Put your hands up for Detroit!

Als Praktikantin bei AutoCom Associates in Detroit, Michigan, USA. Du kennst sie bestimmt, diese Reportagen über Auswanderer, Au-pair und Austauschschüler. Du hängst also im kalten Deutschland vor dem Fernseher und dein Fernweh wird geweckt. Eine gewisse Zeit einmal woanders leben, das könntest du dir auch gut vorstellen. Schon mal an ein Praktikum in den USA gedacht? Hört sich spannend an, aber du denkst, es ist unmöglich für dich? Lies einfach weiter und du erfährst mehr über das Arbeiten eines Praktikanten bei AutoCom Associates und über das merkwürdige Verhalten der Amerikaner.
Who is this?
Ich bin Silke Schwarte, Studentin der Universität Lüneburg im 7. Semester des Studiengangs Lehramt an Berufsbildenden Schulen mit der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften (LBBS WiWi). Zurzeit absolviere ich ein zehnmonatiges Auslandspraktikum bei AutoCom Associates, einem Public Relations-Unternehmen in Bloomfield Hills, Michigan, USA, das überwiegend Pressemitteilungen schreibt und PR-Veranstaltungen organisiert.
How did it begin?
Los ging es also im Sommer 2006. Ich habe angefangen meine Bewerbungen auf Englisch zu schreiben. Wobei es hier einige Unterschiede zu deutschen Bewerbungen gibt. Zum Beispiel lässt man die ganze Familiengeschichte weg. Damit meine ich den Teil, in dem man auflistet, wie viele Geschwister man hat und was die Eltern beruflich machen. Anders als in deutschen Bewerbungen interessieren sich die Amerikaner lediglich für den höchsten schulischen Abschluss, gefolgt von dem Hochschulabschluss. Ein letzter Hinweis: die Schreibweise des Datums beachten! Unterschiede in der Schreibweise können nämlich zu Verwirrungen führen, da die Amerikaner mit dem Monat beginnen. 9/3/2007 ist also nicht der 9. März, sondern der 3. September 2007.

Nachdem ich meine Bewerbungen an undenklich viele amerikanische Firmen geschickt hatte, bekam ich von AutoCom im Herbst die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch in Frankfurt. Top vorbereitet mit Antworten auf alle heißbegehrten Fragen wartete ich Anfang Dezember in der Hotellobby vom Sheraton Hotel am Frankfurter Flughafen. Und da kam auch schon Larry Weis, der Geschäftsführer, auf mich zu. Bei einem Frühstück wurde dann das Interview abgehalten. (Ich konnte natürlich vor Aufregung nichts essen, sodass sich mein Frühstück auf ein Glas Orangensaft, gefolgt von einer Tasse Kaffee begrenzte. Obwohl Kaffee nicht zu meinen Lieblingsgetränken zählt, habe ich ihn runtergewürgt in der Hoffnung, Kaffeetrinker kommen professioneller rüber als Wassertrinker. Aber zurück zum Thema) Während des Gesprächs hat Larry von seinem Unternehmen erzählt, von dem Ablauf des Praktikums und von seinen Kunden. Die heißbegehrten Fragen hat er dann eher provisorisch am Ende des Gespräches gestellt.
Nach dem Vorstellungsgespräch habe ich einen hier üblichen Thank you letter geschrieben. Im Grunde bedankt man sich für die gemeinsam verbrachte Zeit, fasst noch einmal kurz seine Stärken zusammen und beschreibt, warum man für eine bestimmte Position geeignet ist. Nach über einem Monat Funkstille kam dann die Zusage im Januar 2007! Jaaaaaaaaaaa! Geschafft!

Mit der Praktikumstelle ging nun der Papierkram los. Kommt man doch ohne ein Visum nicht in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wenn man länger als 90 Tage bleiben will. Also musste ich verschiedene Formulare ausfüllen, um das DS-2019, ein Visavordokument, zu erhalten, mit dem ich dann zum Konsulat nach Berlin gefahren bin. Nach über 90 Minuten Wartezeit habe ich auch das nicht einmal fünfminütige Gespräch hinter mich gebracht. Die nette Dame hinter dem Schalter hat mich lediglich gefragt, was ich in den USA mache, ob ich über genügend finanzielle Mittel verfüge und was ich nach dem Praktikum machen werde. Zu erwähnen wäre auch noch, dass ich meine Fingerabdrücke hinterlassen musste. Natürlich zur Sicherheit der USA …

Nach einigen Tagen hatte ich es endlich, das J1-Visum. Ein letztes Formular wird dann im Flugzeug ausgefüllt und schwups – schon war ich da. Erleichtert, dass nicht nur Gangster und Eminem-Verschnitte hier rumlaufen. In Detroit wartete nun meine Mitbewohnerin und mein erstes eigenes Auto auf mich: ein Chrysler Sebring, Baujahr 97.

Working at AutoCom Associates
In den ersten zwei Wochen habe ich mich in das Alltagsgeschehen eingearbeitet, durfte an Mitarbeitersitzungen und Kundentreffen bzw. -Telefonaten teilnehmen und habe mich im Internet über unsere Kunden informiert, wovon viele ihren Hauptsitz in Deutschland haben. So beispielweise Hella KgaA Hueck & Co., die sich auf die Elektronik und die Beleuchtung von Autos spezialisiert haben (Lippstadt) oder Eberspächer, die Abgastechnik und Fahrzeugheizungen anbieten (Esslingen).

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Derzeit arbeite ich zusammen mit zwei Kollegen an einem ersten öffentlichen Auftritt eines neuen Kunden, der Anfang Januar 2008 sein Geschäft eröffnen wird. Ich habe zusammen mit dem Team einen Communications Plan erstellt, in dem die nächsten Schritte analysiert werden. Interessant für mich war dabei nicht nur, welche PR-Möglichkeiten es gibt, sondern auch der Umgang mit einem neuen Kunden, welche Fragen geklärt werden müssen und wie man ein Unternehmen in das Interesse der Öffentlichkeit bringt.

Dank meines Supervisors konnte ich die „North American Testing Expo“ aus erster Hand miterleben. Natürlich waren alle Aussteller aus der Automobilbranche, was für mich weniger interessant war. Dennoch war die Expo ein einzigartiges Erlebnis. Ich habe mich mit einem Mitarbeiter unseres Kunden unterhalten, mich also im Small Talk probiert, einen Presseautor kennen gelernt und so einige neue Kontakte geknüpft.

Wenn ich an meine Aufgaben in der Zukunft denke, freue ich mich besonders darauf, bei der Eventplanung zu helfen. Derzeit stehen ein „Charity Night Preview Dinner“, der „SAE World Congress“ und eine Fahrt mit Presseautoren nach Kundenniederlassungen in Mexiko an.

Zu meinen Aufgaben gehört auch das Veröffentlichen von Nachrichten ehemaliger, derzeitiger und zukünftiger Praktikanten auf dem Blog von AutoCom Associates. Hier habe ich erst kürzlich einen Beitrag über „Halloween in the office“ veröffentlicht. Am 31. Oktober sind nämlich alle Mitarbeiter verkleidet ins Büro gekommen. Eine meiner Kolleginnen hatte sich als Schwangere verkleidet. Mit diesem Kostüm hat sie übrigens den betriebsinternen Preis als bestes Halloweenkostüm 2007 gewonnen. Unter anderem konnte man an diesem Tag einen „Spartan“-Fan (Michigan States Sportmannschaft), ein Rotkäppchen (hier übrigens Little Red Riding Hood genannt) und einen deutschen Ingenieur begutachten. Ich muss schon sagen, an diesem Tag galt der Ausnahmezustand im Büro. Es wurde Pizza zum Mittagessen auf Kosten der Firma bestellt und eine Kollegin hatte Halloween-Muffins gebacken.

Driving in the USA
Das Alltagsleben in den USA ähnelt auf den ersten Blick sehr dem europäischen. Bei näherem Hinsehen jedoch machen sich einige Unterschiede bemerkbar. Während ein Durchschnittsdeutscher in einem Einkaufscenter seinen Weg geht, fährt ein Amerikaner von einem Geschäft zum nächsten.

Der Umgang mit einer Baustelle auf der Straße ist noch etwas gewöhnungsbedürftiger. Zum einen, weil die Straße schon zwei Monate vor Umbauarbeiten geschlossen wird, wahrscheinlich damit sich die Autofahrer schon mal dran gewöhnen können. Zum anderen, weil die Amis den Job eines „sign holder“ geschaffen haben. Da steht doch tatsächlich ein Bauarbeiter einen ganzen Tag mit einem Schild in der Hand, auf dem „SLOW“ geschrieben steht. Ich sage nur: Arbeitsbeschaffungsmassnahme. Ein anderes Schild macht darauf aufmerksam, dass man 7.500 US-Dollar bezahlt und ins Gefängnis geht, wenn man einen Bauarbeiter verletzt oder sogar tötet. Aufmerksamkeit im Straßenverkehr bei Bauarbeiten ist angesagt!

Noch mehr Ungewöhnliches zum Schluss: Nach fast zwei Monaten USA gab es hier auch einige Missverständnisse. Als ich beispielsweise mein Nummernschild beantragt habe, sagte man zu mir: „we will send the licence plate by mail“. Das Kennzeichen per Mail verschicken? Wie soll das denn gehen? Ich wurde schnell aufgeklärt, dass „by E-Mail“ und „by mail“ ein Unterschied ist. Mit dem Ausdruck „by mail“ ist nämlich „per Post“ gemeint.

Obwohl der Visumsprozess ein wenig nervenaufreibend ist und trotz aller Verrücktheiten und Seltsamkeiten der Amerikaner genieße ich mein Jahr voller neuer Erfahrungen hier im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ist das Fernweh also geweckt? Put your hands up for Detroit and do it! Apply for an internship in the USA!

Silke Schwarte