Mehr als zehn Meter Univativ

Eigentlich klingt das nicht viel: 50 Ausgaben. Was sind schon 50 Ausgaben? Drei Aktenordner, um genau zu sein. Oder zehneinhalb Meter, wenn man sie alle nebeneinander legt. Uns bedeuten sie viel. Deshalb stehen die 50 Hefte der Univativ fein säuberlich abgeheftet im Schrank des Redaktionsbüros. Genau genommen stehen da nur 49, weil das Heft 34 irgendwann abhanden gekommen ist (wenn es jemand noch haben sollte – wir würden uns freuen…). Die drei simplen Ordner mit den vielen Heften haben jede Menge zu erzählen.
Zum Beispiel von den Anfängen im Jahr 1995, als die Universität noch – wie heute wieder – im Roten Feld ansässig war. Den Uni-Campus in der Scharnhorstraße gab es noch gar nicht. Das studentische Magazin der Universität hieß seinerzeit „Was denn“ und erschien immerhin seit 1984. Ein Team engagierter Studierender machte sich daran, dieses Magazin völlig umzukrempeln. Das war die Geburtsstunde der Univativ, die mit völlig neuem Konzept im Mai vor zwölf Jahren zum ersten Mal erschien. Revolutionär war das Querformat – „weil neues sich breit machen muss“, wie die Gründungsredakteure programmatisch verkündeten. Thematisch in verschiedene Ressorts gegliedert und mit dem Anspruch der Offenheit gelang es der Univativ, das Magazin der Lüneburger Studierenden zu werden .

Kein Wunder, dass sie dabei immer wieder aneckte. Zum Beispiel bei der Einweihung des neuen Campus-Geländes am 31. Oktober 1997. In nicht weniger als zehn Artikeln wurden das Ereignis und die Nachwirkungen kontrovers beleuchtet. Kritik entzündete sich vor allem daran, dass zu dieser Einweihungsfeierlichkeit nur eine kleine Delegation handverlesener Studierender geladen war – und die Mehrheit außen vor blieb. Sind die Studierenden nur lästig? fragte die Redaktion provokant. Kein Wunder, dass die Reaktionen nicht lange auf sich warten ließen. „Miesmacherei“ lautete der Vorwurf aus dem Präsidium an die Adresse der Univativ. Das Magazin würde die Universität mit solchen Berichten „kaputtreden“.

Auch beim AStA, dessen Referat die Univativ einst war, eckte sie an. Drei Jahre nach Gründung des Magazins versuchten die damals amtierenden Sprecher, das Heft zum Verkündigungsorgan ihrer Politik zu machen und sich massiv in die redaktionellen Angelegenheiten einzumischen. Es gab Unterschriftensammlungen und sogar Gegengründungen – und die Univativ blieb trotzdem. Mittlerweile sind alle „Konkurrenz-Blätter“ längst eingestellt und der Streit vergessen. Und die Univativ ist inzwischen eine studentische Initiative und als eingetragener Verein organisiert.

Wer die alten Ausgaben durchblättert, stößt mit schöner Regelmäßigkeit auf Themen, die einem verdächtig aktuell vorkommen. „Das ist nicht unser Logo“ titelte die Univativ zum Beispiel in Heft Nr. 9 und berichtete ausführlich über die Diskussion ums neue Uni-Signet, das an den Gremien vorbei entwickelt worden war. Das mangelnde studentische Engagement ist auch einer dieser „Dauerbrenner“ und die Klagen über wenig Lust aufs Ehrenamt wurden und werden immer wieder geführt – übrigens auch in dieser 50. Ausgabe. Die Einsicht, dass auch frühere Generationen Antworten auf die Nachwuchs-Frage finden mussten, mag tröstlich sein. Wir selbst haben diese Frage für uns aber noch nicht beantworten können. Denn die Zahl der Univativler, vor allem jener, die sich um Organisation, Finanzen und Vertrieb kümmern und auch Verantwortung übernehmen wollen, ist gering, Tendenz eher sinkend. Eigentlich schade. Denn die Univativ könnte sicher mehr sein, als sie heute ist.

Aber wie ist die Univativ heute? Sind wir zu brav? Zu unpolitisch? Zu langweilig? Manchmal – wenn eine der ganz wenigen Reaktionen aus der Leserschaft in der Redaktion eintrifft – bekommen wir das zu hören. Aber das ist sehr, sehr selten. Unsere Leserschaft schweigt meistens. Manchmal fragt man sich, ob es sie überhaupt gibt. Werden wir gelesen? Aber dann, im Moment der größten Selbstzweifels, naht meistens Rettung: Es kommt bestimmt jemand, der sich beschweren will, weil wir für eine Veranstaltung ein falsches Datum abgedruckt haben. Oder weil wir seine Eiscreme für wenig empfehlenswert halten. Dann wird sogar schon mal ein Anwalt bemüht. Und wir wissen: Die Univativ wird doch gelesen! Danke!

ROL