Das niedersächsische Hochschulgesetz soll geändert werden. Seit Februar 2013 hat die Ministerin Gabriele Heinen-Kljaji? (Grüne) das Steuer im Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) in der Hand. Bereits relativ früh war im MWK im Gespräch, das Niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) zu ändern, allerhöchste Zeit wurde es jedoch mit dem Urteil des BVerfG im Juni 2014 (1 BvR 3217/07).
Das BVerfG urteilte nach einer Verfassungsbeschwerde, dass die organisatorische Ausgestaltung der Medizinischen Hochschule Hannover nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Daher müsse zukünftig der akademische Senat der Hochschule wichtige Entscheidungen hinsichtlich der Wissenschaftsfreiheit selber treffen und dürfe es nicht mehr an andere delegieren.
Derzeit gibt es zwei aktuelle Entwicklungen zur NHG Novelle. Auf der einen Seite hat sich ein breites Bündnis aus dem Zusammenschluss einiger ASten, Parteipolitischen Hochschulgruppen, sowie dem studentischen Dachverband (fzs) und weiterer Gruppierungen für eine Kampagne zusammengefunden. Auf der anderen Seite bekommt Ministerin Gabriele Heinen-Kljaji? bezüglich des ersten Entwurfs derzeit Druck aus der eigenen Partei als auch vom Koalitionspartner SPD. Der Weser-Kurier berichtete dazu bereits.
Forderungen des Bündnisses
Zentrale Forderung des Bündnisses für eine Novelle des NHG ist die demokratische Mitbestimmung der Statusgruppen an den Hochschulen zu stärken. Das würde bedeuten, dass u.a. alle Gremien und Organe mindestens paritätisch besetzt werden, jede Statusgruppe in jeder Kommission gleichberechtigt säße und ein/eine studentische/r Vizepräsident/in eingeführt werden müsste. Dieses Vorgehen ist an einigen wenigen Hochschulen bereits üblich.
Eine Besonderheit in diesem Zusammenhang stellt die Leuphana dar, da es sich um eine Stiftungshochschule in einer Stiftung des öffentlichen Rechts handelt. Stiftungshochschulen kennzeichnen sich durch eine höhere Autonomie gegenüber dem Land durch Entstaatlichung und Stärkung der Hochschulautonomie und steuerliche Vorteile aus. In Niedersachsen trifft dies derzeit neben der Leuphana auf die Uni Göttingen, Uni Hildesheim, Hochschule Osnabrück und die Tierärztliche Hochschule Hannover zu.
Hierzu lauten die Forderungen des Bündnisses, dass die Stiftungsräte keine Beschlusskompetenz haben dürfen und das die vorhandenen Stiftungshochschulen evaluiert werden müssen sowie keine neuen Stiftungshochschulen mehr gegründet werden dürfen. Weiter heißt es, dass die Drittmittel die die Hochschulen einnehmen, dem Senat angezeigt werden sollen. Bisher nimmt die Stiftung diese Drittmittel entgegen und es gibt keine Anzeigepflicht, somit bleibt der Öffentlichkeit unbekannt von welchen Institutionen die Leuphana Drittmittel erhält, außer die Leuphana kommuniziert dies freiwillig. Schließlich bleibt noch der Punkt einer gesetzlichen Transparenz- und Zivilklausel zu nennen.
Lüneburger Beteiligung am Bündnis
Das Thema wurde bereits auf einer der ersten Sitzungen des neuen Studierendenparlaments (StuPa) aufgegriffen. Des Weiteren gibt es auch in Lüneburg eine lokale Arbeitsgruppe zum NHG Bündnis, ein zweites Treffen fand bereits im März 2015 statt. Ein kommendes Treffen ist im neuen Semester angedacht. Eine Aktionswoche vom 13-17.04.2015 ist geplant. Kontakt zur lokalen Arbeitsgruppe ist über das AStA PENG! Referat möglich.
Zukünftiger Einfluss des MWK
Der aktuelle Entwurf sieht ein Veto-Recht des Vertreters des MWK in den Stiftungsräten vor. In jedem Stiftungsrat sitzt ein Vertreter des MWKs. Hierbei sollen vermutlich Entscheidungen des Stiftungsrates durch den ministerialen Einfluss gebremst werden. Die Vergangenheit, insbesondere an der Leuphana, hat gezeigt, dass zum Bau des neuen Zentralgebäudes das hochschuleigene Controlling und die Projektsteuerung bezüglich der Hochbaumaßnahme versagt haben und hierzu unter Auflage des MWK ein externer Partner zur Projektsteuerung hinzukam. Weiter wurde auch ein Controlling-Beirat für den Stiftungsrat etabliert. Mit einem Veto-Recht des Ministeriums durch den Vertreter des MWK kann man hier früher eingreifen.
Hierbei wird insbesondere auf die Bedeutung der Aufsichtspflicht des MWK gepocht, das BVerwG (2 C 15.08) entschied 2009: „Das Fachministerium muss durch Ausübung seines Weisungsrechts gegenüber der Stiftung eine wirkungsvolle Rechtsaufsicht gegenüber der Hochschule sicherstellen.“ Bisher hat der Vertreter des MWK volles Stimmrecht, kann jedoch jederzeit überstimmt werden, da er nur ein Mitglied des Stiftungsrats ist.
Dieser zunehmende Einfluss des MWK ist einer der Hauptkritikpunkte die aus den eigenen Reihen und vom Koalitionspartner SPD kommen, sowie von der Landeshochschulrektorenkonferenz Niedersachsen genannt werden. Die LandesAstenKonferenz (LAK) Niedersachsen wirft sogar der Ministerin Wortbruch bezüglich der Idee eines studentischen Vizepräsidenten vor – zuerst wurde die Idee begrüßt und nun soll sie ganz vom Tisch sein.
Weiterer Pfad
Derzeit befindet sich der Gesetzesentwurf in der Ressortabstimmung zwischen den Ministerien. Die Verbandsanhörung ist für April 2015 geplant. Einen Termin für die Behandlung im Landtag steht noch aus, zuerst wird sich jedoch der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur damit beschäftigen und die Stellungnahmen der Verbandanhörung auswerten.
Autor: Christopher Bohlens