Lakritz auf Pizza klingt vielleicht nicht köstlich, der Film ist es aber! Mein letzter Filmtipp vor der vorlesungsfreien Zeit.
Inhalt
Der fünfzehnjährige Gary Valentine lebt Anfang der 1970er im San Fernando Valley im Norden von Los Angeles. Bei einem Fototermin an seiner Schule begegnet der Schauspieler und Jungunternehmer der fünfundzwanzigjährigen Alana Kane. Fortan scheinen sich die Wege der beiden immer wieder zu kreuzen.
Ehrlich, nostalgisch und komplex
Schon in seinem vorherigen Film PHANTOM THREAD mit Daniel Day-Lewis in seiner letzten Filmrolle porträtierte Drehbuchautor und Regisseur Paul Thomas Anderson eine komplizierte und komplexe Beziehung zwischen zwei Menschen. Sein neuester Streich LICORICE PIZZA ist nun ein ebenso vielschichtiges wie ehrliches Coming-of-Age-Drama. Wo sein vorheriger Film zuweilen ein wenig steif und sperrig daherkam, ist dieser Film mit seiner Geschichte über das Leben, die Liebe, das Erwachsenwerden und das Erwachsensein eine berührende und doch immer realistische Erzählung.
Gleichzeitig setzt der Film zu einer nostalgischen, aber vielseitigen Studie der 1970er an. Ähnlich wie schon in Quentin Tarantinos Meisterstück ONCE UPON A TIME … IN HOLLYWOOD wird hier hervorragend mit Hilfe der Ausstattung, Kostüme und Frisuren die Vergangenheit zum Leben erweckt. Die Verwendung von 35-Millimeter-Analogfilm mit alten Kameralinsen und der Soundtrack, bestehend aus Musik von Johnny Greenwood von der Band Radiohead und originalen Stücken, vervollständigen das audiovisuelle Bild. Nicht umsonst nimmt der Film seinen Titel von der umgangssprachlichen Bezeichnung für Schallplatten. Daneben ist allerdings auch noch Platz für subtile Beobachtungen der amerikanischen Gesellschaft, wie etwa den Sexismus und die Homophobie in Filmwirtschaft und Politik, die Gewalt und Macht der Polizei und die Krisen des Kapitalismus.
Skurril und doch real
Im Kern bleibt LICORICE PIZZA aber die Geschichte von Gary Valentine und Alana Kane. Erneut beschreibt Paul Thomas Anderson eine multidimensionale Beziehung zwischen zwei Menschen. Einige charakterliche Züge seiner beiden Hauptfiguren sind zwar ein wenig skurril angelegt, er behandelt und entwickelt sie aber stets wie echte Menschen. Ihr ehrliches Interesse füreinander gerät immer wieder mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten, Hintergründen und Ambitionen in Konflikt. Obwohl ihre Geschichte von ihrer ersten Begegnung an festzustehen scheint, schließlich ist dies nicht das erste romantische Coming-of-Age-Drama der Filmgeschichte, wirken die Annäherungen und Rückschläge in der Beziehung der beiden nie erzwungen. Gerade deshalb geht ihre Beziehung ehrlich ans Herz.
Erzählt wird ihre Geschichte dabei vor allem auf visueller Ebene. Immer wieder zeigt der Regisseur die Figuren rennend. Sie laufen auf etwas zu oder vor etwas davon. Beide wollen mitunter nicht da sein, wo sie gerade sind. Häufig setzt der Film dabei auf lange Kamerafahrten ohne Schnitt. Sie begleiten die Figuren auf ihrem Weg, von einem Anfang bis zu einem Ende, und fangen so geschickt die Gefühle und Entwicklungen auf der Leinwand ein.
Ernst und humorvoll
Zu guter Letzt ist es auch Alana Haim und Cooper Hoffman in den Hauptrollen zu verdanken, dass es sich bei LICORICE PIZZA um eine sympathische Liebesgeschichte handelt. Beide liefern ein bemerkenswertes Spielfilmdebüt ab und sorgen neben vielen ernsten Szenen für ausreichend Humor, der so in der zwischenzeitlichen Spannung nicht zu kurz kommt. Doch auch Sean Penn oder Bradley Cooper können in ihren kurzen Auftritten durch ihre schauspielerische Präsenz, vor allem aber durch eine gewisse Selbstironie überzeugen. Das hervorragende Zusammenspiel aller Stärken des Films zeigt sich in einer Fahrt in einem Lastwagen bei Nacht, die zu einer der gleichzeitig humorvollsten, spannendsten, berührendsten und aussagekräftigsten Sequenzen des gesamten Films gehört.
(Verfügbar als Video-on-Demand bei u. a. Amazon Prime oder Apple TV.)
Übersicht
Erscheinungsjahr: 2021
Regie: Paul Thomas Anderson
Drehbuch: Paul Thomas Anderson
Cast: u. a. Alana Haim, Cooper Hoffman, Benny Safdie
Trailer
Der Film läuft am Dienstag, den 31. Januar um 20 Uhr im Unikino in HS 1 im Original mit englischen Untertiteln.
Der Einlass beginnt um 19:30 Uhr.
Der Autor dieser Kritik ist Teil des Unikinos.
Weitere Informationen und das Programm für das Wintersemester unter Unikino – AStA Universität Lüneburg.
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Foto: ©Ruben Schmidt