Seit vielen Jahrzehnten wird dieser Kampf nun ausgefochten. Und es ist ein Kampf, der eigentlich gar nicht ausgefochten werden sollte, weil sein Ergebnis selbstverständlich ist. Der Kampf, um den es geht, ist der noch immer in unzähligen Bereichen tobende Kampf um Gleichberechtigung.
Und es nervt, dass es als Kampf dargestellt wird. Männer vs. Frauen; Emanzen attackieren Männer; Ego-Machos gegen Frauen. Egal aus welcher Sicht, es gibt kein versus, denn wir sind alle gleich. Und das heißt gleichberechtigt. Der Fakt, dass Frauen in Deutschland auf dem Papier einmal nicht gleichberechtigt waren, ist schon ärgerlich genug! Der Fakt, dass diese Nicht-Gleichberechtigung in Deutschland noch gar nicht so lange her ist – gerade mal 40 Jahre um genau zu sein – ist umso ärgerlicher. Und als Frau macht es ehrlich gesagt wütend, immer wieder dafür kämpfen zu müssen (ja, da ist wieder dieses Wort) genauso viel Wert zu sein wie ihre männlichen Pendant.
Woher kommt überhaupt dieser hartnäckige Gedanke, dass dem nicht so sei? Um es mal polemisch auszudrücken: Wohl aus der Steinzeit, denn da ging es wirklich noch um den einzigen Vorteil, den Männer gegenüber Frauen haben: körperliche Stärke. Das sich aus diesem Vorteil eine Diskriminierung entwickeln konnte, die es Frauen verbot – und heute teilweise noch verbietet – zu arbeiten, Auto zu fahren, Päpstin zu werden, eigenständige Entscheidungen zu treffen, ist eigentlich unglaublich. Da musste erst der Kampf der Feministinnen, der Emanzen kommen, damit sich daran in einigen (!) Bereichen etwas ändert. (Seltsam übrigens, dass diese beiden Begriffe heute so überaus negativ konnotiert sind).
Ja, die armen Männer machen teilweise die Drecksarbeit, wenn man überhaupt Drecksarbeit mit körperlicher Arbeit gleichsetzen kann; sie arbeiten auf dem Bau und werden eher Handwerker. Und was machen die Frauen? Die arbeiten in der Altenpflege – übrigens auch eine körperliche Arbeit – und in der Kindererziehung. Bei beiden Geschlechtern gibt es also Arbeiten, die vornehmlich von einem Geschlecht ausgeführt werden (so viel zur Gleichberechtigung).
Trotzdem verdienen Frauen weniger, überall, in jedem Beruf!
Sie verdienen weniger, wenn sie die gleiche Arbeit machen wie ihr männliches Pendant, sie verdienen aber auch weniger, weil weniger Frauen überhaupt erst in Führungspositionen kommen, weil mehr Frauen Berufe ausüben, in denen man einfach logischerweise weniger verdient. Und weil sie stattdessen unentgeltlichen Tätigkeiten nachgehen, wie zum Beispiel der Kindererziehung, der Pflege von Verwandten oder schlicht der Arbeit im Haushalt.
Und das, weil entweder das unverrückbare Verständnis vorherrscht, dass Frauen diese Aufgaben nun mal übernehmen, weil das schon immer so gewesen ist, oder weil Vorgesetzte nicht auf Frauen setzen, weil die möglicherweise eh bald für 2 Jahre „arbeitsunfähig“ sind.
Und mal im Ernst, es geht doch nicht darum, wie groß der Gender Gap im Gehalt ist, sondern dass es überhaupt einen gibt. Bei jeder Lohnlücke muss der Staat handeln, um eine faire sprich soziale Marktwirtschaft zu gewährleisten. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“ So schwer ist der Spruch von Ministerin Schwesig doch nicht zu verstehen, oder? Gleicher Lohn für gleiche Arbeit impliziert dann übrigens auch „Gleiche Chancen für alle“, denn der gleiche Lohn bringt recht wenig, wenn Frauen überhaupt nicht in die Position kommen, diesen Lohn zu verdienen. Das bedeutet, dass strukturelle Probleme von der Politik und von der Gesellschaft an den Haarwurzeln angepackt werden müssen. Politische Vorhaben wie die Frauenquote kurieren Symptome, heilen aber die Krankheit nicht. Diese Vorhaben sind dann nur ein weiteres willkommenes Argument, Frauen ihre eigene Dummheit vorzuführen. Ja, auch als Frau möchte man nicht wegen irgendeiner Quote in einer Führungsposition landen, sondern, weil man besser war als alle anderen Konkurrenten.
Richtig, Fairpay ist Fairplay. Aber das gilt auch umgekehrt: Fairplay ist Fairpay. Wenn man sich die Kommentare von dem dazugehörigen Artikel bei ZEIT Online zum Gender Gap anschaut, hauptsächlich von Männern verfasst und so ignorant, dass man teilweise laut auflachen muss, dann weiß man, dass der Kampf noch nicht ausgefochten ist. Noch lange nicht. Erst, wenn Frauen nicht mehr dafür belächelt werden, (wirkliche!) Gleichberechtigung zu fordern; erst, wenn die Leistungen, die Frauen erbringen (ja, auch der Fakt, dass Frauen die Kinder bekommen, zählt dazu) anerkannt und nicht mehr, als selbstverständlich wahrgenommen, zu ihrem Nachteil verkehrt werden; schlussendlich erst dann, wenn das „versus“ zwischen Frau und Mann nicht mehr existiert, dann ist der Kampf beendet. Ein Kampf, der eigentlich keiner sein sollte, weil das Ende dieses Kampfes so oder so ein aufeinander Zugehen beider Seiten bedeutet.
Autorin: Michelle Sophie Hahn