Nachhaltigkeit wird in Lüneburg nicht nur groß, sondern gefühlt in Großbuchstaben und mit drei Ausrufezeichen geschrieben. Aber wie sehr hat die grüne Impfung unseren Alltag verändert? Leben wir jetzt endlich „gut“? Ein Selbstversuch.
Achtung! Dieser Artikel enthält einen Moralappell! Er handelt von nachhaltiger Mode. Und von Leuten, die gern fair shoppen würden und trotzdem „Made in China“ kaufen. So wie ich.
Mit diesem paradoxen Verhalten stehe ich laut Spiegel (14/2015) nicht allein da. Dem Artikel zufolge sollen sich gerade Studenten mit den Makeln der Modeindustrie – Unterbezahlung, Chemikalieneinsatz und Tierquälerei – auskennen. Doch zu ökologischen Labels, wie sie etwa die Zeit auflistete, greifen offenbar wenige. Woran liegt das?
Zumindest bei mir heißt die Antwort: Faulheit, gepaart mit Geldknappheit und dem „Will jetzt haben“-Denken. Toll.
Nach dem Shopping besitze ich dann meist drei hübsche Shirts für zehn Euro, die nach dem dritten Waschen kaputtgehen. Das nervt; und der unvermeidliche Neukauf macht die Angelegenheit dazu noch teuer. Unschön ist auch der Gedanke daran, dass sich ein Textilarbeiter, vermutlich eine Frau, in einem Land wie Bangladesch, für ein Monatsgehalt von umgerechnet knapp 29 Euro die Finger dafür wund schuftet, dass ich drei Wochen lang schick herumlaufe.
Doch Sarkasmus und Selbstkritik allein helfen nicht. Handeln ist gefragt. Ich begebe mich also auf die Suche nach nachhaltiger Mode. Bereits nach kurzer Recherche stoße ich im Internet auf die Marke Armedangels. Mit im Schnitt 30 Euro sind die T-Shirts des Labels zwar nicht billig, dafür erfährt der Kunde auf der Homepage von Armedangels aber, wofür sein Geld angeblich eingesetzt wird.
Nämlich vor allem dafür, bessere Arbeitsbedingungen und faire Löhne für Näherinnen und Baumwollbauern zu schaffen. Armedangels setzt zudem auf nachwachsende Rohstoffe und recycelte Materialien. Die Verwendung von Biobaumwolle ist für Bauern gesünder, da giftige Rückstände wegfallen. Liest sich erst mal gut. Etwas skeptisch macht mich die Tatsache, dass die Produkte der Marke das Fairtrade-Siegel tragen, denn zuletzt wurde Fairtrade Ineffizienz vorgeworfen. Wer garantiert, dass mein Geld tatsächlich den Arbeitern zu Gute kommt? Andererseits gilt Armedangels laut Stiftung Warentest als „engagierter“ Modeanbieter. Ein wenig Vertrauen kann ich den bewaffneten Engeln daher wohl entgegenbringen.
Ich bestelle also. Nach zwei Tagen ist das Shirt da. Es hat ein Blättermuster, kratzt nicht und sitzt bequem am Körper. Ich bin zufrieden und gehe eine Zeitlang hochnäsig an C&A vorbei. Solange bis mir auffällt, dass auch einige Modediscounter nachhaltige Kleidung im Sortiment haben. Zudem gibt es in Lüneburg studentische Projekte wie KLEIDERTAUSCH 1ZU1. Dabei treffen sich Studenten, um ihre nichtbenutzte Kleidung – wer hätte es gedacht – miteinander zu tauschen.
Viele Wege führen also an „Made in China“ vorbei. Klar, wegzaubern kann auch ein Ökosiegel das Elend der Modewelt nicht. Wer die Augen offen hält und sich informiert, versteht jedoch die Schicksale, die hinter den Kleidungsstücken stecken. Viele Geschichten handeln von langen Tagen und kargen Löhnen. Durch unser Konsumverhalten können wir diese Missstände fördern – wir müssen es aber nicht.
Deshalb nun der versprochene Appell: Sucht nach Alternativen zu Primark! Anstatt ein T-Shirt mit „Wie schön!“ zu kommentieren, wäre es toll, irgendwann sagen zu können: „Wie schön, dass für dieses Shirt niemand zehn Stunden am Tag in der Fabrik stehen musste!“
Autor:in: anonym