Idee gut, Umsetzung mangelhaft

Der Leuphana-Bachelor: aus dem Alltag der Erstsemester.

Der Leuphana-Bachelor ist nun für alle ErstsemestlerInnen zwangsweise ein Begriff. Für alle anderen StudentInnen ist das so genannte Leuphana-Semester noch nicht ganz klar. Immer wieder werde ich gefragt, was ich denn so für Kurse hätte und wie das bei uns mit dem Creditpoints System läuft etc.Dabei geht es doch hauptsächlich darum, uns zukünftige Fachidioten etwas mehr open minded zu gestalten! Das Leuphana-Semester lässt sich in die Module „Verantwortung in der Gesellschaft“, „Wissenschaft nutzt Methoden“, „Wissenschaft macht Geschichte“ und eine fachbezogene Einführung jedes Majors gliedern. Das vorgesehene Workload des Leuphana-Semesters für den Durchschnittsstudenten beträgt 900 Stunden.

Montags morgens starten alle LeuphantInnen mit dem Modul „Verantwortung in der Gesellschaft“. Neben der Vorlesung wird auch ein Tutorium zur Klärung der Begriffe Ethik, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit angeboten. Teil dieses Tutoriums sind zahlreiche Gruppenarbeiten und die drei Lerntagebücher, in denen alle Teilnehmer über das Gelernte und die Lernweise zu berichten haben. Außerdem dient ein 117 Seiten langer Studienbrief als Verständnishilfe, da hier Themen aus dem Modul noch einmal ausführlich geschildert werden und der deshalb zur Vor- und Nachbereitung ähnlich wie ein Skript genutzt werden sollte. Zur Prüfungsleistung gehört der so genannte Abstract, also eine Referatsausarbeitung mit qualitativem Anspruch für eine Präsentation auf der Konferenzwoche im März 2008.

Dienstags und donnerstags sind alle Erstis im Bereich „Wissenschaft nutzt Methoden“ tätig, dieser lässt sich in „Mathematik für alle“, „Statistik für alle“ und „Forschungsmethoden für alle“ zerlegen. Zwei von den dreien können oder müssen (Majorabhängig) belegt werden. In der Vorlesung im Fach Statistik wird der gesamte Stoff der „Statistik I“ in einer Zeit von sieben Wochen durchgepaukt. Für Fragen oder erhellende Erläuterung hat der hektische Dozent keine Zeit, aber „mit einem Beispiel wird hoffentlich alles klarer“. In der Statistikübung versuchen Lehrkräfte dann mehr oder weniger uns doch noch mit dem statistischen Denken vertraut zu machen. Der Unterricht von Dörte Haftendorn, der Professorin ohne Lehrvertrag, ist in den 8.15-Uhr-Vorlesungen am Dienstag und Donnerstag halb leer, dafür finden sich die Dauer-Partymacher dann auf den Treppen des Hörsaals II um 10.15 Uhr wieder.

Die Dozentin versucht mit viel Witz und Humor ihren Studis die Mathematik näher zu bringen. Dabei schweift sie gerne in den Alltag ab und weiß uns mit Lachen fit zuhalten. Eva-Maria Lankes übernimmt die Vorlesung „Forschungsmethoden für alle“. Bei ihr lernen wir das Testen, Beobachten und Befragen. Ein Seminar begleitet die Vorlesung, um auch hier auf Verständnisfragen eingehen zu können und Gelerntes möglichst praktisch anzuwenden. Am 8. Dezember haben alle LeuphantInnen den Bereich „Wissenschaft nutzt Methoden“ mit einer zweistündigen Klausur abgeschlossen. Der Mittwochmorgen ist für alle Major der StudentInnen, am Nachmittag ist allen LeuphantInnen Freiheit für studentische Initiativen reserviert. Das Modul „Wissenschaft macht Geschichte“ wird am Freitagmorgen abgehalten, es kennzeichnet sich zum einen durch eine extrem langweilige Ringvorlesung mit erlahmenden und irrelevant erscheinenden Theorien von Kunstgeschichte bis Industrielle Revolution und ein individuelles Seminar, welches nur wenig Bezug zur breit gefächerten Vorlesung hat. Hier wird dann eine Hausarbeit von mindestens zwölf Seiten mit eventuellem Kurzreferat als Prüfungsleistung abverlangt, parallel zur Klausurenphase des kommenden Jahres.

Neben den Inhalten der Module haben sich alle Erstis auch mit dem Anmelden für Kurse und Prüfungen beschäftigt. Bei Organisationsfragen wie „Wer hat was und wo?“ gab und gibt es nur wenig Antworten, auch das Infoportal tat sich mit den Lösungen schwer, bis es schließlich anfing, sich mit kleinen Heftzetteln zu wehren, auf welche der Fragende das Problem und seine E-Mail-Adresse schreiben sollte, um eine heiß ersehnte Antwort zu erhalten. Bei vielen neuen StudentInnen waren keine Kennungen fürs Internet oder die Prüfungsanmeldung auf den Studierendenausweisen. Dafür erhält man als Wiedergutmachung Hunderte von vertraulichen E-Mails aus dem Moodle E-Learning-Programm des Moduls Forschungsmethoden, welches anfangs alle eingestellten Beiträge aus den Foren per E-Mail weiterleitete, was den E-Mail-Account täglich mit 100 neuen E-Mails bereicherte …

Mein Fazit: Der Leuphana-Bachelor ist eine tolle Idee, aber an der Umsetzung hapert es noch gewaltig. So ist man als Ersti einige Mal stark verunsichert und weiß nicht, wen man mit Fragen löchern kann.Überstanden ist das Leuphana-Semester aber schon bald und dann können wir uns alle auf die Semesterferien freuen und ab ins zweite Semester starten. Viel Glück schon mal den nächsten ErstsemestlerInnen und schönen Gruß ans Theater in Leinwig!

Ulrike Fasbender