Vom 20. bis zum 22. Mai 2025 finden in der Mensa die diesjährigen Hochschulwahlen für das Studierendenparlament an der Leuphana Universität Lüneburg statt. Anlässlich dieser trafen sich am Montag, den 19. Mai 2025, Vertreter*innen der zur Wahl stehenden Listen im Hörsaal 1, um über aktuelle Fragen der Hochschulpolitik zu diskutieren.
Das Student*innenparlament (StuPa), anfänglich vorgestellt durch das AStA Politikreferat (PFUI), ist das höchste beschlussfassende Gremium der Studierendenschaft. Es besteht aus siebzehn Sitzen und verhandelt über wesentliche Fragen bezüglich der hochschulpolitischen Ausrichtung und Verteilung des studentischen Haushalts.
Anwesend waren insgesamt sieben Listenvertreter*innen: Sara und Lara von campus.grün, Yannic von der Juso HSG, Daniel und Friedrich vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und Greta und Rosalie von der Liste unabhängig radikal links (urli). Der Einzelkandidat Christian Tuch konnte nicht anwesend sein. Die Moderatorinnen Emelie und Jule führten mit Fragen durch den Abend, später hatten auch Interessierte aus dem Publikum die Möglichkeit, die Kandidat*innen auf die Probe zu stellen.
In welchen Punkten waren die Listen ähnlicher oder gleicher Meinung?
Wie in den letzten Jahren herrschte Übereinstimmung zwischen den Listen in Bezug auf die Anbindung zum öffentlichen Nahverkehr der Universität sowie bei Fragen zu bezahlbarem Wohnraum für Studierende. Außerdem grenzten sich alle anwesenden Listenvertreter*innen klar von der AfD ab und verurteilten die Entwicklung rechtsextremistischer Strukturen in Deutschland stark. Besonders den Vertretern des RCDS schien dies wichtig zu sein, um nicht mit umstrittenen Entscheidungen der CDU, wie dem Fall der Brandmauer, assoziiert zu werden. Der RCDS sähe sich im Vergleich zur Union auf Bundesebene deutlich progressiver und würde mit vielen Entscheidungen von Merz, Spahn und Co. nicht übereinstimmen.
Auf die Frage nach dem Rechtsruck und ob dieser auch auf dem Campus stattfinde, äußerten sich die Urli-Vertreterinnen am klarsten: Die AfD sei nicht rechts, sondern faschistisch. Das müsste man auch so benennen. Auch hier in der Umgebung seien Nazi-Sticker zu finden.
Einigkeit ließ sich außerdem bei dem Interesse am Einsatz für ein erweitertes bilinguales Studienangebot und mehr Einsatz zur Einbindung internationaler Studierender in die Hochschulpolitik erkennen. Die Podiumsdiskussion fand im Gegensatz dazu allerdings ausschließlich auf Deutsch statt.
In vielen Punkten stimmten vor allem die Juso HSG, campus.grün und urli überein. Mit ihrer deutlich linkeren Ausrichtung als der RCDS oder Christian Tuch streben sie beispielsweise eine Erweiterung der All-Gender-Toiletten auf dem Campus an.
In welchen Punkten herrschte Uneinigkeit?
Wie schon vorher zu vermuten war, wich der RCDS von den anwesenden Listen durch die konservativere Grundhaltung am stärksten von den anderen Teilnehmer*innen der Podiumsdiskussion ab: Die beiden Vertreter sprachen sich gegen eine Zivilklausel, also die Selbstverpflichtung der Universität zur Ablehnung jeglicher rüstungsbezogener Forschung, aus. Sie begründeten dies mit der aktuellen sicherheitspolitischen Lage in Europa. Ihrer Selbstbeschreibung nach vertreten sie damit eher eine „unpopuläre Meinung an der Leuphana“, so Friedrich. Die Leuphana Universität Lüneburg hat zum jetzigen Zeitpunkt keine offizielle Zivilklausel, sondern nur eine informelle Erklärung zur ausschließlichen Forschung zu friedlichen Zwecken. Campus.grün steht beispielsweise für eine verbindliche Verpflichtung der Leuphana zu ebendieser Zivilklausel.
Auch wurden Spannungen in den Bereichen Autos auf dem Campus und Mensaessen deutlich: Der RCDS steht für eine Beibehaltung der Universitätsparkplätze und der artgerechten Fleischgerichte auf dem Speiseplan. Auf die kritische Frage aus dem Publikum zu einem Instagram-Post des RCDS-Accounts aus 2023 mit dem Titel „Naht das Ende von Schnitzel und Currywurst in unserer Mensa?!“ reagierten die Vertreter etwas betreten, indem sie sich von der Formulierung distanzierten, allerdings das Selbstbestimmungsrecht der Studierenden bei der Ernährung bekräftigten.
Wie sieht es mit der Besetzung der Listen mit FLINTA-Personen aus?
Kritisch wurde dem Publikum nachgefragt, warum sowohl bei der Juso HSG als auch beim RCDS im Vergleich zu campus.grün und urli weibliche und queere Personen als Kandidat*innen unterrepräsentiert seien. „Wir haben gerade ein generelles Personalproblem, einige Leute haben uns leider zur letzten Legislaturperiode verlassen“, erklärte Yannic von der Juso HSG. Die RCDS-Vertreter betonten, sie fänden es selbst schade, anscheinend nicht so ein Anlaufpunkt für FLINTA-Personen zu sein. Vielleicht fühlten sich diese von anderen Listen einfach besser repräsentiert. Yannic, Friedrich und Daniel betonten allerdings alle, sie würden sich sehr über mehr FLINTA-Zulauf freuen.
Wann genau kann nun gewählt werden? Wer kann überhaupt wählen?
Alle Studierenden können wählen. Im letzten Jahr lag die Wahlbeteiligung nur bei zwölf Prozent, allerdings wird durch die erneute Einführung des Wahl-Bots der Univativ auf eine leichtere Steigerung der Wahlbeteiligung gehofft. Gewählt werden kann am Dienstag und Mittwoch von 10 Uhr bis 16 Uhr und am Donnerstag von 10 Uhr bis 14:30 Uhr.
Wie lassen sich die Listen zusammenfassend beschreiben?
Liste 1: Christian Tuch:
Der Zertifikatsstudent steht für Nachhaltigkeit am Campus, ein auf den Arbeitsmarkt ausgerichteteres Studium und eine unabhängige Betrachtung der Hochschulpolitik. Er beschrieb sich selbst mehrmals als CDU-nah und ist der einzige Kandidat, der einen offenen Dialog mit der AfD an der Universität nicht ablehnt.
Liste 2: Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS Lüneburg)
Der RCDS setzt sich für Meinungspluralismus und eine gelebte, ideologiefreie Debattenkultur an der Universität ein. Sie möchten durch Realpolitik eine Alternative zur linksorientierten Hochschulpolitik darstellen. Ihre Hauptanliegen sind günstiges Wohnen für Studierende und eine fortschreitende Digitalisierung.
Liste 3: Juso Hochschulgruppe (Juso HSG)
Der „etwas linkere Flügel der SPD“ steht für Bildungsgerechtigkeit, Internationalismus und Feminismus. Sie setzt sich für studentische Vernetzung, bessere Lernorte ein.
Liste 4: campus.grün
Campus.grün steht für Nachhaltigkeit, Antirassismus und Gleichberechtigung. Ihr Hauptanliegen ist ein ökologischer Campus, der eine Umstellung der Mensa auf ein komplett vegetarisches beziehungsweise veganes Angebot sowie Autofreiheit beinhaltet.
Liste 5: unabhängig radikal links (urli)
Urli bezeichnet sich selbst als antifaschistisch und antikapitalistisch. Der revolutionäre Anspruch zielt auf eine Problemlösung ab, die „an der Wurzel der Thematik ansetzt“. Vernetzung und Teilnahme an Demonstrationen sind essentieller Bestandteil ihres Engagements.
Vom 20-22. Mai 2025 finden die Hochschulwahlen statt. Für die Entscheidung zur Wahl des Studierendenparlaments (StuPa) haben wir den Univativ Wahl-Bot (Wahl-o-Mat) entwickelt mit 26 Fragen für eine Orientierung. Alle Informationen zur Wahl und Vorstellung der Listen hier.
Text von Helene Matthée und Dana Hoffmann
Foto: StuPa Podiumsdiskussion 2025 – (c) Helene Matthée