann.

Doch auch Studierende, die mit ihrer Familie, ihrer Partner*in oder WG-Mitbewohner*innen gemeinsam den Corona-Alltag verbringen, verspüren oft das Bedürfnis nach Abwechslung in ihrem sozialen Umfeld. Ein paar wenige Personen können uns nicht alles geben, wofür sonst eine Reihe verschiedenster Personen zuständig sind: Zuneigung, Hilfe bei der eigenen Karriereplanung, Austausch über die Uni, gemeinsame Aufnahme von Tik-Tok-Clips oder das Sprechen über Beziehungsprobleme. Daher ist es meiner Meinung nach unablässlich, sich für ein oder zwei Personen außerhalb des eigenen Haushalts zu entscheiden, mit denen man sich regelmäßig trifft. Doch verantwortungsbewusst sind solche persönlichen Treffen nur dann, wenn beide Personen nicht regelmäßig pendeln, nicht mit dem ÖPNV zum Treffpunkt gelangen und sich beide Personen nur mit wenigen anderen Personen zusammenkommen. Ob sich Personen nur draußen und/ oder mit Maske treffen, ist den beteiligten Personen meiner Ansicht nach selbst überlassen. Doch wenn eine Person Gesundheitsbedenken hat, sollte sie diese offen der anderen Person mitteilen. Dabei sollte man auf „ängstlichere Personen“, die sich etwa nur für einen Spaziergang durch den Park treffen möchten, Rücksicht nehmen. Schließlich ist das Risikoempfinden bei uns allen anders und beide Personen sollen sich letztlich während des Treffens wohlfühlen.

Trotz vereinzelter Treffen in Präsenz bleibt es für Studierende während der Coronapandemie schwierig, sich mit Kommiliton*innen auszutauschen und zu vergleichen. Darüber berichtete auch schon unsere Redakteurin Viktoria Steiber. Vor allem Erstis dürften sich in ihrem Studium alleingelassen fühlen, da sie an keine schon vor Corona bestehenden Bekanntschaften oder Freundschaften mit Kommiliton*innen anknüpfen können. Eine mögliche Lösung für das Kennenlernen von Mitstudis stellt das gemeinsame Lernen über Zoom dar. Studierende können einfach in ihrer Studienfachgruppe fragen, wer Interesse an einer Lerngruppe hätte. So entstehende Lerngruppen motivieren bestenfalls zum Lernen für Prüfungen, wenn bei einem am Ende des Semesters die Luft raus ist. Geplauder am Rande kann man ruhig zulassen, denn den fehlenden sozialen Austausch muss man irgendwie kompensieren. Außerdem kann das virtuelle Treffen mit Kommiliton*innen das Wohlbefinden der Studierenden erhöhen und somit bessere Voraussetzungen für ein erfolgreiches Lernen schaffen. Neben der optimierten Prüfungsvorbereitung haben Lerngruppen auch das Potenzial, sich zu Freundschaften zu entwickeln. Somit schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Doch wie eng können Freundschaften werden, die man nur online pflegt?

Allgemein sollten sich Studierende nicht scheuen, Freundschaften mit wenigen ausgewählten Kommiliton*innen durch persönliche Treffen auszubauen. Denn es ist nicht absehbar, wie lange die Corona-Pandemie noch andauert. Ich plädiere für ein gesundes und gleichzeitig verantwortungsvolles Maß an Präsenztreffen, damit der Schutz der körperlichen Gesundheit nicht zulasten der psychischen geht.


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