Nachhaltigkeit wird in Lüneburg nicht nur groß, sondern gefühlt in Großbuchstaben und mit drei Ausrufezeichen geschrieben. Aber wie sehr hat die grüne Impfung unseren Alltag verändert? Leben wir jetzt endlich „gut“? Ein Selbstversuch.
Mit unserem Glück beschäftigen wir uns häufig: Dem Menschen soll es gut gehen. Wenn es um Tiere wie den Wolf geht, sind wir weniger entschieden.Rind in Lamsted gerissen – War es wieder der Wolf? titelte vor einigen Monaten der NDR auf seiner Homepage. Großer Aufschrei. Die Zeitungen quellen seitdem über mit Berichten über den angeblichen Wolf (den ich an dieser Stelle nicht Isegrim nennen werde, denn dieses Synonym ist echt ausgelutscht). Jeder will ihn gesehen haben. Jeder diskutiert mit.
Jäger streiten mit Naturschützern, ängstliche Eltern warnen ihre Kinder. Die Argumente für den Wolf sind zahlreich, die gegen ihn ebenfalls. Und während Homo sapiens streitet, streift Canis lupus durch die Wälder. In Munster, in Celle, im Emsland. Neuerdings auch bei Betzendorf.
Wo er auch ist, steht der Wolf unter Beobachtung. Akribisch zeichnet das Wildtiermanagement seine Spuren auf. Öffentlichkeitsarbeitskreise, Forschungsprojekte und Bildungsinitiativen schießen aus dem Boden wie Pilze. Gleichzeitig reißt der Wolf Kälber und Schafe. Hier fängt der Ärger an. Dem Wolf dürfte es dabei egal sein, ob er das Eigentumsgesetz beschädigt. Mutmaßlich schert er sich nicht um Debatten. Doch wenn auf Worte Taten und irgendwann die Schrotflinte folgt, wird es kritisch für ihn. Er stand bereits im 20. Jahrhundert in Deutschland kurz vor der Ausrottung. Manchen wäre es lieber, er wäre tatsächlich von der Bildfläche verschwunden.
Dabei hat der Wolf immer zum Menschen gehört. Er ist der Urvater unseres Hundes. Als Bösewicht in Märchen kreuzt er häufig unseren Weg, als Werwolf taucht er in so vielen Geschichten auf, dass er eher Langeweile als Schrecken verbreitet. Wanders Deutsches Sprichwörter Lexikon zählt 700 Einträge rund um den Wolf. Keine Frage: Wir können nicht ohne ihn. Aber so wie der Wolf zur Kultur gehört, fällt es manchen schwer zu akzeptieren, dass er eben auch zur Natur gehört. Und als Raubtier auch in diese eingreifen kann, etwa, indem er Rehe, Hirsche, Wildschweine und Hasen jagt. Die können sich dadurch nicht unbegrenzt vermehren und in Gärten zur Plage werden.
Auch Schäfer müssen nicht um ihre Existenz bangen, wenn der Wolf hin und wieder eines ihrer Tiere reißt. Zum einen werden Entschädigungsgelder für verlorene Tiere gezahlt, zum anderen kann der Wolf mit Zäunen leicht auf Abstand gehalten werden.
Alles folglich halb so wild? Unser Problem ist, dass unsere Landschaft lange wolffrei war und wir entsprechend mit ihr umgegangen sind. Wie jeder Rückkehrer hat der Wolf es nun nicht leicht. Vor allem, wenn die Menschen vordergründig mit ihrem Glück anstatt mit seinem beschäftigt sind.
Autor:in: anonym