RPO-Demo - Foto Christopher Bohlens

Senat vertagt Entscheidung in Sachen RPO – Demo erfolgreich

Rund 100 Studierende zeigten während der vorlesungsfreien Zeit, dass Sie gegen die geplanten Änderungen der Rahmenprüfungsordnung (RPO) sind. Der Senat nahm sich zwei Stunden Zeit, intensiv über die Änderungen und Forderungen der Studierenden zu diskutieren.

Am Mittwoch, 10. Juli 2019 fand ab 13:30 Uhr vor Gebäude 9 eine Demonstration mit rund 100 Studierenden statt. Zur Demo hatten die studentischen Senator*innen und der AStA gemeinsam aufgerufen. Es galt, ein Zeichen gegen die geplanten Änderungen der RPO zu setzen. In mehreren Reden wurden die bevorstehenden Änderungen angesprochen, die sich zu großen Teilen negativ für die Studierenden auswirken, wie die Anwesenheitspflicht, eine zweite Prüfungsphase erst im Folgesemester oder die Vorverlegung von Anmeldefristen. Dabei wurde auch die mangelnde Beteiligung der Studierenden im Reformprozess gerügt und die von der Leuphana fokussierten schnellen Abstimmungsprozesse.

Die Studierendeninitiative, die gestartet worden ist, hat mittlerweile rund 2.400 Unterzeichner*innen, was bei 9.500 Studierenden circa 25 % entspricht. Das Quorum von 3 % nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz (NHG) wurde erreicht.

Volle Senatssitzung

Nach der Demo gingen rund 40 Studierende in die hochschulöffentliche Senatssitzung, wo der Platz so knapp wurde, dass viele auf dem Boden sitzen mussten. Gleich zu Beginn der Sitzung machte Leuphana Präsident Sascha Spoun klar, dass die Tagesordnung so modifiziert wurde, dass es heute zu keinem Beschluss kommen solle, sondern eine Diskussion stattfindet.

Insgesamt zwei Stunden beschäftigte sich der Senat mit der RPO. Dabei wurde zuerst eine Einführung über den Prozess und die geplanten Änderungen vorgenommen. Die Diskussionsprozesse dazu starteten im Wintersemester 2016/17. In dem Eingangsstatement des Präsidiums wurde klar, dass der Prozess schon lang im Gange ist, dieser unterschiedlich wahrgenommen wird und das dieser auch verbesserungswürdig sei. Schließlich sei bisher in dem Prozess kein Konfliktlösungsmechanismus vorhanden. Die Studierenden hätten gute konkrete Vorschläge gemacht, über die sich diskutieren ließe. Letztendlich bildet die RPO den ordnungspolitischen Rahmen an der Leuphana.

Im Kern geht die Änderung der RPO auf drei Einflussfaktoren zurück: Zum einen die in der Systemakkreditierung geforderten, die kleineren redaktionellen Änderungen mit der Verankerung des Nachteilsausgleich und schließlich der dritte Punkt, der bisher die meiste Kritik hervorbringt: Die Qualität von Studium und Lehre.

Studentische Meinung

Gleich zu Beginn machten die studentischen Senator*innen klar, dass man auch aufgrund der vorherigen Erfahrungen der letzten Jahre das Gefühl habe, dass sich hier zwei Fronten gebildet haben. Aber die Studierenden wollen keine Frontenbildung. Das Gefühl für diese Fronten entstand, da viele Dokumente schon fertig auf dem Tisch lagen und keine weitere Diskussion gewünscht gewesen sei. Daher sei es wichtig, die negativen Erfahrungen der letzten Jahre zu vergessen und dass heute (während der Senatssitzung) alle an einem Strang ziehen.

Die diskussionswürdigsten Änderungen wurden fortan zuerst vorgestellt, seitens der Leuphana und der studentischen Vertreter*innen wurden Meinungen dazu abgegeben. Dabei wurde das Rederecht vom Sitzungsleiter, dem Präsidenten Spoun, sehr ausgiebig und freizügig an die Gäste verteilt, sodass diese sich zahlreich in die Diskussion einbringen konnten.

Wir berichten von einigen Punkten, welche die Beteiligten während der zweistündigen Diskussion besprachen.

Von 60 CP Zusatzleistungen auf 30 CP

Der Entwurf sieht vor, die Zusatzleistungen, die jeder Bachelor-Studierende mit 60 CPs im Zeugnis ausweisen lassen kann, auf 30 CPs zu reduzieren. Die Leuphana begründet dies mit dem juristischen Argument, dass die Möglichkeit, viele Zusatz-CPs sammeln zu können, bedeute, dass die Leuphana überschüssige Kapazitäten besäße und somit ja mehr Studierende laut Plan aufnehmen könne. Dadurch könnten die Zuschüsse vom Land Niedersachsen niedriger ausfallen. Wenn überschüssige Kapazitäten da sind, müsste die Leuphana mehr Studierende aufnehmen. Die Studierenden entgegneten, dass dies nicht in die Kapazitätsberechnung einfließe, wie man von fachkundigen Personen erfuhr. Ein Professor machte deutlich, dass er die aktuelle Praxis der Zusatz-CPs unterstütze. Weitere Argumente waren die Masteranschlussfähigkeit, die man nur mit Zusatz-CPs erreichen könne. Schließlich wurde klar, dass man in diesem Punkt eine juristisch haltbare Formulierung brauche, um auf der einen Seite den Studierenden genügend Zusatz-CPs zu erhalten und auf der anderen Seite Studienplatzklagen abzuwehren.

Anwesenheitspflicht

Auf die bisherige Praxis an der Leuphana der „erfolgreichen Teilnahme“ wurde verwiesen. Hierbei können Lehrende bei den Studienkommissionen (StuKo) beantragen, dass die Veranstaltung mit einer „erfolgreichen Teilnahme“ Markierung versehen wird. Hierbei dürfen die Studierenden maximal an drei Terminen fehlen. Dabei kann die StuKo, die paritätisch mit Studierenden besetzt ist, diesen Anträge zustimmen oder sie ablehnen. Die Studierenden berichteten, dass es zahlreiche Veranstaltungen gibt, bei denen diese „erfolgreiche Teilnahme“ auch sinnvoll erscheint, sei es Laborpraktikum, Schwimmunterricht oder ähnliche Veranstaltungen. Dabei wurde auch von den Studierenden genannt, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt, was „gute Lehre“ bedeutet, auch gebe es Unterschiede in der Auffassung und Umsetzung zwischen den Fakultäten an der Leuphana. Eine Anwesenheit würde nicht die Qualität der Lehre verbessern, so die Studierenden. Die Studierenden von heute haben mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen, wie mit der Finanzierung des Studiums, der Pflege von Angehörigen, chronischen Erkrankungen oder anderen Einschränkungen, die eine dauernde Anwesenheit oftmals aus gutem Grund verhindern.

Insgesamt wurde von mehreren Seiten auch der bisherige Entwurf kritisiert, der eine Abwesenheit aus Krankheitsgründen bis zu drei Mal, und aus anderen Gründen von weiteren zwei Mal, in der Summe fünf Mal, erlaubt. Hierbei soll jedoch eine Ersatzleistung von den Studierenden erbracht werden, die nicht näher definiert ist. Auch sei das Ganze mit einem zusätzlichen administrativen Aufwand der Lehrenden verbunden, in Zukunft Listen zu führen und Atteste zu überprüfen. Hinzu kommt die Problematik, dass myStudy und QIS zwei getrennte System sind – so sind Anmeldungen zu Prüfungen auch ohne einen Platz in der Veranstaltung in myStudy erhalten zu haben möglich.

Das Ergebnis bezüglich der Anwesenheit lautet, dass dies noch einmal mit den Studiendekanaten und den Studienkommissionen besprochen werden soll.

Zusammenfassung

Insgesamt kann das Fazit gezogen werden, dass eine sehr sachliche und intensive Diskussion um die geplanten Änderungen stattfand. Dabei wurde den Studierenden und den zahlreichen Gästen aufmerksam zugehört. Lehrende der Leuphana haben sich ebenfalls beteiligt. Präsident Spoun betonte dabei, dass an anderen Hochschulen es nicht üblich sei, dass der Senat sich so lange Zeit für so viele studentische Gäste nehme, wie in dieser Sitzung mit rund zwei Stunden Diskussion.

Im Ergebnis wird die Diskussion um die neue RPO in die Zentralen Studienkommissionen (ZSK) zurückgegeben, um sich hier noch einmal intensiver Zeit zu nehmen, die Vor- und Nachteile zu diskutieren. Möglicherweise kann die neue RPO im November/Dezember 2019 abgestimmt werden, es wurden aber bereits Probleme bei der technischen Umsetzung in myStudy genannt, die eine Einführung zum Beginn des Wintersemesters 2020/21 verhindern könnten.

Somit fand keine endgültige Abstimmung über die neue RPO heute statt – der Prozess geht weiter.


Bilder: (c) Christopher Bohlens

Christopher Bohlens

Schreibt immer irgendwas über Hochschule, Politik oder Veranstaltungen, wo es so richtig kracht. Liebt investigativen Journalismus und beschäftigt sich viel mit Daten.

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