Kann Spuren von Kitsch enthalten. Rezension zu Linkin Park – Living Things

Hier wird sich was getraut. Linkin Park verkommen mit ihrem neuesten Album erneut zur absurd-komischen Schlagerkapelle. Ein musikalischer Zirkus des schlechten Geschmacks.

Hat so wenig mit der Rezension zu tun, wie Linkin Park mit musikalischem Talent (c) Matthias Jessen

Linkin Park wühlen auf. Und zwar nicht durch Originalität und Talent, sondern dadurch, dass sie unfassbar schlechten Audiomüll auf einen Datenträger pressen und dabei eine so unterirdische Qualität abliefern, dass man innerlich ganz unruhig wird und sich überlegt, ob nicht vielleicht der neueste Ballermann-Sampler mehr zu bieten hat.

Von Entwicklung und musikalischer Innovation ist da nicht zu reden. Da schrammelt die perfekt abgetastete Gitarre die ewig gleichen Riffs runter, ein paar traurige Piano-Akkorde werden eingesprenkelt und unterlegt ist das Ganze von einem schmachtenden, elektronischen Schlagzeug.

Und dann ist da noch das Gesangsduo. Es dauert nur etwa drei Minuten, da hat man das ganze schmalzige Teenie-Schmerz-Vokabular der 90er um die Ohren gerappt und geschrien bekommen (sorrow, hollow, lost, let you go, frustration, broken promises, seperate, searching, fear, pain, broken down, broken heart, sinking down, chance to feel alive, left behind) und man sitzt dort und kann vor lauter fremder Scham den Kopf kaum schütteln.

Aber wie war das früher? Verdammt war das geil als vor 13 Jahren mein Kumpel mit Hybrid Theory, dem ersten Album der Band, um die Ecke kam und wir die Songs rauf und runter hörten. Das war neu, das passte und das bewegte.

Unzählige Jobs und Städte später lege ich nun das fünfte Machwerk der Jungs auf. Mein Kumpel ist inzwischen verheiratet und hat einen Sohn zur Welt gebracht. Menschen entwickeln sich beruflich, emotional und geistig weiter. Linkin Park nicht.

Chester Bennington klingt noch immer so als würde seine Exfreundin mit seinem Skateboard Tag und Nacht über seine Eier rollen (seit 13 Jahren!) und die Rap-Einlagen von Mitstreiter Mike Shinoda sind an Lächerlichkeit und Einfallslosigkeit nicht einmal durch den in der Rap-Szene verhassten Soulja Boy zu überbieten.

Solche Songs herauszubringen ist in etwa so peinlich wie sich im vorderen Bereich des Hörsaals gehörig einzunässen. Auch ist es so seriös und willkommen wie ein Nachbar, der Tag und Nacht Scooter hört. Vergleichbar mit deren Niveau sind Linkin Park inzwischen aber leider schon.

Stilistisch den Rang eines Edeka-Prospekts im Literaturbetrieb vertretend, wird auf „Living Things“ 37 schlimme Minuten lang gejault und geklagt. Hier lebt leider gar nichts. Ganz im Gegenteil, alles ist nach Schema F geschrieben und aufgenommen worden.

Aber es wird sich prächtig verkaufen, ebenso wie die letzten Alben. Diese Clowns werden geldzählend über den Globus hetzen und Stadien füllen und dann wird das nächste Album eingespielt. Und immer so weiter…

Wer es sich antun möchte: Hier gehts zur iTunes-Vorschau.

Autor: Matthias Jessen