Filmtipp: Us | Ruben’s Cinematic Universe

Horror mit Spannung, Humor und Gesellschaftskritik. Mein Filmtipp der Woche passend zu Halloween!

Inhalt

Im Jahr 1986 geht die kleine Adelaide in dem Spiegelkabinett des Vergnügungsparks Santa Cruz verloren und ist danach traumatisiert. Jahre später kehrt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern im Urlaub an den Strand zurück. Merkwürdige Dinge passieren und erinnern sie an die Vergangenheit. Als schließlich eine Familie bei ihnen ins Haus eindringt verwandelt sich der Ausflug endgültig in einen Albtraum, denn die vier Gestalten sehen aus wie sie.

Wir

Mit GET OUT lieferte Jordan Peele, der bis dahin eher als Comedian bekannt war, vor einigen Jahren ein erfolgreiches Debüt als Regisseur und Drehbuchautor ab. Verdienter Weise wurde er 2018 mit einem Academy Award für das beste Originaldrehbuch ausgezeichnet. Überaus geschickt und unterhaltsam verbindet Jordan Peele darin komödiantische Elemente mit Zutaten des Horrorfilms und thematisiert rassistische Ausbeutung. Das Ergebnis ist eine spannende, bitterböse und brutale Gesellschaftssatire. Nach so einem gelungenen Einstand ist es schwierig an den Erfolg anzuknüpfen. In US wendet sich Jordan Peele noch mehr dem Genre des Horrorfilms zu, ohne dabei auf satirische oder gesellschaftskritische Spitzen zu verzichten. Sein zweiter Film ist erzählerisch anspruchsvoller, inszenatorisch ausgereifter und bietet noch mehr Raum für Interpretationen als dessen Vorgänger.

Auge, Ohr …

Auf den ersten Blick legt Jordan Peele, der sich auch bei US für das Drehbuch und die Regie verantwortlich zeichnet, mit seinem Team ein handwerkliches Meisterstück vor. Der Film verwendet erneut hervorragend Elemente klassischer Vertreter des Horror-Genres und nutzt gleichzeitig die Erwartungshaltung der Zuschauenden an solche Elemente, um diese zu unterlaufen. So werden immer wieder Momente, in denen in anderen Filmen ein einfacher Jump Scare zum Einsatz käme, unkonventionell aufgelöst. Darüber hinaus agieren die Figuren zwischenzeitlich sehr konsequent und ihren vorher etablierten Charakterzügen entsprechend, so dass sie nicht gleich durch ungeschicktes Verhalten sterben. Dadurch, dass bestimmte Charakterzüge eben bereits vorher eingeführt wurden, werden diese Szenen umso spannender. Der Film setzt somit eher auf Spannung als auf Überraschung. Wer also einen durch und durch klassischen Horrorfilm erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Nichtsdestotrotz lebt der Film von einer beängstigenden Atmosphäre und den brutalen Konfrontationen mit den Doppelgänger:innen. In rote Overalls gekleidet und mit goldenen Scheren bewaffnet gehen sie sofort als Horrorfiguren mit Kultpotential durch. Auch die hochwertige Inszenierung, zum Beispiel des Freizeitparks mit Strand, in langen Einstellungen und mit einem Auge für Details verstärkt die unheilvolle Stimmung des Films.

Hervorzuheben ist aber auch die phänomenale Leistung der Schauspieler:innen in ihren Doppelrollen. Die furchteinflößende Ausstrahlung der Doppelgänger:innen verfehlt nicht zuletzt wegen der beinahe schon wahnsinnigen Verkörperung der Darsteller:innen ihre Wirkung nicht. Besonders beeindruckend ist Hauptdarstellerin Lupita Nyong’o, die eindrucksvoll die vielseitigen Facetten der beiden Versionen ihrer Figur herausarbeitet. So überzeugt sie als beschützende und verzweifelte Mutter auf der einen und als mysteriöse und berechnende Doppelgängerin auf der anderen Seite. Deren Stimme klingt dabei zuweilen als würde sie gleichzeitig ertrinken und verdursten oder als würde sie gerade erst lernen zu sprechen und es gleichzeitig wieder verlernen. Bei Filmen dieser Art ist aber natürlich auch die Filmmusik entscheidend für die Atmosphäre und das Erzeugen von Spannung. Bereits im Trailer überzeugte die musikalische Untermalung durch die verstörende Verwendung des Songs „I Got 5 On It“ von Luniz und Michael Marshall und auch der Film enttäuscht diesbezüglich nicht. Über den Rücken laufende Schauer sind also garantiert.

… und Hirn!

Auf den zweiten Blick, und bei US lohnt sich tatsächlich ein zweiter oder auch dritter Blick, lässt sich der Film als Allegorie auf die amerikanische bzw. westliche Gesellschaft und den American Dream verstehen. Die zentrale Symbolik der Dualität wird nicht nur in Form der Doppelgänger:innen gezeigt. Auch andere Symbolbilder, wie die Zahlen 11:11, der Wurf von Schatten oder der Einsatz von Spiegeln, fügen sich dort ein. Wofür sie genau stehen könnten, sei an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Schließlich geht der Film sogar so weit, die eigentlich festgelegten Seiten von Gut und Böse durch eine alles verändernde Wendung in Frage zu stellen. Die inhaltlichen und symbolischen Rätsel machen US über den Unterhaltungswert der Spannung und des blutigen Horrors hinaus sehenswert. Darüber hinaus schafft es die Mischung aus bekannten Genres, in US gesellen sich etwa Home-Invasion-Horror zu Mystery-Thriller und Zombie-Survival-Film gewürzt mit Verschwörungstheorien und Zeitgeist, die Zuschauenden zu fesseln, zu verstören und zum Nachdenken anzuregen.

(verfügbar als Video-on-Demand bei u. a. Amazon Prime oder Apple TV )

Übersicht

Erscheinungsjahr: 2019
Regie: Jordan Peele
Drehbuch: Jordan Peele
Cast: u. a. Lupita Nyong’o, Winston Duke, Elisabeth Moss

Trailer


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Foto: ©Ruben Schmidt