Kuwis – wenigstens hübsch.

In der Klausurenphase wirkt Lüneburg für gewöhnlich wie ausgestorben – wären da nicht die Kuwis.

Das sind jene Student*innen, die sich dieser Tage noch schnell den nächsten Mai Tai zusammenkippen, um sich dann wieder zurückzulehnen, während der Durchschnitts-BWLer vor anspruchsvollen mathematischen Aufgaben schwitzt, bei denen sich wohl selbst Mario Draghi angestrengt die Schläfen reiben würde. Jene Student*innen, die niemals Klausuren schreiben, sondern sich einmal im Semester mit einer Hausarbeit über Harry Potter die Eins-Drei abholen. Jene Student*innen, die sich auffällig oft in allen möglichen studentischen Initiativen engagieren, nur um nicht den lieben langen Tag in der Nase bohren zu müssen.

Kurzum: Das Studium der Kulturwissenschaften ist etwas, das noch weniger Anwendung in der Praxis findet als der Kundenservice der Deutschen Bahn.

Das sehen die Kuwis allerdings ganz anders: Fragt man die Meute, deren Spektrum vom dauerbekifften Hippie bis zur Perlenpaula irgendwie alles umfasst, was weiblich oder fast weiblich ist, sind die Auskünfte über das, was sie studieren so verschieden wie – ja, Kuwis und BWLer. Literatur, Tourismus, Geographie, Kunst; es scheint als gäbe es einen bunten Lostopf der schönsten Geisteswissenschaften, aus dem jedes Semester ein neues, BAföG-finanziertes Abenteuer gezogen werden darf. Oder in den Worten einer Kuwi-Studentin: „Kultur ist ja alles, irgendwie.“

Super hippes Kuwi-Girl beim deepe Songs schreiben / (CC) flickr – Peter Doucette

Sicher kann man darüber hinwegsehen, dass hier scheinbar Noten für Spaß an der Freude verschenkt werden. Ist man dann aber gezwungen mit dem notorischen Besserwisser-Weltversteher-Kuwi zu diskutieren, platzt einem der Kragen schneller als einem Kuwi der Traum von „irgendwas mit Medien“. Die meisten Kuwis waren nämlich im Ausland: Indien, Bolivien, Indonesien – Hauptsache arm. Das erweitert nämlich den Horizont und lässt einen wertschätzen, was man hat. Na ja, oder was die Eltern haben. Aus dem Weg gehen kannst du dem nicht: Kuwis sind nämlich überall (klar, die haben ja auch Zeit). Und spätestens auf der nächsten Party landest du so unausweichlich in einem Gespräch über den Familienzusammenhalt in Kambodscha wie Kim Kardashian auf den Boulevard-Titelblättern dieser fürchterlichen Welt.

Leider bringt der erweiterte Horizont herzlich wenig bei der Suche und Ausführung eines Jobs. Das ist das, was mein Vater mir einst beibrachte: Die freie Wirtschaft ist hart, das Leben ist hart – und überhaupt.

Und am Ende heißt es dann: Bye, bye Kuwi-Kuschelkurs, hallo Taxifahren!

Aber hübsch sind sie ja, die Kuwis.


Disclaimer: Das war Satire. Nicht alle Kuwis entsprechen den eben beschriebenen, überspitzten Klischees. Aber vielleicht ein bisschen.

Titelbild:
„Kultur ist ja alles, irgendwie“ – Lichterketten-Lisa
(c) Spencer Selover

Kim Torster

Kim hat Kuwi studiert und war Chefredakteurin bei Univativ. Heute arbeitet sie nicht als Taxifahrerin, sondern als Journalistin. Glück gehabt.

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