Die Hintergründe über den Konflikt um den Dannenröder Wald – Warum die Lage jetzt eskaliert.
Der Dannenröder Forst, der Herrenwald und Maulbacher Wald in Hessen sind seit geraumer Zeit in den Medien: Der Mischwald ist Brennpunkt eines Konflikts, der schon seit 40 Jahren besteht. Die Landesregierung sieht vor, die A49 und an die A5 anzuschließen, dafür ist eine 85 Hektar große Rodung, sowie eine Versiegelung von 123 ha Fläche mit Asphalt vorgesehen.
Das Problem: Die Rodungen gehen direkt durch das Wasserschutzgebiet Dannenröder Forst, das ca. 500 000 Menschen mit Trinkwasser versorgt.
In Hessen hat die Landesregierung, bestehend aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen, im Koalitionsvertrag dem Ausbau zugestimmt. CDU Kreisverbände sammelten 7000 Unterschriften von Befürwortern. Die Autobahn soll Bürger entlasten, die derzeit stark vom Durchgangsverkehr betroffen und in ihrer Lebensqualität durch die Durchfahrten von LKW eingeschränkt sind. Die DEGES Baugesellschaft verweist außerdem auf die zahlreichen Ausgleichsmaßnahmen, wie zum Beispiel die Renaturierung von Gewässern und die Aufforstungen von Ackerflächen. Lärmschutzmaßnahmen werden nicht für nötig gehalten und eine konkrete Verkehrsprognose, die beweist, dass die Streckenerweiterung verkehrsberuhigend wirkt, liegt nicht vor. Die Regierung geht allerdings davon aus, dass der Ausbau die ländlichen Gegenden sehr entlastet, die Ortsverbände der CDU sehen das Bauprojekt als unumgänglich an.
Bei Kampfmitteluntersuchungen im Bodenbereich bei den Bauvorbereitungen wurden übrigens 20 Tonnen Munition aus dem 2. Weltkrieg gefunden, davon waren 4 Tonnen scharf.
Seit Oktober 2019 besetzen Aktivist*innen von Fridays for Future, BUND, Extinction Rebellion und anderen Klimaschutzorganisationen den Dannenröder Forst, sie haben sich zum Aktionsbündnis „Wald statt Asphalt“ zusammengetan.
Ziel ist der Schutz des gesunden Mischwaldes, dessen Ökosystem seit 300 Jahren besteht, sowie die Verhinderung der Verkehrswende. Sie fordern mehr Investitionen für den Ausbau des Schienenverkehrs und eine Überarbeitung der
Pläne des Bundesverkehrswegeplans, der über 100 neue Autostraßen vorsieht. Der „Danni“ ist also kein Einzelfall.
Der BUND hat zweimal Klage gegen die Fällungen eingereicht, unter anderem wegen des Verstoßes gegen die europäische Wasserrahmenrichtlinie, jedoch hat das Bundesverwaltungsgericht beide Klagen abgelehnt.
Monatelang haben Menschen mit verschiedensten Aktionen auf das Problem aufmerksam gemacht und sind in Konflikte mit den Polizist*innen geraten. Ein Camp aus Baumhäusern, wurde errichtet und die Stimmung vor Ort wird als zwanglos, frei und „Gelebte Utopie“ beschrieben.
Aktivist*innen wie Carola Rakete sind vor Ort, sie berichtet von einem „Vorleben eines anderen Gesellschaftsmodells“: Die Camps sind nicht nur Schauplatz des Protests, sie organisieren auch Workshops zu politischen Fragen, bilden Baumhausdörfer, die sich untereinander organisieren und im täglichen Plenum die anfallenden Aufgaben und Rollen neu verteilen, die Lebensmittel sind teilweise Containert und jeder, der Lust hat zu helfen, ist willkommen.
Durch Corona wurden die Proteste jedoch stark eingeschränkt, so haben die Organisatoren Mitte Oktober eine Protestaktion absagen müssen, weil gerade bei der Anreise nicht auf den richtigen Abstand unter den Teilnehmern geachtet werden kann.
Der Landkreis Marburg-Biedenkopf ist auf der Karte des Robert Koch-Instituts dunkelrot, Umweltschützer forderten deshalb den Abbruch des Polizeieinsatzes, doch danach sieht es derzeit nicht aus: Am südlichen Rand des Waldes errichten Beamte ein Logistikzentrum, die ersten Camps werden seit Dienstag geräumt.
Dabei geht es nicht gewaltfrei zu, wie Aktivist*innen von „Wald statt Asphalt“ auf ihrer Website berichten. Auf beiden Seiten herrscht Uneinigkeit über die Einhaltung der Corona- Regeln, fraglich ist auch, ob bei den Räumungsarbeiten der Mindestabstand eingehalten werden kann.
Aktuell ist der Konflikt nicht nur wegen der andauernden Begegnungen zwischen Aktivist*innen und Polizeibeamt*innen: Die Fällungen haben offiziell seit dem 01. Oktober im Herrenwald und Maulbacher Wald begonnen – Nach jahrzehntelangen Diskussionen. Deshalb hat Extinction Rebellion einen Aufruf über Social Media gestartet und alle Menschen aufgefordert, sich zu mobilisieren und für die Verkehrswende zu protestieren.
Titelbild: (c) Leonard Lenz
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dannenrod_Forest_2020-08-21_62.jpg