Clever, witzig und unterhaltsam: mein Mord der Woche!
Inhalt
Der erfolgreiche Krimiautor Harlan Thrombey wird am Morgen nach seinem 85. Geburtstag tot aufgefunden. Obwohl zunächst alle Indizien für einen Suizid sprechen, schaltet sich der berühmte Privatdetektiv Benoit Blanc in die Ermittlungen ein. Mit Hilfe der Krankenpflegerin Marta Cabrera, die den Verstorbenen zuletzt betreute, muss er die losen Fäden in den Aussagen der Angehörigen finden, um den Fall aufzuklären.
Whodunit?
Die Filmographie von Rian Johnson mit seinen Tätigkeiten als Regisseur und Drehbuchautor hat einige interessante und vor allem eigenwillige Einträge zu verzeichnen. Da wäre zum Beispiel seine Version eines Science-Fiction-Mystery-Thrillers in Form von LOOPER. Außerdem führte er bei der unter Fans durchaus kontrovers aufgenommenen Episode „Fly“ der ausgezeichneten Serie BREAKING BAD Regie. Kontrovers ist an dieser Stelle das richtige Stichwort. Auch STAR WARS: THE LAST JEDI stieß 2017 einigen Zuschauenden, darunter dem Autor dieser Zeilen, vor den Kopf, während andere den Film auf einer Stufe mit THE EMPIRE STRIKES BACK sahen.
Mit KNIVES OUT widmete sich Rian Johnson 2019 dem Genre der Whodunit-Kriminalfälle, unter anderem bekannt durch die Romane von Agatha Christie und deren zahlreiche Verfilmungen, darunter MURDER ON THE ORIENT-EXPRESS oder DEATH ON THE NILE. Statt sich auf bekanntem Material auszuruhen, schuf Rian Johnson für KNIVES OUT mit Benoit Blanc kurzerhand seine eigene Version eines eigenwilligen Detektivs, wie er in vielen Geschichten dieses Genres zu finden ist. Nach einem Erfolg an den Kinokassen und bei den Kritiker:innen, der Film wurde unter anderem für einen Academy Award für das beste Originaldrehbuch nominiert, arbeitet Rian Johnson nun für Netflix fleißig an weiteren Geschichten rund um seinen Detektiv. Mit GLASS ONION steht bereits eine Fortsetzung in den Startlöchern, die am 23. Dezember exklusiv bei Netflix erscheinen wird. Doch was taugt der erste Teil?
Whoisinit?
Bereits sein Beitrag zur weit, weit entfernten Galaxis hob sich von anderen Filmen der Saga durch die Inszenierung ab. Und auch KNIVES OUT ist hervorragend inszeniert. Bereits im famosen Beginn des Films sind viele der Zutaten zu sehen, die ihn weiteren Verlauf sehenswert machen. Zum einen kann sich Rian Johnsons Regie auf die unglaubliche Arbeit seines Location Managements, das mit der Auswahl des Hauses von Harlan Thrambey einen wirklichen Volltreffer gelandet hat, und die Ausstattung seines Szenenbild- und Requisiten-Departments, die das Haus mit allerhand obskuren Gegenständen bestückt haben, verlassen. Zum anderen sorgen ein rasanter, aber zielsicherer Schnitt sowie präzise Kamerabewegungen durch das Haus und mit den Figuren in Kombination mit der atmosphärischen musikalischen Untermalung für ein audiovisuell imposantes Ergebnis.
Bei aller Liebe für die Details des Schauplatzes verliert der Film jedoch nie die Figuren aus der Linse. Schließlich sind sie es, die dem Haus und der Geschichte Leben einhauchen. Verkörpert von einer ganzen Riege namenhafter Schauspieler:innen, wie beispielsweise Christopher Plummer, Michael Shannon, Jamie Lee Curtis und Toni Colette, sind die Figuren mitunter sogar noch interessanter und ominöser als ihre Umgebung. Erfreulicherweise fügen sich die Stars aber auch in ihre mitunter doch recht kleinen Rollen ein, so dass es nicht wie zuletzt in AMSTERDAM wirkt, als wäre jede:r Darsteller:in in einem eigenen Film. Hervorzuheben sind an dieser Stelle vor allem Daniel Craig als Benoit Blanc, der hervorragend einen etwas eigentümlichen, aber intelligenten Detektiv spielt, und Ana de Armas als Krankenpflegerin Marta Cabrera, die das Herz des Films verkörpert. Kein Wunder, dass Daniel Craig sie für NO TIME TO DIE unbedingt mit an Bord holen wollte. Auf der anderen Seite sticht Chris Evans hervor, der nach seinen Auftritten als aufopferungsvoller Captain America nun mit sichtlichem Vergnügen den egoistischen Enkel mimt.
Whatsinit?
Abgesehen von der schauspielerischen oder audiovisuellen Ebene bleibt KNIVES OUT vor allem für sein cleveres, witziges und unterhaltsames Drehbuch im Gedächtnis. Nach den mehr schlecht als recht geglückten Überraschungen in STAR WARS: THE LAST JEDI werden hier die für ein solches Genre obligatorischen Twists und Turns schon subtil vorbereitet und spannende falsche Fährten gelegt, die die Figuren und die Zuschauenden gleichermaßen bis zum Ende bei der Stange halten. Allerdings beweist Rian Johnson mit seinem Drehbuch auch abseits davon ein außerordentliches Gespür für das Genre, in dem sich der Film bewegt. Immer wieder werden die Erwartungen daran geschickt auf den Kopf gestellt oder mit satirischen Elementen und entlarvenden, politischen Subtexten ergänzt. Die teils messerscharfen Dialoge mit winzigen Details, das perfekte Timing für witzige Szenarien und die verschiedenen Perspektiven, die die Zuschauenden durch die Struktur des Films einnehmen können, runden den Film zusammen mit der illustren Ansammlung von Familienmitgliedern ab.
(verfügbar bei Netflix)
Übersicht
Erscheinungsjahr: 2019
Regie: Rian Johnson
Drehbuch: Rian Johnson
Cast: u. a. Daniel Craig, Ana de Armas, Chris Evans
Trailer
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Foto: ©Ruben Schmidt