Angelika ist alleinerziehende Mutter und studiert Vollzeit an der Leuphana. Wöchentlich berichtet sie über ihren Weg zum Studium sowie Erfahrungen und Erlebnisse rund ums Studieren mit Kind.
Update
Mittlerweile studiere ich seit über einem Jahr. Und ob man es glaubt oder nicht: auch noch sehr erfolgreich. Entgegen aller Annahmen, ich würde schon nach der Startwoche exmatrikuliert werden, oder spätestens bei der ersten Klausur alles verhauen: dies kann ich „leider“ nicht bestätigen. Jetzt bin ich im dritten Semester und kann mich über schlechte Noten keineswegs beklagen. Eigentlich läuft es nach Plan und alles wäre perfekt, wenn da nicht das große ABER wäre.
Wie schaffst du das nur???
Diese Frage wird mir fast täglich gestellt. Ein Kind, Haus und Garten, Katze, zwei Jobs, ehrenamtliches Engagement bei insgesamt 4 Institutionen, Zusatzausbildung, Mathenachhilfe. Achja und natürlich nicht zu vergessen: das Studium! Menschen, die mich das fragen, sehen mich meist mit weit aufgerissenen Augen oder Mündern an. Sie kommentieren gleichzeitig, dass sie durchdrehen oder sich die Kugel geben würden, wären sie in meiner Situation. Da muss ich oft schmunzeln. Es überfordert mich, eine Antwort geben zu müssen, die DAS Geheimrezept enthält, um so einen Alltag zu überstehen. Nun, erstens sehe ich meinen Alltag nicht als Strafe und es gibt für mich nichts zu überstehen. Ich würde eher sagen, es ist eine große Herausforderung, an der man täglich wachsen kann. Dennoch ist ja nicht alles Gold was glänzt. Zweitens: es gibt leider kein Geheimrezept.
Ich bin eine Mogelpackung
Das, was nach außen hin so professionell und fehlerfrei aussieht, ist es keineswegs. Es gibt gute und schlechte Tage. An manchen Tagen läuft alles nach Plan; das Kind spielt mit, hält sich an Mamas Regeln, ich komme zum Arbeiten und Lernen, werde pünktlich fertig und habe sogar noch einen Feierabend. Aber an manchen Tagen komme ich nach Hause, das Kind sitzt vor dem Fernseher und hat nicht, wie abgemacht, die Hausaufgaben erledigt, gesund gegessen und den Müll rausgebracht. Folgende Ausreden darf ich mir dann unter anderem anhören:
• „Auf KiKa läuft grade was gaaanz Wichtiges für Kinder, das macht schlau, Mama!“
• „Ich hatte Hunger und konnte den blöden Salat nicht finden“ (dabei steht er genau vor der Nase – die Naschis jedoch befinden sich versteckt im obersten Schrank).
• „Den Müll kann man auch noch morgen rausbringen, der wird ja nicht schlecht.“
Hier gilt es, sich durchzusetzen, einmal ordentlich zu schimpfen, zu zeigen wer der Boss ist. Das kostet Zeit und Energie. Bis das Kind dann alles nachträglich erledigt hat und im Bett ist, ist es oft schon weit nach 20 Uhr. Wo für viele der Feierabend beginnt, heißt es für mich: an den PC und schreiben, lesen, arbeiten oder auswendig lernen für Klausuren – meist auch alles nacheinander oder gleichzeitig. Am nächsten Morgen wird wieder um 6 Uhr aufgestanden.
Nur Mut
Warum ich mich hier oute, statt weiterhin den Ruf der superprofessionellen Studi-Mama zu genießen? Weil ich sicher bin, dass da draußen viele Eltern sitzen, die (genau wie ich damals) den Wunsch haben, nochmal was Großes zu starten – sich aber nicht trauen. Oder Eltern, die manchmal super frustriert nach Hause kommen, nach einem anstrengenden Tag, sich nach Erholung und Feierabend sehnen… und dann nimmt die Arbeit gerade erst Fahrt auf. Und auch Eltern, die sich eigentlich nicht beklagen können, bei denen alles meist gut verläuft. Auch das ist ok. Lest euch den Artikel durch und seid am Ende sicher: wir alle kochen nur mit Wasser und wir alle haben etwas gemeinsam. Vernetzt euch, unterstützt euch und tauscht Erfahrungen aus. Steht auch mal zu euren Macken und lacht über jedes Alltagsdilemma. Das ist heilender und günstiger als eine Therapie.
Autorin: Angelika Kowal