Wenn Freiheit ein Privileg wird und Leben zum Überleben. „12 years a slave“ ist jetzt schon einer der packendsten Filme dieses Jahres.
Ein Golden Globe als „Bester Film“ und neun Oscar-Nominierungen. Was sagen solche Preise heute über einen Film aus? Manchmal sagen sie, dass Hollywoods Filmelite den „Like“-Button drückt. In diesem Fall spricht jede einzelne Nominierung für die Ehrung eines intensiven Meisterwerks. Nach „Hunger“ und „Shame“ hat sich Regisseur Steve McQueen einer Literaturverfilmung, basierend auf wahren Begebenheiten, angenommen. „12years a slave“ erschafft realitätsnahe Bildkompositionen, bricht aus Stereotypem aus und stellt uns vor emotionale Herausforderungen.
Zur Handlung: Der afroamerikanische Geigenspieler Solomon Northup lebt 1841 als freier Mann mit seiner Familie in New York City. Eines Tages wird er von zwei Männern für ein Engagement im Zirkus angeworben. Er zieht mit ihnen in den Süden der USA, wo die Sklaverei zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschafft wurde. Bald wird Solomon von den Männern unter Drogen gesetzt, entführt und verkauft. Der Beginn eines zwölfjährigen Martyriums.
Die Kamera ist unerbittlich
Jede Erniedrigung, jede Auspeitschung wird von Anfang bis Ende dargeboten. Weder fliehen können noch wegschauen, genau wie Solomon Northup. Denn Gewalt kennt keine Überblendung oder Kamerafahrt. Sklaverei ist nicht der humorgeladene Schusswechsel wie in Quentin Tarantinos „Django Unchained“. Hauptdarsteller Chiwetel Ejiofors zeigt uns Narben auf Körper und Seele, beständig schwebt seine Figur zwischen Mitgefühl und nacktem Überlebenswillen. Dieser Film setzt auf Wahrhaftigkeit. Filmtechnisch gibt es stets neue Impulse für den Zuschauer. Beachtenswert ist zum Beispiel die Erzählstruktur, die den Spannungsbogen zwischen verschiedenen Zeitebenen manövriert. Außerdem sind da die großartige Musik und brillanten Kameraperspektiven. Dunkelheit und Licht überfluten die Leinwand.
Trotz aller Grausamkeit finden sich Trost und Hoffnung in jeder Sequenz
Sie sind hier: Im a capella Song bei einer Beerdigung. In der Schönheit des Abendhimmels. In Wort und Schrift. Obwohl Hollywoodstar Brad Pitt seine Erfahrung diesmal eher als mitwirkender Produzent zum Einsatz bringt, trägt nicht zuletzt auch eine geschickt gewählte Schauspielriege zum Gelingen bei. McQueen-Liebling Michael Fassbender mimt den Plantagenbesitzer Epp mit beängstigender Brutalität und Verblendung. Newcomerin Lupita Nyong`o verkörpert dessen Sklavin Patsey und prescht dem Zuschauer Verzweiflung und Schmerz ungefiltert entgegen. Insgesamt ein unbedingt sehenswerter Film, der zur emotionalen Weiterbildung beiträgt. Wer ihn vor der Oscarverleihung selbst bewerten möchte, hat dazu ab sofort noch bis zum 2.3. Zeit. Dann heißt es hoffentlich: „The Oscar goes to „12 years a slave“.“
Autorin: Ann-Christin Busch