Leupht so mittel – das Leuphana City Lab im Februar

“Grundlegendes Ziel des Projekts ist es, eine metaphorische Brücke zwischen Stadt und Universität zu schlagen[…]”, so heißt es im Programmheft des erstmalig stattfindenden Stadtprojektes der Leuphana Universität. Auch das Logo schmückt – wie passend – eine Brücke. Aber wie kam es überhaupt zu der Veranstaltung? Und besuchten sie wirklich sowohl Studierende als auch Lüneburger*Innen?

Schon bevor ich in der Großen Bäckerstraße 30 ankomme, stehe ich vor dem ersten Problem: Wie komme ich denn überhaupt da hin? Gut, dass ich dank Googlemaps schnell das Gartencafé finde – und siehe da, es hängt sogar ein DIN A 3 Schild in Leuphana-Farben am Eingang. Zu meinem Glück begegne ich dann auch direkt ein paar Involvierten, die mich durch den Hinterhof zum Ort des Geschehens führen. So richtig begeistert mich der erste Eindruck nicht: Von außen ist kaum zu erkennen, dass sich hier ein Veranstaltungsraum befindet und auch die Lokalität selbst sieht von innen eher nach Omas Wohnzimmer aus, als nach Studierenden-Projekt.

Die Beiträge, die zu sehen sind, begeistern mich dafür umso mehr. Vom Donnerstag den 15. bis Samstag den 17.02. fanden die Tage zum Thema „Digitalisierung“ statt.

No Border – No Cry

Die No Border Academy zeigt so zum Beispiel eine Installation, die im Rahmen des Skandaløs Festivals 2017 entstand. 14 Sprecher*Innen hatten dafür Gedichte in ihrer Muttersprache eingelesen, welche dann zu einer Klangcollage zusammen gefügt wurden. Der Name des Projekts: „Grenzenlos“, da alle Werke sich mit dem Begriff der Grenze beschäftigen. Nicht besonders fantasie- dafür aber eindrucksvoll. Zum Oberthema Digitalisierung passt das Ganze zwar nicht richtig. Ja, okay, es ist eine Audioaufnahme, aber da hörts auch schon auf. Trotzdem bin ich interessiert und sicher wären das auch die eingeladenen Lüneburger*Innen – wenn denn welche da wären.

Beim Workshop von Paula Bialski bin ich, zusammen mit einer der organisierenden Studentinnen die einzige Teilnehmerin. Schade eigentlich, denn auch dieser Beitrag ist informativ und macht Spaß. Zugegeben, der Titel „The ETA Game“ verwirrt mich auch zunächst, bis ich nach etwa 20 Minuten schnalle, dass ETA für „estimated time of arrival“ steht. Macht eigentlich Sinn, da es sich um einen Workshop über Navigationssysteme handelt. Wir spielen also zu zweit Auto und ich fühle mich ein bisschen in den Kindergarten zurück versetzt, aber genieße es umso mehr. Bialski hatte im Vorfeld Stationen aufgebaut und Pappbecher mit Anweisungen versehen. Ziel des Ganzen war es nun, wie bei einer Schnitzeljagd alle Punkte zu durchlaufen und möglichst schnell wieder zurück zu kommen. Dabei hatte man wenig Einfluss auf seine eigenen Aktionen und musste dem folgen, was auf dem jeweils gezogenen Zettelchen stand. Eine Frage, die man sich hierbei gewiss stellen könnte ist: Warum? Nun ja. Ohne jetzt zu weit ausholen zu wollen, kann man es vielleicht so erklären: Die jeweiligen Befehle stellen Probleme mit heutigen Navigationssystemen dar, wie etwa einem im Urlaub auf Mallorca entspannenden Programmierer, der einen Fehler nicht sofort behebt (kein Witz!), oder aber auch gegenteilig einwandfrei laufende Navis. Zog man einen „Fehler“ musste man warten, bei letzterem durfte man weiter gehen. Sinn der Aufgabe war es, sich darüber bewusst zu werden, wie sehr Algorithmen mittlerweile selbst unsere Fahrtrouten bestimmen können und was dabei alles schief, beziehungsweise natürlich auch gut laufen kann. Insgesamt also ein spannendes Thema, nicht nur für Studierende und hier stimmte sogar die Zuordnung zu den entsprechenden Tagen.

Am Freitag besuchte ich abends die gastierende Lesebühne „PROST & PROSA“, gegründet von den Kommilitoninnen Helena Knorr und Ticha Matting aus Berlin. „E“ wie Ego sollte das Thema sein, inklusive Digitalisierungs-Aspekt. Sechs Vortragende gaben dabei ihre Texte zum besten, jeder anregender und gewohnt universitär-philosophischer als der nächste. Das Publikum fällt hier auch ein wenig größer aus. Zwar sind es wieder nur Studenten und Studentinnen, die den Weg durch den Hinterhof auf sich genommen haben, aber dafür scheinen sie umso interessierter.

Brücken bauen

Unter der Seminarleitung von Heiko Franken (u.a. stellvertretender Vorsitzender der Universitätsgesellschaft) konzipierten im letzten Semester Masterstudierende der Uni das City Lab. Dabei gab es Gruppen, die sich jeweils mit einem wichtigen Aspekt der Veranstaltung auseinandersetzten: Konzept- und Inhalt, Location- und Material, Finanzen, Umfragen, Marketing, sowie eine Rechtsperson. Im Fokus stand die Schaffung eines „Begegnungsraums für Visionen, der aus den Ideen von Lüneburger*innen und von universitären Vertreter*innen gespeist“ würde, so Seminarteilnehmerin und Teil des Konzeptions-Teams Mirijam Auen: „Daher wurden viele interaktive Workshops und Diskussionen Teil des Programms.“ Einen Monat lang sollten nicht nur universitäre Formate, sondern auch neue, spannende Programmpunkte die Location in der Großen Bäckerstraße bespielen. Auen erzählt:“ Dazu hatte es sich angeboten alle 4 Fakultäten der Uni in unterschiedlichen Themenschwerpunkt-Wochen zu repräsentieren. Das ermöglichte ein strukturelles Gerüst. Innerhalb dieser Themenwochen sollte es Freiraum für Ausgründungen oder Arbeitsgruppen geben, die den Raum nutzen und frei gestalten dürfen.“ So haben beispielsweise auch TEIKEI Coffee einen Pop-Up-Store gestaltet und der Dachverband der Studierendeninitiativen (DSi) nutze den Raum für ein paar Tage als Co-Working-Space.

Insgesamt war das ganze Projekt zwar gespeist mit interessanten Beiträgen, einige Dinge könnten aber in Zukunft noch verbessert werden, das weiß auch Auen:“die Repräsentation der Lüneburger*innen und die Sichtbarkeit und Präsenz des Projekts in diesem Jahr“ etwa. Das kann ich nur bestätigen. In den zwei Tagen meiner Teilnahme sind mir ausschließlich Studierende und Lehrende begegnet, nicht mal ein süßes Rentnerpärchen mit zu viel Zeit kam hineingewackelt. Trotzdem hat sich für mich der Besuch ohne Zweifel gelohnt und vielleicht, sollte das City Lab im nächsten Jahr noch einmal stattfinden, wird es dann seinem Logo gerecht.

Fotos: Isabel Roudsarabi