Die Kunsthistorikerin Prof. Dr. Lynn Rother von der Leuphana Universität bekommt für zwei ihrer Projekte vom Land Niedersachsen und der VolkswagenStiftung eine Förderzusage in Höhe von 1,1 Millionen Euro. Im Rahmen dieser beiden Projekte beschäftigt sie sich mit der digitalen Erfassung und Bereitstellung von Ergebnissen der Provenienzforschung.
Die Provenienzforschung setzt sich mit der Herkunft von Kulturgütern wie Kunstwerken, Büchern oder Alltagsgegenständen auseinander. So sind viele Kulturgüter zur Zeit des Kolonialismus und Nationalsozialismus geraubt worden und bis heute unrechtmäßig im Besitz von Museen, Archiven und anderen Kulturerbe-Institutionen. Ein prominentes Beispiel dafür sind die Benin-Bronzen, die 1897 von britischen Truppen aus dem heutigen Nigeria entwendet wurden und bis heute im Besitz von verschiedenen Museen und Sammlungen sind.
Oft sind Daten, die zur Identifikation solcher Objekte wichtig wären, nicht digitalisiert, strukturiert oder standardisiert. Dies erschwert es, Datenbanken, maschinelles Lernen oder Algorithmen einzusetzen, um Objekte zu untersuchen und zu identifizieren. Prof. Dr. Lynn Rothers Ziel ist es, die Voraussetzungen dafür zu verbessern, dass Erbgemeinschaften, Herkunfts-Communities und andere berechtigte Gruppen diese Objekte leichter identifizieren können.
In dem Projekt “Modern Migrants: Paintings from Europe in US Museums” wird erprobt, wie Provenienz-Daten für große Sammlungen aufbereitet und für Forschungen und Rückführungen nutzbar gemacht werden können. Herkunftsangaben sind oft ungenau, lückenhaft oder widersprüchlich. Diese komplexen Daten werden in ein Datenformat namens Linked Open Data eingespeist. Es speichert Informationen so ab, dass sie von Computern gelesen und mit anderen Daten verknüpft werden können. Die Herausforderung dabei: Ungenauigkeiten und Widersprüche dürfen beim Einlesen nicht verloren gehen, da die Daten sonst nicht mehr vollständig analysiert werden können. Dank der neuen Förderung kann dieses Projekt nun bis mindestens 2027 weitergeführt werden.
Das zweite Projekt “PAESE 3.0” beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung und Nutzbarmachung von Daten, welche aus einem 2022 abgeschlossenen Projekt zur postkolonialen Provenienzforschung stammen. Zusammen mit Dr. Claudia Andratschke leitet Prof. Dr. Lynn Rother nun “PAESE 3.0”. Der Schwerpunkt liegt darauf, geografisch komplexe Daten so aufzuarbeiten, dass sie zur Provenienzforschung nutzbar gemacht werden können. Dies stellt eine besondere Herausforderung dar, da sich Ländergrenzen und geografische Zuordnungen stark durch die Kolonialzeit und spätere historische Entwicklungen verändert haben. Diese Veränderungen müssen daher in den digitalen Darstellungen berücksichtigt werden.
Mit ihrer Arbeit leistet Prof. Dr. Lynn Rother einen großen Beitrag zum Fortschritt der Provenienzforschung.