Nelson Mandela: Ikone einer Nation

Nelson Mandela wird heute – schwer krank – 95 Jahre alt. Was geschieht, wenn Südafrikas Nationalheld stirbt?

Seit mehr als einem Monat liegt Nelson Mandela in Pretoria im Krankenhaus. Er kämpft gegen eine Lungenentzündung – die Spätfolge einer Tuberkulose, an der er während seines 27jährigen Gefängnisaufenthalts erkrankte.

Während er im Krankenhaus um sein Leben ringt und seine Familie sich in verschiedenen Gerichtsverfahren darüber streitet, wo er beerdigt werden könnte, sind die Südafrikaner zusammengerückt und bangen gemeinsam um ihren Nationalhelden. Die Rolle Mandelas in Südafrika ist eine besondere: er war nicht nur der erste dunkelhäutige Präsident des Landes und beendete durch seinen unerbitterlichen Kampf die Apartheid – er ist auch heute noch die Ikone im Land. Geht man nach dem Gefühl der Südafrikaner, steht und fällt mit ihm die Demokratie im Land.

Sein Freiheitskampf bringt ihn ins Gefängnis

Madiba, wie er oft in seinem Clannamen genannt wird, tritt bereits 1944 dem African National Congress (ANC) bei und engagierte sich stets gegen die weiße Apartheidsregierung. Wegen Sabotage und Planung des bewaffneten Kampfs wird Mandela 1964 zu lebenslanger Haft verurteilt. Einen Großteil seiner Haft, 18 Jahre, verbringt der Freiheitskämpfer auf Robben Island, einer Gefängnisinsel etwa 11km vor Kapstadt. Auch dort lässt Mandela sich nicht in seinem steten, legendären Kampf unterkriegen – zwar muss er dort täglich in einem Steinbruch arbeiten und verliert dort einen Großteil seines Augenlichts. Gleichzeitig nutzte er die Zeit aber auch zu Studienzwecken. Er schreibt den ersten Teil seiner Memoiren in seiner 6qm großen Zelle und veranlasste auch seine Mitinsassen dazu, die Haftzeit zum Studieren zu nutzen: Robben Island erhält schnell den Spitznamen „Mandela University“. Trotz der mehr als widrigen Haftbedingungen und der vielen Krankheitsfälle gibt Mandela nicht auf.

Als er 1990 aus der Haft entlassen wird, ist er längst der Held der Nation. Vier Jahre später wird er Präsident. Das Apartheidsregime ist überwunden, jetzt liegt es an Mandela, das Land in eine neue, vereinte Regenbogennation umzuwandeln.

In Südafrika nennen ihn viele liebevoll „Tata“ – was „Vater“ bedeutet

Nelson Mandela steht unweigerlich für ein vereintes Südafrika. Wenn man heute mit Südafrikanern über ihren „Tata“ (isiXhosa für „Vater“) spricht, sieht man glänzende Augen und schwärmende Menschen. Madiba ist das Gesicht der Verständigung und Versöhnung. Sein Leben und sein Werk sind ein Beispiel dafür, dass man sich nicht unterkriegen lassen darf und dass man es entgegen aller Schwierigkeiten und Widerstände schaffen kann. „Das Leben von Nelson Mandela lehrt uns, dass das Unmögliche möglich ist, aber nur, wenn Menschen den Mut haben, sich für Veränderung einzusetzen“, beschreibt US-Präsident Barack Obama den Einfluss Mandelas anlässlich eines Benefizkonzerts zu seinem 91. Geburtstag. Mandelas Charme und seine Ausstrahlung lassen vergessen, dass Südafrika es noch nicht geschafft hat, die Apartheid zu überwinden: die Kriminalitätsraten im Land sind weiterhin exorbitant hoch, Vergewaltigungen stehen an der Tagesordnung. Die Kluft zwischen schwarz und weiß ist zwar deutlich kleiner geworden, aber immer noch spürbar. Auch der ANC, jene Partei, die es mit Mandela an die Spitze des Landes geschafft hat, kriselt. Jacob Zuma, aktueller Präsident von Südafrika, wurde der Korruption und Vergewaltigung beschuldigt. Viele Südafrikaner geben offen zu, den ANC nur noch aus Liebe zu dem Friedensnobelpreisträger zu wählen – weil sie ihren Tata nicht enttäuschen wollen.

Heute wird Mandela 95 Jahre alt. Hunderte Menschen werden sich auch an diesem Tag vor dem Krankenhaus versammeln und für ihren Helden singen und beten. Sie kommen aus dem ganzen Land, um ihm die letzte Ehre zu erweisen, ihm noch einmal ihre Dankbarkeit zu zeigen. Wenn Mandela stirbt, verliert Südafrika sein Idol – aber sein Geist und seine Stärke wird in vielen Herzen weiterleben.

Autorin: Silke Finkeldei